Vernichtende RH-Kritik an Rettungsgasse

Vernichtend ist die Kritik des Rechnungshofs (RH) an der Umsetzung der Rettungsgasse ausgefallen. Das Ziel - Zeitersparnis für die Einsatzkräfte - wurde nicht erreicht, trotz umfassender Informations- und Kommunikationskampagne um mehr als 4,6 Millionen Euro.

Seit 1. Jänner 2012 muss auf Autobahnen und Schnellstraßen bei stockendem Verkehr die Rettungsgasse gebildet werden. Begleitet wurde die Einführung von der ASFINAG. Der RH kritisiert nun, dass der Aufgabenumfang anfänglich nicht klar definiert und abgegrenzt war. Das führte zu Zeitdruck und Mehrkosten während der Planungsphase. Zudem hatte weder das Verkehrsministerium noch die ASFINAG bei Direktvergabe für einzelne Beratungsleistungen Vergleichsangebote eingeholt.

Unklarheit bei Benutzung des Pannenstreifens

Die Einführung wurde mit einer breit angelegten Informations- und Kommunikationskampagne begleitet. Sowohl ASFINAG als auch das Verkehrsministerium schalteten Inserate in Zeitungen. „Eine Abstimmung zwischen den beiden Stellen war nicht erkennbar“, hielt der RH dazu fest. Auch kritisierte er, dass es keine Koordinationsversuche bzw. Schritte zur Harmonisierung auf europäischer Ebene durch das Verkehrsministerium im Zuge der Umsetzung gab.

Zudem bestehen hinsichtlich der Benutzung des Pannenstreifens im Zusammenhang mit der Rettungsgassenbildung weiterhin unterschiedliche Rechtsauffassungen bzw. Unklarheiten. Der RH empfahl dem Verkehrsministerium diesbezüglich eine Klarstellung, ebenso eine Prüfung darüber, das behindernde Befahren der Rettungsgasse als Vormerkdelikt aufzunehmen.

Zusatzkosten bei Informationskampagne

Der RH übte auch Kritik daran, dass die ASFINAG mit der Abwicklung der Informations- und Kommunikationskampagne betraut wurde, obwohl dort diesbezügliche fachliche Ressourcen fehlten. Dadurch entstanden zusätzliche Kosten für Medien- und Rechtsberatung in Höhe von 56.100 bzw. 34.600 Euro. Diese lagen deutlich über den Kosten einer von der Größenordnung vergleichbaren Kampagnenabwicklung des Verkehrsministeriums.

Laut RH war die Wertermittlung und somit die Wahl der Abwicklung des Wettbewerbs durch die ASFINAG mangelhaft. So sei der Auftragswert der zu vergebenden Agenturleistungen von der ASFINAG auf unter 193.000 Euro geschätzt worden, obwohl das Verkehrsministerium die Gesamtkosten bereits auf vier bis fünf Millionen geschätzt hatte.

Kritik an Bildmarke und Internetadresse

Ungünstig gestaltete sich auch der Kauf der Bildmarke für die Rettungsgasse. Erst entschied sich die ASFINAG für einen geladenen Wettbewerb, der nach der Bekanntgabe des Siegers gestoppt wurde. Dennoch wurde die Nutzung einer Bildmarke des Wettbewerbssiegers um 90.000 Euro erworben, diese hatte er zuvor um 25.000 Euro angeboten. Die ASFINAG sei jedoch unter Zeitdruck gestanden, was sich ungünstig auf den Kaufpreis ausgewirkt habe, so der RH.

Verabsäumt wurde auch die Sicherung der Internetadresse www.rettungsgasse.at. Diese kaufte der Ex-Sprecher des ehemaligen Verkehrsministers Hubert Gorbach und wollte sie teuer an das Verkehrsministerium weiterveräußern - eine Einigung scheiterte. Daraufhin sattelte man auf www.rettungsgasse.com um und musste für Suchmaschinenoptimierung 7.200 Euro zahlen.

Nur eingeschränkte Überwachung

Als nur eingeschränkt möglich stellte sich auch die Überwachung der Rettungsgasse dar. So gab es in den Jahren 2012 und 2013 wegen Nichtbildung und verbotenen Durchfahrens lediglich 586 Übertretungen. Gering waren auch die Strafgeldeinnahmen, die seit Einführung rund 33.000 Euro betrugen. „Im Durchschnitt lag die erhobene Strafhöhe mit rund 104 Euro im unteren Bereich des Strafrahmens“, so der RH, der auch die unterschiedliche Erfassung und Bearbeitung von Anzeigen desselben Deliktes innerhalb der Bundespolizei kritisierte.

Zahlreiche Empfehlungen

Der RH gab zahlreiche Empfehlungen ab. So solle das Verkehrsministerium künftig unter anderem Verträge vor Beginn der Leistungserbringung abschließen, dem Innenministerium wurde ein einheitliches, automationsunterstütztes System zur Erfassung und Abwicklung von Übertretungen der Straßenverkehrsordnung nahegelegt.

Beide Ministerien sollen gemeinsam ein Konzept zur bildunterstützten Überwachung der Rettungsgasse erstellen, in dem auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen gewährleistet sind. Der ASFINAG riet der RH, Grundlagen zur Abschätzung von Auftragswerten zur Vergabe von Leistungen nachvollziehbar zu dokumentieren und für künftige Informationskampagnen messbare Wirkungsziele zu formulieren. Nach Ansicht des RHs wären Kommunikationskampagnen künftig an einer Stelle zu konzentrieren, so der Rat an Verkehrsministerium und ASFINAG.

ASFINAG sieht Bericht als Bestätigung

Die ASFINAG sieht den „sehr sachlichen und professionellen“ Prüfbericht dennoch „als Bestätigung der Rettungsgasse“. „Laut Prüfbericht war das Vergabeverfahren für die Informationskampagne transparent und in jedem Schritt nachvollziehbar. Wir werden die übrigen Empfehlungen des RHs selbstverständlich ernst nehmen“, werden die ASFINAG-Vorstände Alois Schedl und Klaus Schierhackl in der Aussendung zitiert.

Moser: „Typischer Stil der Faymann/Bures-Ära“

„Der heute vorgelegte RH-Bericht zur Rettungsgasse dokumentiert besonders bei der Informations- und Kommunikationskampagne den typischen Stil der Faymann/Bures-Ära im Infrastrukturministerium: Verkehrspolitik als Honorarproduktionsmaschine für parteinahe Agenturen“, kritisierte Gabriela Moser, RH-Sprecherin der Grünen. Das gesamte Vorgehen sei „bezeichnend für den lässigen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler“, so Moser, die sich vom neuen Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) ein „grundlegendes Umdenken“ erhofft.

Der RH empfahl in seinem Bericht auch die Aufnahme einer Regelung über das behindernde Befahren der Rettungsgasse als Vormerkdelikt. Eine unmittelbare Gesetzesänderung sei momentan nicht geplant, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministers. Allerdings werde man sich das anschauen, wenn der Wunsch vermehrt ans Ministerium herangetragen werde.

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