Durchqueren des Raucherbereichs „doch zumutbar“

Die rot-schwarze Koalition plant offenbar eine „Reparatur“ des Tabakgesetzes. Demnach ist es künftig Nichtrauchern doch zumutbar, durch den Raucherbereich zu gehen, wie am Mittwoch einer Aussendung der Parlamentskorrespondenz zu entnehmen war.

Demnach brachten die Koalitionsparteien bei der jüngsten Plenarsitzung mehrere gemeinsame Gesetzesanträge ein, die im Verfassungsausschuss vorberaten werden sollen. Darunter ist auch ein eigenes Bundesgesetz zur „authentischen Interpretation“ des Tabakgesetzes.

Auswirkungen „nicht anzunehmen“

Die Verfassungssprecher Peter Wittmann (SPÖ) und Wolfgang Gerstl (ÖVP) wollten „ausdrücklich klarstellen“, dass Gästen ein kurzes Durchqueren des Raucherraums „sehr wohl zumutbar ist“. Intention, Wille und Ziel des Gesetzgebers bei der Beschlussfassung des Tabakgesetzes sei es gewesen, Lokalbesucher vor den Auswirkungen des Passivrauchens zu schützen. „Solche sind beim bloßen kurzen Durchschreiten eines Raucherbereichs aber nicht anzunehmen“, heißt es in der Antragsbegründung.

Gegen VwGH-Klarstellung

Den Stein ins Rollen hatte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit einer allgemeinen Klarstellung während eines Verfahrens im Juni gebracht. Laut der Auffassung des VwGH sei es unzumutbar für Nichtraucher, beispielsweise auf dem Weg zur Toilette oder zum Hauptraum durch den Raucherbereich gehen zu müssen. Die Wirte müssten demnach Sorge dafür tragen, dass Nichtraucher zu keiner Zeit mit dem Raucherbereich in Kontakt kommen.

„Völlig auf den Kopf gestellt“

Der VwGH habe nach Meinung der beiden Politiker mit seinen Erkenntnissen die bisherige Praxis der Verwaltungsbehörden „völlig auf den Kopf gestellt“. Betriebe, die im Vertrauen auf die Rechtslage und im Einklang mit den behördlichen Auflagen bauliche Investitionen durchgeführt haben, würden plötzlich bestraft. Laut Wirtschaftskammer (WKÖ) sind davon bis zu 12.000 Gastronomen betroffen.

Dass der Weg eines eigenen Bundesgesetzes gewählt wurde und eine Vorberatung im Verfassungsausschuss vorgesehen ist, begründen SPÖ und ÖVP damit, dass es sich bei der vorgeschlagenen Klarstellung „um keine gesundheitspolitische Frage handelt“, sondern um eine bloße Präzisierung der damaligen Entscheidung, die im Sinne des Schutzes nicht unerheblicher Investitionen notwendig sei.

Durchschreiten in jedem zweiten Lokal

Fast 99 Prozent aller Lokale verstoßen gegen das Tabakgesetz. Das zeigt eine Studie, bei der rund 300 Wiener Lokale untersucht wurden. Nur ein einziges Lokal erfüllte laut der Studie von IBO-Innenraumanalytik und Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt sämtliche gesetzlichen Vorgaben zum Nichtraucherschutz. In fast der Hälfte der Gastbetriebe war demnach der Weg zur Toilette nicht ohne Durchschreiten des Raucherbereichs möglich - mehr dazu in Viele Lokale brechen das Tabakgesetz (wien.ORF.at).

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