Unterschiedliche Studienverläufe an Unis und FHs

An öffentlichen Universitäten hat nach sieben Jahren bzw. 14 Semestern nur jeder Zweite einen Abschluss. An den Fachhochschulen (FH) und Pädagogischen Hochschulen (PH) sind es dagegen drei von vier. Das zeigt eine Erhebung des Instituts für Höhere Studien (IHS).

Die Wissenschaftler haben dazu den Studienverlauf jedes einzelnen Studienanfängers (Bildungsinländer) des Wintersemesters 2008/09 analysiert. Sie nennen diese Berechnungsmethode „true-cohort“. Das sei methodisch sauberer als etwa Anfängerzahlen eines Jahres mit Absolventenzahlen nach der Mindeststudiendauer zu vergleichen.

Späte Abschlüsse an Unis

Mit dieser Methode zeigt sich, dass man aus der Zahl der Abschlüsse nicht einfach auf die Drop-out-Quote rückschließen - also im konkreten Fall angesichts von 51 Prozent Abschlüssen auf 49 Prozent Abbrecher hochrechnen - kann. Denn nach 14 Semestern ist noch fast ein Fünftel (19 Prozent) inskribiert - „und davon schließen auch noch welche ab, wahrscheinlich etwa die Hälfte davon“, so Bianca Thaler, eine der Studienautorinnen. Tatsächlich völlig mit dem Studieren aufgehört haben nach sieben Jahren 30 Prozent.

FH und PH: Studieren nach Plan

Während an den Unis die Kurve der Abschlüsse im Laufe der Semester relativ glatt und stetig ansteigt, zeigt sich an den FH und PH ein sprunghafter Anstieg im sechsten Semester, also nach Ende der Mindeststudiendauer. Da haben bereits 61 Prozent an den FH und 50 Prozent an den PH ein Studium abgeschlossen. Allerdings: FH und PH sind wesentlich verschulter, ein Studienverlauf nach Vorgabe der Studienpläne daher verbreiteter.

Nach sieben Jahren steigt dieser Prozentsatz an den FH auf 75 Prozent (79 Prozent bei den Vollzeit- und 65 Prozent bei den berufsbegleitenden Studiengängen), an den PH sind es 76 Prozent (nach zwölf Semestern). Im Gegensatz zu den Unis ist an FH und PH nach sechs Jahren praktisch niemand mehr inskribiert.

Kurvengrafiken über Studienerfolg und Studienabbruch an Universitäten und Fachhochschulen

Grafik: ORF.at; Quelle: APA/IHS/BMWFW/Statistik Austria

Früherer Abbruch an FH

An den FH hat bereits nach vier Semestern jeder Fünfte (20 Prozent) das Handtuch geworfen, die Abbrecherquote steigt dann bis zum 14. Semester nur mehr auf 25 Prozent. An den Unis hatten nach zwei Jahren 13 Prozent aufgehört, dieser Anteil steigt aber im Laufe der Studienjahre stetig auf 30 Prozent. Ähnlich an den PH (elf Prozent Drop-outs nach zwei Jahren), wo allerdings die Studienabbruchquote nach zwölf Semestern bei 19 Prozent liegt.

Lange aufgeschobenes Ende des Unistudiums

Blickt man noch weiter zurück, auf die Anfänger eines Diplomstudiums an einer Uni im Wintersemester 2003/04 zeigen sich ähnliche Studienverläufe: Nach 14 Semester liegt die Erfolgsquote bei rund 40 Prozent, steigt aber nach 24 Semester bzw. zwölf Jahren auf immerhin 62 Prozent.

Und selbst nach dieser langen Zeit sind noch immer sieben Prozent der Anfänger des Jahres 2003/04 inskribiert und „es gibt Personen, die im 23. oder 24. Semester einen Abschluss machen“, so Thaler. Erklärungen dafür liefert das IHS nicht. Frühere Untersuchungen ergaben aber, dass Berufstätigkeit - sehr oft auch in für das Studium einschlägigen Branchen - einer der Hauptgründe für die Vernachlässigung des Abschlusses ist.

FH auch in Masterstudien voran

Bei den Anfängern eines Masterstudiums im Jahr 2010/11 liegt die Erfolgsquote an den Unis nach zehn Semestern bei 64 Prozent, an den Fachhochschulen bei 84 Prozent. Tatsächlich abgebrochen haben an den Unis nach fünf Jahren 21 Prozent, 15 Prozent sind dort nach wie vor inskribiert. An den FH haben 14 Prozent aufgehört, zwei Prozent studieren noch.

Bei den Doktoratsstudien (Anfänger des Jahres 2003/04) liegt die Erfolgsquote nach 24 Semestern mit 45 Prozent praktisch gleich hoch wie die Abbrecherquote (46 Prozent). Jeder zehnte (neun Prozent) Doktoratsstudent ist nach zwölf Jahren noch immer inskribiert.

Große Unterschiede nach Studienrichtung

Betrachtet man nicht einzelne Personen, sondern begonnene Studien - man kann ja mehrere Studien inskribieren - zeigt sich ein anderes Bild: An öffentlichen Unis haben nach 14 Semestern 28 Prozent ihr ursprünglich begonnenes Studien abgeschlossen, zehn Prozent studieren noch in diesem Studium. 25 Prozent haben ein anderes Studium abgeschlossen, neun Prozent sind noch in einem anderen Studium.

Das bedeutet, dass nach 14 Semestern mehr Studenten in ein anderes Studium gewechselt (34 Prozent) als das ursprüngliche Studium abgeschlossen haben (28 Prozent). 27 Prozent haben alle Studien abgebrochen.

Nach Fächern bzw. Fächergruppen betrachtet sind die Kunststudien mit einer Abschlussquote von 77 Prozent nach 14 Semestern „Weltmeister“. Ähnliches gelte für die Medizin (58 Prozent). Besonders gering seien dagegen die Abschlussquoten in „Jus“ (22 Prozent) und Geisteswissenschaften (26 Prozent).

Frauen konsequenter

Nach Geschlechtern betrachtet schließen Frauen öfter und schneller ab als Männer, entscheiden sich aber früher dazu abzubrechen. Je älter man bei der Erstzulassung ist, desto geringer sind die Erfolgsquoten, wobei es hier große Unterschiede zwischen den Fächern gibt. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen bei Jus, „dort braucht man kaum noch anfangen, wenn man über 21 Jahre alt ist, ab diesem Alter schließen nur noch fünf Prozent ab“, so Studienautor Martin Unger.

Auch Vorbildung beeinflusst Abschlussquote

Studienanfänger, die eine berufsbildende höhere Schule (BHS) abgeschlossen haben und ein facheinschlägiges Studium beginnen, haben oft höhere Erfolgschancen als AHS-Absolventen. Das zeigt sich stark in ingenieurwissenschaftlichen Studien, aber auch in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und selbst in Medizin. Studenten, die mit einer Berufsreife- oder Studienberechtigungsprüfung an die Uni gekommen sind, haben dagegen deutlich geringere Erfolgsquoten.

Große Unterschiede gibt es auch zwischen jenen, die im Winter- oder Sommersemester zu studieren beginnen: Letztere haben deutlich höhere Abbruchquoten. Sie seien beim Studienbeginn meist älter und kämen oft über den zweiten Bildungsweg an die Uni, erklären sich die Studienautoren dieses Phänomen.

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