Weniger Insolvenzen bei Firmen und privat

Sowohl bei Firmen als auch bei Privaten gibt es einen Rückgang an Insolvenzen. Während Firmen wegen des beginnenden Aufschwungs - noch - eine Atempause haben, schlägt bei Privaten die Hoffnung auf kommende gesetzliche Erleichterungen durch.

Die Unternehmensinsolvenzen sanken im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund vier Prozent. Ein Plus gab es laut der Anfang Juni präsentierten Hochrechnung des KSV1870 nach Bundesländern nur in Niederösterreich - dort aber gleich um 20 Prozent. Fürs Gesamtjahr rechnet der Gläubigerschutzverband mit einer „ruhigen Lage“. „Wir stehen an der Schwelle einer Konjunkturbelebung.“

Auch ohne Sonderfälle weniger Schulden

Hochgerechnet gingen in den ersten sechs Monaten heuer 1.540 Firmen pleite, ein Minus von sieben Prozent. Wegen zu wenig Vermögens nicht eröffnet wurden 1.028 Insolvenzfälle, womit die Zahl im Vergleichszeitraum stabil blieb. Die Zahl der betroffenen Dienstnehmer sank um 22 Prozent auf 7.400. Die insgesamt 2.542 insolventen Unternehmen häuften Verbindlichkeiten von 652 Mio. Euro (ohne Ausschüttungen/Quotenzahlungen) an.

Das ist ein Rückgang von 64 Prozent, weil im ersten Halbjahr 2016 Sonderfälle (etwa Activ Solar mit 500 Mio. Euro und Slav Handel mit 113 Mio. Euro mit Verbindlichkeiten in der Ukraine) die Gesamtverbindlichkeiten stark erhöht hatten. Rechnet man die Sonderfälle heraus, so liegen die Gesamtverbindlichkeiten heuer nach sechs Monaten immer noch um 25 Prozent unter jenen des ersten Halbjahres 2016.

Grafim zeigt die Zahl der Firmen- und Privatinsolvenzen im 1. Halbjahr 2017

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/KSV

Klein- und Kleinstunternehmen unter Druck

Die große Steigerung in Niederösterreich ist laut KSV auf Klein- und Kleinstunternehmen zurückzuführen, die „nicht ordentlich liquidiert werden, weil es nichts mehr abzuwickeln zu geben scheint“. Die Passiva sanken jedenfalls auch in Niederösterreich deutlich - und zwar um 23 Prozent. Somit falle der Zuwachs an Pleitefirmen „volkswirtschaftlich wenig ins Gewicht“ - mehr dazu in noe.ORF.at. Auf niedrigem Niveau konstant blieben die Zahlen in Vorarlberg - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

In der Steiermark gingen die unternehmerischen Pleitefälle nach dem Burgenland (minus 26 Prozent - mehr dazu in burgenland.ORF.at), Tirol und Kärnten - mehr dazu in kaernten.ORF.at - am deutlichsten zurück - minus 22 Prozent. Die Verbindlichkeiten gingen sogar um 55 Prozent zurück. Das zeigt laut dem KSV-Experten Hans-Georg Kantner, dass die industriegeprägte Steiermark nach „insolvenzintensiven Jahren“ nun zu Restösterreich aufschließe. Durch den hohen Grad an industrieller Fertigung sei das Land externen und konjunkturellen Einflüssen gegenüber besonders empfindlich.

Aufschwung nicht nur positiv

Die Insolvenzen werden laut Kantner wieder steigen, wenn die Wirtschaft drei bis vier Quartale wächst. Denn dann würden die Zinsen wieder auf ein normales Niveau steigen - „und damit auch die Insolvenzen. Diese Entwicklung wird aber frühestens 2018 zu spüren sein.“

Private hoffen auf günstigere Gesetze

Der Rückgang bei den Privatkonkursen beruht auf Hoffnung auf die versprochene Gesetzesreform: Die Neufassung des Privatinsolvenzrechts soll mit 1. November in Kraf treten, aber alleine wegen der Erwartung der neuen Regeln gibt es laut KSV1870 einen Privatkonkursrückgang von 31 Prozent im ersten Halbjahr 2017 verglichen zum Vorjahreszeitraum, in Tirol sogar fast eine Halbierung - mehr dazu in tirol.ORF.at.

Vor „Tsunami“ bei privaten Konkursen?

Jedenfalls wurden laut KSV-Hochrechnung in den ersten sechs Monaten nur 2.935 Insolvenzverfahren gegen Private eröffnet, was fast ein Rückgang von einem Drittel ist. Die Verbindlichkeiten gingen im ersten Halbjahr hochgerechnet um rund 41 Prozent zurück. Für den KSV herrscht damit „Tsunami“-Warnung: Zuerst gehe die Zahl an Pleiten zurück, ähnlich wie bei einem Tsunami das Meer zuerst zurückweicht. Im zweiten Halbjahr werde es aber zu einem „Backlash“ kommen.

Letztlich würden die Privatschulden-Regulierungsverfahren 2017 aber etwa auf dem Vorjahresniveau zu liegen kommen, schätzt Kantner. Er warnte einmal mehr, dass Konsumschuldner mit den möglichen neuen Regeln allzu leicht entschuldet werden würden. Auch sei aus Zeitgründen eine ausführliche Befassung unterblieben, kritisierte der Fachmann. „Die Regierung wollte Tempo zeigen.“ Jedenfalls werde die Novelle Gläubigern und Gerichten deutliche Mehrarbeit bescheren. Außerdem geht es in der Reform laut Kantner darum, anstatt Schulden zu tilgen, Geld lieber in den Konsum zu stecken. „Eine langfristige und belastbare Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sollte anders ausschauen“, kritisiert Kantner.

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