Missbrauch im Netz extrem weit verbreitet

27 Prozent der Elf- bis 18-Jährigen in Österreich sind schon sexueller Belästigung im Internet ausgesetzt gewesen. Das ist das Ergebnis einer von Rat auf Draht und SOS-Kinderdorf in Auftrag gegebenen Studie.

Mädchen geraten mit einem Anteil von 40 Prozent fast dreimal häufiger in solche Situationen als Burschen, sagte Raphaela Kohout vom Institut für Jugendkulturforschung, das die Umfrage unter 400 Elf- bis 18-Jährigen durchgeführt hat, bei einer Pressekonferenz in Wien.

Täter oft Unbekannte und viel älter

Die Täter sind oft Unbekannte und meist viel älter als die Betroffenen. Dass junge Menschen in Sozialen Netzwerken und Messengerdiensten mitunter „ungut angegangen werden“ - bis hin zu strafrechtlich relevantem Missbrauch -, werde von vielen als „normal“ empfunden.

„Obwohl wir tagtäglich mit dem Problem konfrontiert sind, waren wir sehr schockiert, wie sehr sich Jugendliche mit sexueller Belästigung im Internet abgefunden haben“, sagte Elke Prochazka, Psychologin bei Rat auf Draht, der Jugendnotrufnummer.

Grafik zu sexueller Belästigung bei Jugendlichen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/SOS Kinderdorf

Ein Fünftel erhielt Nacktfotos oder -videos

Die Erlebnisse reichen von unangenehmen sexuellen Fragen bis zu eindeutigem Missbrauch. Häufig erhalten Kinder ungefragt Nacktfotos und -videos. 20 Prozent ist so etwas bereits passiert. Etwas mehr als zehn Prozent der Befragten wurden erpresst, zum Beispiel mit intimen Fotos.

Vier Prozent gaben an, jemand habe gegen ihren Willen Nacktbilder von ihnen veröffentlicht oder weitergeschickt. Erfahrungen mit Cyber-Grooming, der Onlineanbahnung von Sexualkontakten mit Kindern und Jugendlichen, haben 14 Prozent gemacht. Bei den Mädchen liegt der Anteil sogar bei 22 Prozent.

Sperren als Gegenmaßnahme

Die häufigste Gegenmaßnahme ist die Blockier- und Sperrfunktion (52 Prozent). Knapp ein Viertel meldet den Betreffenden dem Seitenbetreiber, fast ebenso viele versuchen es mit der Änderung der Privatsphäreeinstellungen.

Nur 16 Prozent holen sich Hilfe bei den Eltern, jeweils vier Prozent bei Lehrern oder einer Beratungsstelle. Die Jugendlichen fühlten sich gegenüber den Übergriffen ohnmächtig und teilweise auch mitverantwortlich, sagte Prochazka. Hier müsse klargestellt werden: „Egal wie man sich präsentiert, die Schuld liegt immer beim Täter.“

Grafik zu sexueller Belästigung bei Jugendlichen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/SOS Kinderdorf

Rechtslage „eindeutig“

Rechtlich sei die Lage eindeutig, betonte Kohout. Wer etwa Kinder unter 14 auffordert, pornografische Fotos von sich zu schicken, sich vor der Webcam auszuziehen, oder wer sie mit der Absicht des sexuellen Missbrauchs zu einem Treffen zu überreden versucht, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft.

56 Prozent der Befragten wussten nicht, dass solches Verhalten strafbar ist. Folgerichtig gehen nur acht Prozent zur Polizei, wenn sie im Internet sexuell belästigt wurden.

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