Fleischdebatte sorgt weiter für Wirbel

Die WHO-Warnung, wonach der Konsum von verarbeitetem Fleisch in großen Mengen krebserregend ist, hat hierzulande eine heftige Debatte ausgelöst. Die Reaktionen reichen von „Panikmache“ bis zur Empfehlung zur Vorsorge.

Wurst, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch sind nach Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) krebserregend. Der regelmäßige Konsum erhöhe das Risiko für Darmkrebs, warnte die Behörde der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Montag. Zudem stuften die Experten rotes Fleisch generell als „wahrscheinlich krebserregend“ ein - mehr dazu in news.ORF.at.

Kunden bleiben nach WHO-Studie aus

In Salzburg berichteten Fleischer am Mittwoch bereits von Umsatzrückgängen in den vergangenen Tagen. Während sonst um die Mittagszeit Leberkäsesemmel, Würstel und Schweinsbraten besonders gefragt sind, war es am Dienstag und Mittwoch auffallend ruhig - mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Psychologen schätzen, dass trotz der aktuell hochkochenden Debatte wohl nur wenige Menschen aufgrund der Studie dauerhaft ihre Ernährungsgewohnheiten ändern werden. Sie sehen zwei Gruppen: Jene, denen die WHO-Warnung beim einen Ohr hinein und beim anderen wieder hinaus geht, und jene, die sich damit auseinandersetzen und damit ihr eigenes Verhalten infrage stellen.

„Nicht zur stark auf Drohtaste drücken“

„Dies fällt beim aktuellen Thema leichter als etwa beim Rauchen, weil wohl niemand von Fleisch und Wurst abhängig ist und sich dreimal am Tag ein Steak brät“, so der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein. Deshalb könne man leichter etwas am eigenen Verhalten ändern.

Aber es dürfe nicht zu stark auf die Drohtaste gedrückt werden, weil sonst viele Leute einfach „abschalten“. Ganz wichtig sei auch, sich innerhalb von vier Wochen, in denen die Motivation noch groß genug ist, ein neues Verhalten anzugewöhnen, das dann automatisiert wird.

Fleisch wichtiger Eisenlieferant

Experten warnen vor einer Generalverurteilung von Fleisch. Ernährungswissenschaftler weisen etwa darauf hin, dass Fleisch in Maßen genossen ein wichtiger Nährstofflieferant ist, etwa für Eisen und wichtige Vitamine. Fleisch sei ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. „Krebs entsteht durch vielfältige, unterschiedliche Risikofaktoren. Alter, genetische Veranlagung, Lebensstil, Umwelt und natürlich auch die Ernährung spielen dabei eine Rolle“, so Friedrich Bauer vom Institut für Fleischhygiene, Fleischtechnologie und Lebensmittelwissenschaften an der Veterinärmedizin.

Grafik zu Wurst. und Schinkenkonsum

APA/Rainer Waxmann

Die Warnung müsse aber durchaus ernst genommen werden, sagen Mediziner. „Jeder 17. Österreicher erkrankt in seinem Leben an Darmkrebs“, so Arnulf Ferlitsch von der MedUni Wien. Er rät zu Koloskopie-Untersuchungen, Damit könne das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um 50 Prozent gesenkt werden. Männer sollten in der Regel ab einem Alter von 45 Jahren zur Vorsorge kommen, rät Ferlitsch, Frauen ab 50.

100 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr

Die Österreicher verzehren laut AMA-Daten im Schnitt 100 Kilogramm Fleisch pro Jahr - das sind beinahe zwei Kilo pro Woche. Am mit Abstand beliebtesten ist Schweinefleisch, dann folgen Geflügel und Rind. Pro Kopf entfallen etwa 13 Kilo auf Wurst und Schinken. Fleisch ist damit ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

So empörte sich auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) am Dienstag über die WHO-Warnung und bezeichnete diese auf Facebook als „Farce“. „Schinken auf dieselbe Stufe zu stellen wie Asbest ist hanebüchener Unsinn und verunsichert nur die Menschen.“ Für ihn sei klar: „Österreichs Wurst ist und bleibt bedenkenlos die Beste!“ (sic!) In einem Kommentar unter seinem Beitrag riet der Minister einige Zeit später jedoch auch zu „maßvollem Fleischkonsum“.

Hoher Fleischverbrauch schadet Umwelt

Durch den hohen Fleischverbrauch wird einer Studie von WWF und Wirtschaftsuniversität (WU) jedoch auch die Umwelt geschädigt. Der Nahrungsmittelkonsum pro Kopf und Jahr in Österreich verursacht so viel CO2-Emissionen wie eine Autofahrt von Wien nach Peking - mehr dazu in wien.ORF.at.

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