Bericht: Extremismus geht zurück
Dennoch liegt aus Sicht des Staatsschutzes eine anhaltend erhöhte Gefährdungslage für die innere Sicherheit durch islamistischen Extremismus und Terrorismus vor. Eine konkrete Bedrohung gebe es aber nicht, so der Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, bei der Präsentation des Jahresberichts am Donnerstag.
Das BVT will verstärkt auf die Prävention von Extremismus setzen. Michaela Kardeis, Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, sieht Österreich in der Extremismusprävention in einer „europaweiten Vorreiterrolle“.
Weniger Dschihad-Reisende
Fakt ist, dass die Zahl der Dschihad-Reisenden laut dem Bericht letztes Jahr stark zurückging. Das BVT verzeichnete 2017 insgesamt 313 aus Österreich stammende zurückgekehrte Dschihadisten („Foreign Terrorist Fighters“). Die Zahl der Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Kriegsgebieten stieg im Vorjahr nur um vier auf 94. 59 seien letztes Jahr an der Ausreise verhindert worden, 55 nach unbestätigten Informationen in Kriegsregionen ums Leben gekommen.
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BMI
Derzeit befinden sich 32 Rückkehrer in Haft. Insgesamt beobachte das BVT seit 2014 einen kontinuierlichen Rückgang bei Ausreisenden, so Kardeis. Aber: „Nach wie vor geht in Österreich die höchste Gefährdung vom islamistischen Extremismus aus.“
Gridling: „Kein Grund zur Entwarnung“
Die Prävention vor Extremismus nehme in der Arbeit eine große Rolle ein, hieß es weiter. Bereits den Einstieg in radikale Netzwerke zu verhindern, sei das Ziel. Kardeis nennt unter anderem ein Ausstiegsprogramm, das derzeit von NGOs im Probebetrieb umgesetzt werde und Anfang 2019 ausgeweitet werden solle. Sie kündigte für Oktober einen Präventionsgipfel und eine nationale Extremismuspräventionsstrategie an.
Das extremistische Umfeld müsse kleiner gemacht, das Potenzial geringer werden, so Gridling. Der islamistische Extremismus verändere sich außerdem. Man müsse hier mit allem rechnen und aufmerksam bleiben. Es gebe „keinen Grund zur Entwarnung“.
Rechtsextremismus weniger stark rückläufig
Im Bereich des Linksextremismus gab es laut Verfassungsschutzbericht letztes Jahr 307 Tathandlungen, um ein Drittel weniger als 2016 (436), die meisten lagen im Bereich der Sachbeschädigung, teils in Zusammenhang mit der Nationalratswahl (FPÖ-Plakate). Heuer könnte es wegen der EU-Präsidentschaft wieder einen Anstieg geben.
Auch die rechtsextremen Straftaten sind rückläufig, allerdings weniger stark und auf deutlich höherem Niveau: Mit 1.576 Anzeigen gab es im Vorjahr weniger als 2016 (1.867). Rechtsextremismus wird vom Verfassungsschutz weiterhin als „demokratiegefährdende Tatsache“ eingestuft. Explizit angeführt werden im Bericht auch zwei Angriffe auf Asylunterkünfte in Tirol (mit Pyrotechnik) und in Niederösterreich (mit einem Luftdruckgewehr). Ein eigenes Kapitel ist neuerlich den rechtsextremen Identitären gewidmet.
Herausforderungen durch EU-Präsidentschaft
Insgesamt gab es letztes Jahr 78 Anzeigen mit gefährlichen Drohungen, 65 gegen oberste Organe, 13 gegen verfassungsmäßige Einrichtungen, so Gridling. Er sprach hinsichtlich der bevorstehenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft von einer großen Herausforderung. Das BVT beobachte bereits Mobilmachung in vor allem linksextremistischen Kreisen - etwa für den Gipfel in Salzburg.
Die fünf großen EU-Gipfel bewertet das BVT mit der höchsten der drei Gefährdungsstufen, aber auch kleinere Veranstaltungen seien gefährdet, wobei Gridling sowohl auf linksextreme Protestvorbereitungen gegen die EU-Gipfel verwies als auch auf die Gefahr der Ausspähung durch ausländische Nachrichtendienste.
„Einige Hundert“ Spione in Österreich
Der Verfassungsschutzbericht nennt Österreich weiterhin ein „bevorzugtes Operationsgebiet für ausländische Nachrichtendienste“. Gridling geht von „einigen hundert“ ausländischen Geheimdienstoffizierinnen und -offizieren in Österreich aus - auch wegen der vielen in Wien angesiedelten internationalen Organisationen.
Besonderes Augenmerk wird laut Gridling auch auf Versuche gelegt, in Österreich lebende Türken für die Politik in der Türkei zu mobilisieren. Er verweist etwa auf Vereine, die aufgefordert wurden, politische Gegnerinnen und Gegner bekanntzugeben: „Diese Spannungen erleichtern das Zusammenleben in Österreich auf keinen Fall.“