Wien braucht mehr Wohnungen

Wien benötigt in den nächsten 20 Jahren 200.000 neue Wohneinheiten. Doch gebe es derzeit nur Flächen für 90.000 Stück, warnte Michael Pisecky, Geschäftsführer der s Real Immobilien, am Dienstag in einem Pressegespräch.

Auch wegen mangelnder Fördermittel hinke der Neubau dem Bedarf hinterher: Eigentlich sollten jährlich 8.500 bis 10.000 neue Wohnungen in Wien errichtet werden, effektiv seien es aber nur 6.000 bis 6.500, davon zu drei Viertel geförderte. „Derzeit wird jährlich eine Lücke von 2.000 bis 3.000 Einheiten produziert - die Wohnungsverknappung in Wien wird damit jedes Jahr stärker,“ so Pisecky.

Abhilfe durch Aufstockung

Dem Grundstücksmangel abhelfen könnte laut Pisecky eine „Nachverdichtung“, also zum Beispiel die Aufstockung vorhandener Gebäude. Dafür seien 85 Prozent der Wiener Häuser geeignet, insgesamt könne man so 40 Prozent an Nutzfläche hinzugewinnen.

Debatten über Mietobergrenzen hält Pisecky für „obsolet“, da ohnedies 65 bis 70 Prozent der Wiener Wohnungen preisgeregelt seien und dort die monatliche Nettomiete meist bei nicht mehr als fünf Euro/m2 liege - gegenüber etwa zehn Euro/m2 netto im freifinanzierten Bereich. „Die Wiener und Wienerinnen wohnen also im Durchschnitt sehr günstig“, so der s-Real-Chef.

Höchste Mietanstiege im 10., 11., 12. und 23. Bezirk

Die Mieten im freifinanzierten Bereich haben sich 2012 in Wien mit Ausnahme der südlichen Randzone nur leicht nach oben bewegt, ergab eine Analyse aller Angebote auf der Onlineplattform Wohnnet.at. So stiegen sie in den Bezirken zwei bis neun um 3,01 Prozent auf 14,18 Euro/m2, jenseits der Donau um 5,08 Prozent auf 13,61 Euro, im Westen und Nordwesten nur um 0,18 Prozent auf 13,44 Euro.

In den Bezirken zehn bis zwölf sowie 23 stieg der Mietpreis allerdings um 16,6 Prozent auf 12,32 Euro - laut Pisecky wegen der Baugrundknappheit auch in Zusammenhang mit neuen Vorsorgewohnungen. Im 1. Bezirk sanken die Kosten für Wohnungen ohne Mietpreisbindung diesmal sogar um 2,02 Prozent auf 18,59 Euro/m2.

Eigentum im Süden Wiens um 27 Prozent verteuert

Bei Eigentumswohnungen registrierte Wohnnet.at dagegen im Süden Wiens binnen eines Jahres einen rasanten Preisanstieg um 27,16 Prozent auf 2.627 Euro/m2, gefolgt von 16 Prozent Plus auf 3.342 Euro jenseits der Donau und 10,93 Prozent Aufschlag auf 4.269 Euro in den Bezirken zwei bis neun. Im Westen war der Anstieg der Kaufpreise mit 7,14 Prozent auf 3.759 Euro/m2 geringer.

Dieser Boom mit durchwegs zweistelligen Aufschlägen in den letzten vier Jahren sei eine Folge der Finanzkrise, durch die sich Anleger verstärkt um Eigenheime umgesehen hätten. Trotz überproportionaler Verteuerungen sei das Preisniveau im internationalen Vergleich noch immer „günstig“ oder zumindest „verträglich“. Grund für die starken Aufschläge im Süden Wiens sei auch hier primär der Bauflächenmangel bzw. die Errichtung von Vorsorgewohnungen.

Begehrt: Mietwohnungen von 500 und 800 Euro

Freifinanzierte Eigentumswohnungen in Wien sind bei Wohnnet.at zumeist 60 bis knapp über 100 Tage online, Mietwohnungen dagegen im Schnitt nur 50 Tage, meist 40 bis 60 Tage, sagte Peter Erlebach, der Geschäftsführer der Plattform.

Nach Mietwohnungen bestehe „hohe Nachfrage“ und „hoher Bedarf“, aber auch eine „hohe Preissensibilität“, so Pisecky weiter. Wohnungen bis 500 oder 800 Euro Monatsmiete seien „flugs weg“, bis 1.200 Euro „geht’s“, „dann wird die Luft aber dünn“.

Seit neuen Energieausweisregeln weniger Angebot

Einen regelrechten „Angebotsknick“ nach unten hat das mit 1. Dezember in Kraft getretene Energieausweisvorlagegesetz (EAVG) bewirkt. Seither seien schlagartig 20 Prozent der Miet- und Kaufobjekte vom Markt verschwunden, sagte Erlebach - offenbar aus Angst der Eigentümer und Vermieter vor Strafen, obwohl die Neuerungen eigentlich ein Jahr bekannt gewesen seien. Auch andere Plattformen seien von dieser Entwicklung betroffen, so Pisecky, der erwartet, dass vor allem Eigentumsangebote aber wieder bald „zurückkehren“ werden.

Diskussion über Wohnbauförderung

Mehr Wohnbauförderung forderte eine überparteiliche Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) sagte in einer Reaktion, dass in Wien in den vergangenen Jahren mehr geförderte Wohnungen als geplant gebaut wurden - mehr dazu in wien.ORF.at.

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