Starre Fronten bei Mindestsicherung

Die Chancen auf eine Einigung zur Reform der Mindestsicherung sinken gegen null. Vorerst liegen die Gespräche auf Eis, teilweise gehen die Länder eigene Wege.

Nach Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern erklärte heute auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), dass weitere Verhandlungen nicht sinnvoll seien. Ähnlich wie Kern plädierte auch der ÖVP-Obmann für eigene, spezifische Regelungen der Bundesländer.

Weiter verhandeln oder nicht?

„Wir haben das jetzt schon gehabt, und warum sollte das nicht auch in Zukunft funktionieren? Ein Modus könnte sein, dass man sich das ein Jahr anschaut. Weil man kann ja immer dann noch die Konsequenzen ziehen, und damit ist ja nichts vertan“, so Mitterlehner gegenüber dem Ö1-Morgenjournal.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erklärte hingegen gegenüber der APA: „Wir sind bereit, weiter zu verhandeln.“ Eine österreichweit einheitliche Lösung sei der bessere Weg. Als Widerspruch zu Mitterlehner sieht Lopatka diese Forderung nicht. Mitterlehner habe lediglich zur Kenntnis genommen, dass Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) keine Einigung zustande bringe, so Lopatka. Die ÖVP sei zu Gesprächen bereit, könne die SPÖ aber nicht dazu zwingen.

Stöger: Aus für Bundeszuschuss mit Jahresende

Sozialminister Stöger will nach dem Scheitern der Gespräche auch den Zuschuss des Bundes an die Länder für die Krankenversicherung der Bezieher stoppen. „Das läuft am 31. Dezember aus“, so Stöger. Er sieht die Bundesländer nun in der Verantwortung, eigene Regelungen zu treffen. Damit entfällt auch der Bundeszuschuss zur Krankenversicherung der Mindestsicherungsbezieher von heuer 50 Mio. Euro.

Das Drängen Lopatkas nach weiteren Zugeständnissen weist Stöger zurück. „Die SPÖ hat sich in vielen Schritten auf die ÖVP zubewegt, und es wäre schön, wenn sich die ÖVP einmal bewegen würde.“

Warnungen von AK und ÖGB

Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) befürchten nach dem Scheitern der Verhandlungen mehr Armut, steigende Kriminalität, die Zunahme von Schwarzarbeit sowie „Sozialtourismus“ unter den Ländern. ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Präsident Rudi Kaske fordern deshalb weitere Gespräche.

„Bis zum 31. Dezember ist noch genug Zeit, das Ruder herumzureißen. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn eines der fortschrittlichsten Sozialgesetze der letzten Jahre am Föderalismus scheitert“, so die Sozialpartnervertreter heute in einer Aussendung.

Eigene und gemeinsame Wege

Aus Niederösterreich hieß es, dass der Landtag nun eine eigene Reform beschließen werde. Es werde eine „Mindestsicherung light“ geben - mit Wartezeit für Flüchtlinge und einer Leistungsobergrenze von 1.500 Euro - mehr dazu in Eigene Reform fix (noe.ORF.at).

In Tirol sprach sich Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) weiter für Verhandlungen aus. Stöger sei gefordert, eine Lösung für alle Bundesländer zu finden - mehr dazu in Platter fordert Bundeslösung (tirol.ORF.at). In Salzburg sind die politischen Fronten verhärtet. Zankapfel ist vor allem die Deckelung der Bezüge für Asylberechtigte - mehr dazu in Harte Debatte um Mindestsicherung (salzburg.ORF.at).

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) spricht sich für eine Länderlösung aus. Er hat für das Burgenland bereits konkrete Vorstellungen, die umgesetzt werden sollen - mehr dazu in Niessl für Länderregelung (burgenland.ORF.at). Wien plant ebenfalls ein eigenes Modell, die Stadtregierung will vermehrt auf Sachleistungen setzen - mehr dazu in Wien plant eigenes Modell bei Mindestsicherung (wien.ORF.at). Auch Kärnten feilt an einem eigenen Modell zur Mindestsicherung, auch wenn man noch auf ein bundesweites hofft - mehr dazu in Kärntner Mindestsicherung in Vorbereitung.

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