ÖBB ziehen nach Unfällen Konsequenzen

Nach mehreren Unfällen haben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ein Paket an Sofortmaßnahmen präsentiert. Die Konsequenzen sind durchaus hart.

So werden neben den an den Vorfällen direkt beteiligten Mitarbeitern auch die verantwortlichen Führungskräfte von ihren Funktionen beurlaubt, „um eine intensive Safety-Nachschulung zu absolvieren“, wie die ÖBB Ende April bekanntgaben.

„Schlamperei und fehlendes Qualitätsbewusstsein“

Viele der Unfälle und Sicherheitsvorfälle der vergangenen zwei Jahre seien auf regionale Performance-Probleme oder auf den Hausbrauch zurückzuführen, analysierten die ÖBB. „Schlamperei und fehlendes Qualitätsbewusstsein können nicht weiter toleriert werden und müssen von den jeweiligen Führungskräften behoben werden“, hieß es. Dem Leiter des Stabes Personal in der ÖBB-Produktion wurde eine neue Aufgabe im Konzern übertragen.

Neues Programm „Sicherheit auf Schiene“

ÖBB-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä kündigte den Start eines konzernweiten Programms unter dem Namen „Sicherheit auf Schiene“ an. Dazu holt man zwei externe, weisungsfreie Fachleute an Bord. „Ein Experte wird von der Schweizer Bahn kommen, ein anderer aus dem Industriebereich mit dem Fokus auf Organisation und menschliches Verhalten“, sagte Matthä, der sich erste Ergebnisse noch vor dem Sommer erwartet.

Noch heuer würden alle Betriebsmanager der ÖBB-Infrastruktur wieder mit voller fachlicher und disziplinärer Führungskompetenz ausgestattet, kündigten die ÖBB weiters an. Sie seien dadurch „die ersten und wichtigsten Verantwortungsträger für die sichere Betriebs- und Verschubabwicklung“ an Ort und Stelle.

„Voice Recording“ wird getestet

Gestartet wird der Pilotversuch „Voice Recording“. In der Luftfahrt zählt die Aufzeichnung aller Sprachaktivitäten seit Langem zur Sicherheitsroutine. „Ab Sommer wollen wir auf der S-Bahn-Stammstrecke rund 70 Züge mit Geräten zur Sprachaufzeichnung ausrüsten“, kündigte Matthä an. Nach einer Evaluierung der Erkenntnisse im Dezember soll über Sinnhaftigkeit und Möglichkeiten für flächendeckende Sprachaufzeichnungen entschieden werden.

Ebenso werde ein laufender Pilotversuch für die Auswertung des Funkverkehrs im Verschubbereich zur Fehlerprävention fortgeführt. „Für all diese möglichen Erneuerungen haben wir bereits ein Sonderbudget von 30 Millionen Euro bereitgestellt“, so Matthä.

Codes für Prozessabläufe einüben

Ein dritter Pilotversuch soll helfen, die Triebfahrzeugführer bei ihren komplexen Arbeitsabläufen zu unterstützen. Dabei werden laut ÖBB Prozessabläufe und Handlungen während der Fahrt mit Codes versehen und von den Triebfahrzeugführern eingeübt. Dieses Modell stammt aus der Ausbildung von Flugpiloten und ermöglicht, dass komplexe Prozesse relativ vereinfacht im Unbewusstsein gespeichert und dadurch automatisiert werden.

Auf Basis des aktuellen Fahrplans wird nochmals vertieft geprüft, wo zusätzliche 500-Hz-Magnete (zur punktuellen Zugsbeeinflussung, Anm.) eine relevante Verringerung des Risikos bringen könnten. Auf Basis dieser Analyse soll über den Einbau zusätzlicher Magnete entschieden werden.

54 Verletzte in Salzburg

Bei einem Verschubunfall auf dem Salzburger Hauptbahnhof waren am 20. April 54 Personen in einem Nightjet verletzt worden. Am selben Tag war in Oberösterreich ein Güterzug über 30 Kilometer herrenlos unterwegs, nachdem er im Bahnhof Friedburg-Lengau (Bezirk Braunau) entrollt war.

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