E-Control: Strom war 2011 zu teuer

Die Stromanbieter haben 2011 nach Ansicht der E-Control die gesunkenen Großhandelspreise nicht entsprechend an die Privatkunden weitergegeben. Bei den teuren Anbietern hätten die Haushaltspreise in der zweiten Jahreshälfte um rund zehn Prozent sinken müssen.

Inklusive Netzkosten hätten die Preise zwischen vier bis sechs Prozent sinken müssen, sagte E-Control-Vorstand Walter Boltz am Donnerstag. Im Jahr würde damit ein österreichischer Haushalt im Schnitt rund 30 bis 40 Euro zu viel zahlen, österreichweit wären das 120 Mio. Euro im Jahr. Industriekunden hätten aber leicht von Strompreissenkungen profitiert.

E-Wirtschaft weist Kritik zurück

Die heimische E-Wirtschaft weist die Kritik der E-Control an zu hohen Strompreisen zurück. Derzeit werde bei einer Kilowattstunde (kWh) Strom eine „sehr niedrige“ Marge von unter einem Cent erzielt, sagte Ernst Brandstetter, Sprecher des Branchenverbands Oesterreichs Energie. Die Energieversorger müssten dann noch ihre Kosten decken. „Da bereichert sich keiner. Die Kritik der E-Control ist nicht nachvollziehbar“, so Brandstetter.

Die Regulierungsbehörde bemängelt seit langem den geringen Wettbewerb unter den Energieanbietern in Österreich. Wegen der geringen Margen würde sich kein ausländischer Stromanbieter nach Österreich wagen, betonte Brandstetter. Die heimischen Energieanbieter verkaufen derzeit laut Branchenverband eine Kilowattstunde um 7,3 Cent (ohne Netzkosten, Steuern und Abgaben). Der Beschaffungspreis für die Energieversorger habe im vierten Quartal 2011 für eine Kilowattstunde zwischen sechs und 6,3 Cent betragen.

„Ärgernis“ und „Verweigerungskartell“

Der Regulator hatte im vergangenen Herbst eine Strommarktuntersuchung gestartet, aber von den angefragten 19 Energieunternehmen keine Daten erhalten. Boltz bezeichnete die nicht erfolgten Preissenkungen als „Ärgernis“ und die verweigerte Kooperation der E-Wirtschaft als „Verweigerungskartell“.

Landesversorger mit einem sehr hohen Marktanteil hätten den öffentlichen Auftrag, gesunkene Großhandelspreise „angemessen“ weiterzugeben. Ob rechtlich gegen die Unternehmen vorgegangen werden könne, sei offen. Es handle sich um einen „Graubereich“, betonte Boltz bei der Präsentation des Jahresberichtes der Regulierungsbehörde.

Keine Angaben über Gas

Ob der Gaspreis für Haushalte zu hoch sei, kann die E-Control derzeit nicht klar beantworten: „Die Aussagen aus dem Modell sind nicht eindeutig.“

Der Energieregulator hofft mit der geplanten Reform des Wettbewerbsrechts und der Umkehr der Beweislast mehr Informationen zu erhalten. Damit müssten Energieunternehmen ihre Preisgestaltung künftig rechtfertigen. Wenn das Nahversorgergesetz mit schärferen Regeln für die Energieversorger im kommenden Herbst in Kraft trete, dann könnte es ab Mitte 2013 „faire Preise“ für Haushaltskunden geben, erwartet Boltz.

In zehn Jahren um 28,4 Prozent gestiegen

Der heimische Stromverbraucherpreisindex (VPI) der Statistik Austria stieg zwischen 2000 und 2011 um 28,4 Prozent, und der Gas-VPI schnellte um 64,2 Prozent in die Höhe. Berücksichtigt werden dabei die Gesamtkosten für den Endkunden. Inkludiert sind Energiepreis, Netznutzungskosten und Steuern sowie Abgaben. Der Gas-VPI erhöhte sich 2011 um 8,8 Prozent, der Strom-VPI blieb nahezu unverändert.

Im europäischen Vergleich werden die heimischen Haushaltskunden bei Strom und Gas laut E-Control „nicht besonders günstig versorgt“. Österreichs Haushaltsstrompreise (exkl. Steuern und Abgaben) waren 2006 noch die sechstgünstigsten in der EU, und bei Gas lag man damals auf Platz zwölf. Derzeit liege Österreich sowohl bei Strom als auch bei Gas unter den zehn teuersten Ländern in Europa.

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