Wenige Kinder in „echter“ Ganztagsschule

Nur ein verschwindend kleiner Teil der Sechs- bis 14-Jährigen besucht derzeit eine „echte“ Ganztagsschule. Mittags- und Nachmittagsbetreuung eingerechnet, sind es 17,5 Prozent.

Im internationalen Vergleich ist Österreich damit ein „Nachzügler“, heißt es in einer Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw). Unter „echter“ Ganztagsschule versteht das Institut einen Wechsel aus Unterricht, Lern- und Freizeit.

Den weitaus größten Anteil an Schülern der Primar- und Sekundarstufe I (Volksschule, Hauptschule, Neue Mittelschule/NMS, AHS-Unterstufe) in verschränkten Ganztagsschulen gibt es mit 7,8 Prozent in Wien (Schuljahr 2012/13), weist das ibw in seiner aktuellen Kurzexpertise „Ganztägige Schulangebote in Wien“ aus.

Schlusslichter Niederösterreich, Burgenland, Tirol

Weit abgeschlagen folgen Vorarlberg (2,9 Prozent), Kärnten (2,5), Salzburg (1,5), Steiermark (1,4) und Oberösterreich (1,2). In Niederösterreich, Tirol und das Burgenland sind es weniger als ein Prozent.

Berücksichtigt man alle Formen ganztägiger Betreuung, schwankt der Anteil zwischen 36 Prozent in Wien und 8,8 in Tirol (ebenfalls 2012/13). Die „echte“ Ganztagsschule macht damit derzeit nur „einen kleinen Teil“ der schulischen Tagesbetreuung aus.

Im Regierungsprogramm ist allerdings eine Ausweitung der verschränkten Ganztagsschule vorgesehen: Künftig soll es an jedem Standort mit mehr als einer Jahrgangsklasse bzw. „in zumutbarer Entfernung“ eine Klasse geben, die nach diesem Modell geführt wird, sobald 15 (bzw. in bestimmten Fällen zwölf) Schüler dafür angemeldet werden.

Thema ideologisch beladen

In Österreich wurde erst Mitte der 1970er Jahre mit ersten Schulversuchen zu ganztägiger Schulbetreuung begonnen. International sind ganztägige Schulformen in den verschiedensten Ausprägungen allerdings „vor allem im Primarschulbereich (Volksschule, Anm.) gang und gäbe“ und haben seit den 1990ern auch in der Sekundarstufe I zugenommen, heißt es in der ibw-Studie.

In Österreich lasse sich indes - ähnlich wie in Deutschland - Widerstand vor allem von Lehrerorganisationen gegen eine Verlängerung des Schulalltags und damit ihrer Wochenarbeitszeit sowie von den Elternverbänden feststellen. Die Autoren wünschen sich eine „entspanntere und wissensfundierte Diskussion“ abseits des Gegensatzpaars „Staat versus Familie“. Stattdessen solle „ein komplementäres Verhältnis und mögliche Arrangements“ im Mittelpunkt stehen, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.

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