Arbeitslosigkeit erstmals seit 2011 rückläufig

Die Arbeitslosigkeit ist erstmals seit fünf Jahren leicht zurückgegangen. Ende November waren 429.139 Personen entweder arbeitslos vorgemerkt oder in Schulung, um 0,2 Prozent bzw. 968 Personen weniger als im Vorjahr.

Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen sank um ein Prozent bzw. 3.624 auf 355.669 Personen. Die Arbeitslosenrate nach österreichischer Berechnung lag bei neun Prozent, um 0,2 Prozent niedriger. Weiter steigend ist die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten, nämlich um 1,6 Prozent auf 3,515 Millionen.

Grafik zur Arbeitslosigkeit

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Mehr Arbeitslose nur in NÖ und Wien

In sieben Bundesländern ging die Arbeitslosigkeit zurück, nur in Wien und Niederösterreich stieg sie weiter. Der höchste Anstieg an Arbeitslosen war in Niederösterreich mit zwei Prozent zu verzeichnen. In Wien stieg die Zahl der Arbeitslosen um 0,3 Prozent. In den übrigen sieben Bundesländern erholte sich der Arbeitsmarkt etwas, am stärksten verbesserte sich die Lage in Tirol mit sieben Prozent weniger Arbeitslosen und in Salzburg mit fünf Prozent weniger.

Grafik zur Arbeitslosigkeit im November

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Weniger Junge, mehr Ältere arbeitslos

Je nach Altersgruppe und sonstiger Eigenschaften entwickelte sich die Arbeitslosigkeit wieder sehr unterschiedlich. Bei Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) ging die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen um 4.124 Personen bzw. 8,9 Prozent auf 42.211 zurück. Deutlich stieg hingegen die Arbeitslosigkeit Älterer (ab 50 Jahren), nämlich um 5,9 Prozent bzw. 5.694 Personen auf 103.012 Personen.

Grafik zur Arbeitslosigkeit im November

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Bei Inländern sank die Arbeitslosigkeit um 2,3 Prozent bzw. 6.005 Personen auf 250.387 Arbeitslose. Bei Ausländern stieg sie um 2,3 Prozent bzw. 2.381 Personen auf 105.282 Personen. Bei arbeitslosen Männern gab es einen Rückgang um 1,9 Prozent, bei Frauen legte die Arbeitslosigkeit leicht um 0,1 Prozent zu. In Summe sank die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen (ohne Schulungsteilnehmer) um ein Prozent.

Für gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitssuchende (plus 8,7 Prozent) bleibt die Lage anhaltend schwierig. Bei immer mehr Personen verfestigt sich die Arbeitslosigkeit: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die länger als zwölf Monate vorgemerkt sind, stieg um 20,8 Prozent auf 57.777 Personen.

Erholung in der Bauwirtschaft

Allerdings bleibt der österreichische Arbeitsmarkt dynamisch: Seit Jahresbeginn fanden 554.500 Arbeitslose wieder einen Job. Darunter waren auch 95.780 Menschen über 50 Jahre sowie 85.570 Jüngere, also 20- bis 24-Jährige. Erholung war Ende November in der Bauwirtschaft zu verzeichnen, wo die Zahl der Arbeitslosen um 10,4 Prozent zurückging. Im Handel blieb die Zahl der Arbeitslosen unverändert, in der Warenproduktion sank sie um 2,6 Prozent und im Tourismus um 0,9 Prozent.

6.101 suchen Lehrstelle

6.101 Lehrstellensuchenden standen bundesweit 3.822 offene Lehrstellen gegenüber. Während in Wien 2.261 junge Leute eine Lehrstelle suchten, gab es in der Bundeshauptstadt nur ein Angebot von 291 offenen Lehrstellen. In Oberösterreich standen 555 Lehrstellensuchenden hingegen 854 offene Lehrstellen zur Auswahl gegenüber.

AMS: "Jubel absolut unangebracht

AMS-Chef Johannes Kopf sagte, „Jubel ist absolut unangebracht“. Bei einer differenzierten Betrachtung gebe es auch Bereiche mit steigender Arbeitslosigkeit, so seien heuer 7.500 geflüchtete Personen mehr auf Arbeitssuche als vor einem Jahr. In der Industrie laufe es besser, daher sinke die Männer-Arbeitslosigkeit. „Was wir wirklich brauchen würden, wäre eine echte Konjunkturbelebung, große Schritte müssten eigentlich auf europäischer Ebene erfolgen“, sagte Kopf im Ö1-Mittagsjournal.

Stöger sieht noch keine Trendwende

„Natürlich ist das nur ein erster Lichtblick, denn angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Arbeitssuchenden ist der Arbeitsmarkt von einer Entspannung noch weit entfernt“, kommentierte das Sozialministerium die aktuellen Arbeitslosenzahlen. „Für eine echte Trendwende braucht es aber weitere Anstrengungen und Impulse“, sagte Minister Alois Stöger (SPÖ).

Grafik zur Arbeitslosigkeit im November

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Der Minister verwies auf die Qualifizierungsoffensive und das Wirtschafts- und Arbeitsmarktpaket. Die jüngst beschlossenen Maßnahmen, die im Jahr 2017 in Kraft treten, sollen 30.000 zusätzliche Ausbildungsplätze bringen, 20.000 Arbeitsplätze sichern und 10.000 neue Jobs schaffen. „Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hat für mich höchste Priorität. Den öffentlichen Investitionen kommt dabei eine wichtige Rolle zu“, sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ).

Kritik von Opposition

Kritik kam von der FPÖ: Stöger sei der „absolute Minus-Mann“ im Kabinett Kern und habe eine „echte Horrorbilanz“ aufzuweisen, sagte FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. Ohne eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes werde die Arbeitslosigkeit in Österreich nicht nachhaltig gesenkt werden können.

Auch NEOS sah die Zahlen pessimistisch: „Die positive Entwicklung ist eine Momentaufnahme, die sich im nächsten Jahr leider nicht fortsetzen wird. Nur mit nachhaltigen Reformen kann eine Trendumkehr auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden“, sagte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Team-Stronach-Sozialsprecherin Waltraud Dietrich forderte Reformen für ein unternehmerfreundliches Klima, Schluss mit den bürokratischen Hürden und mehr Freiraum für Unternehmer.

AK fordert Arbeitsmarktoffensive

Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske forderte einmal mehr eine Arbeitsmarktoffensive: Öffentliche Investitionen, faire Verteilung der Arbeit und ein Ausbau der Aus- und Weiterbildung sollen die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen. Von der Umsetzung dieses Plans erwartet sich der AK-Präsident bis 2020 eine Reduktion der Arbeitslosigkeit um 100.000 Betroffene.

WKÖ für Senkung der Lohnnebenkosten

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) sieht trotz der jüngsten erfreulichen Entwicklung ebenfalls noch keine Entwarnung für den Arbeitsmarkt. Der Leiter der sozialpolitischen Abteilung der WKÖ forderte eine nachhaltige Senkung der Lohnnebenkosten, mehr regionale Mobilität auf dem Arbeitsmarkt und den Ausbau der betriebsnahen Weiterbildungen. Gerade im Tourismus gebe es strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt.

WKÖ-Präsident Christoph Leitl sprach sich für eine Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 20 Prozent, eine degressive Abschreibung als Investitionsanreiz sowie die Erhöhung der Forschungsprämie von zwölf auf 15 Prozent aus.

ÖGB will Arbeitszeitverkürzung

Auch der ÖGB sieht bei Weitem keine Trendumkehr. Der Leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, trat für eine Arbeitszeitverkürzung ein, die vorhandene Arbeit müsse gerechter verteilt werden. Laut der aktuellen Ausgabe des FORBA-Trendreports liegt die durchschnittlich geleistete Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten in Österreich mit 41,5 Stunden an der Spitze, nur noch übertroffen von Großbritannien.

Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec sagte, die Generation 50 plus bleibe das Sorgenkind in der österreichischen Bevölkerung. Das AMS solle seine Kurse verstärkt auf die Gruppe der über 50-Jährigen konzentrieren.

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