Länder sorgen gegen Radikalisierung vor

Nach dem Attentat im bayerischen Ansbach werden auch in Österreich Präventivmaßnahmen gegen eine Radikalisierung von Flüchtlingen diskutiert. Unter anderem läuft zurzeit ein Pilotprojekt in Tirol, auch andere Länder sind aktiv.

In Tirol wurde im Februar das Pilotprojekt „Migrationsprävention“ gestartet, um bestehende bzw. drohende Konflikte und Gefahrensituationen in Flüchtlingsunterkünften frühzeitig erkennen zu können. Das Projekt läuft bis Ende des Jahres und soll dann evaluiert werden, erklärte Polizeisprecher Manfred Dummer auf APA-Anfrage.

Regelmäßiger Kontakt

Alle rund 200 von den Tiroler Sozialen Diensten betreuten Heime bzw. Privatunterkünfte werden von speziell geschulten Präventionsbeamten betreut. Die von den Experten des Verfassungsschutzes geschulten Polizisten halten in regelmäßigen Abständen zu den Heimleitern bzw. Betreuern Kontakt. Wesentlich seien dabei auch Angaben, die von Asylwerbern kommen.

Die gesammelten Informationen dienen den Behörden als Basis für erforderliche sicherheitspolizeiliche Maßnahmen. Zudem werden sie vom Verfassungsschutz ausgewertet und Gefahrenanalysen erstellt. Der Vorteil sei auch, dass durch die „Vor-Ort-Erhebungen“ Konfliktpotenziale rechtzeitig erkannt werden können, hieß es.

Ampelsystem für Unterkünfte

In Oberösterreich hat die Polizei mit Juni das Pilotprojekt „Kompetenz- und Lagezentrum Migration“ (KLM) gestartet, um die Integration von Asylwerbern zu fördern, aber auch um mögliche Radikalisierungstendenzen frühzeitig zu erkennen. 180 Beamte, die schon bisher in Polizeiinspektionen mit fremdenpolizeilichen Angelegenheiten betraut waren, wurden als Kontaktbeamte ausgebildet. Sie gehen direkt in die Asylwerberunterkünfte und reden mit Betreuern und Flüchtlingen, erklärte Polizeisprecher David Furtner. Im KLM in Linz laufen ihre Informationen zusammen.

Ziel sei es, durch regelmäßigen Kontakt eine bessere Vernetzung zu erreichen. „Wenn uns diese Menschen vertrauen, dann werden wir auch Infos von ihnen erhalten.“ Es gehe darum, so früh wie möglich Probleme zu erkennen, um präventiv arbeiten zu können. Das KLM soll den Polizeidienststellen aber auch Auskünfte über die Sicherheitslage in den Einrichtungen erteilen und der Landespolizei einen Gesamtüberblick verschaffen.

Dazu wurde ein Ampelsystem eingeführt, nach dem die einzelnen Unterkünfte eingestuft werden. Grün: alles in Ordnung, Gelb: Lage angespannt und Rot: kritisch. Vor allem das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Ethnien sorge immer wieder für gereizte Stimmung. In konkreten Anlassfällen führen die Polizisten Normverdeutlichungsgespräche, in denen den Asylwerbern strafrechtliche Vorgaben verdeutlicht werden. Derzeit sei überwiegend alles im grünen Bereich. Aktuell gibt es in Oberösterreich 530 Asylquartiere mit 13.608 Plätzen von Land und Bund in Oberösterreich.

Fremdenpolizeiliche Kontrollen

Seitens der Landespolizeidirektion Steiermark hieß es, dass die Exekutive mit dem KFD (koordinierter fremdenpolizeilicher Dienst) als Unterstützung für die Landesregierungsorgane vom Flüchtlingsreferat bei den Grundversorgungskontrollen mit dabei ist. Im Zuge dessen würden auch fremdenpolizeiliche Kontrollen der Polizisten durchgeführt, diese konzentrierten sich aber nicht auf etwaige auffällige Asylwerber. Extrakontrollen könnten nur nach konkreten Hinweisen und bei Anlassfällen wie etwa Raufereien durchgeführt werden.

In Vorarlberg gibt es laut Landespolizeidirektion engen Kontakt zwischen den Polizeiinspektionen und den dortigen Flüchtlingsbetreuern. Ansprechperson bei der Polizei ist in der Regel ein Kontaktbeamter bzw. der Polizeiinspektionskommandant.

Häufige Besuche in Quartieren

Verdächtiges werde diesem Beamten von den Betreuern in der Asylunterkunft gemeldet, der daraufhin das persönliche Gespräch mit der betroffenen Person suche, sagte eine Polizeisprecherin auf APA-Nachfrage. Die Flüchtlingsquartiere würden natürlich auch hin und wieder ohne Vorfälle besucht, allerdings nicht so oft wie beispielsweise in Wien, wo Polizisten mindestens jeden zweiten Tag die gleiche Unterkunft aufsuchten, betonte die Sprecherin.

Leiter einer entsprechenden Einsatzgruppe namens „Refugee Contact Officers“ in Wien ist Oberst Friedrich Kovar. Seinen Angaben zufolge stehen Flüchtlinge, die einen negativen Asylbescheid erhalten haben, im Fokus. Dass immer die gleichen Polizisten die Quartiere besuchen, begründet er im „Kurier“ damit, dass die Beamten so ein Gefühl für die Menschen und dortige Situationen bekämen.