Kaum Frauen als Chefinnen in Großunternehmen

Die Chefetagen der börsennotierten Unternehmen in Österreich sind nach wie vor eine Männerdomäne. Viel verändert hat sich an dieser Tatsache im letzten Jahr nicht. Die ab 2018 geltende Frauenquote würden derzeit die wenigsten Firmen erfüllen.

Derzeit finden sich unter 196 Vorstandsmitgliedern elf Frauen - immerhin um zwei mehr als vor einem Jahr. In Aufsichtsräten ist der Frauenanteil dagegen sogar leicht gesunken. Nur in 14 Prozent der 63 im Wiener Börse Index (WBI) notierten Unternehmen fand sich (mit Stichtag 31. Juli) überhaupt ein weibliches Vorstandsmitglied, geht aus einer Analyse des Beratungsunternehmens EY (vormals Ernst & Young) vom Dienstag hervor.

Grafik zeigt Zahl der Männer und Frauen in Vorständen börsennotierter Unternehmen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/EY

Mehr als eine Frau im Vorstand gibt es - wie schon im Vorjahr auch - nur in zwei Firmen, nämlich der Vienna Insurance Group und Atrium European Real Estate, der Nachfolgefirma von Meinl European Land. „Immer noch schaffen es zu wenige Frauen bis in die obersten Entscheidungsgremien von Österreichs Topunternehmen. Wenn der Anstieg weiter in diesem Tempo fortschreitet, braucht es noch 50 Jahre bis zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Männern und Frauen in den Vorstandsetagen“, kommentierte Elfriede Baumann, Partnerin bei EY Österreich, die Untersuchung.

Die meisten Chefinnen in Autobranche

Am höchsten sei der Frauenanteil in den Chefetagen der Automobilbranche mit 14 Prozent, gefolgt von der IT-Branche (elf Prozent) und der Finanzbranche (neun Prozent). In drei Branchen gebe es nach wie vor keine einzige Frau im Vorstand: Energie, Telekommunikation sowie Transport & Logistik.

Im Jahresvergleich erhöhte sich der Frauenanteil leicht von 4,7 auf 5,6 Prozent, über 94 Prozent der Vorstandsposten werden also noch von Männern bekleidet. „Es ist grundsätzlich positiv, dass sich der Frauenanteil in den Chefetagen leicht erhöht. Im Großen und Ganzen sind das aber nur zaghafte Schritte“, so Baumann. Trotzdem sei ein Mentalitätswandel in der österreichischen Wirtschaft zu beobachten. Viele Unternehmen hätten erkannt, dass gemischte Führungsteams erfolgreicher sind, und achteten bei Neueinstellungen auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen.

Weit weg von erfüllter Frauenquote

Rückgänge gab es hingegen in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen Österreichs, dort sitzen aktuell weniger Frauen als im Vorjahr. Ihr Anteil ist leicht von 17,7 auf 17,4 Prozent gesunken, von 593 Aufsichtsräten sind aktuell 103 Frauen. Fast jeder dritte Aufsichtsrat setze sich immer noch ausschließlich aus Männern zusammen. „Nur jedes fünfte Unternehmen würde derzeit die ab 2018 geltende Frauenquote im Aufsichtsrat erfüllen“, so Baumann.

VIG-Generaldirektorin Elisabeth Stadler

APA/Herbert Pfarrhofer

Elisabeth Stadler steht seit 2016 als CEO an der Spitze der VIG

Die Mehrheit der von der Quote betroffenen börsennotierten Unternehmen hat demnach deutlichen Aufholbedarf: Gerade einmal neun von 48 Unternehmen hätten aktuell mehr als 30 Prozent Frauen in ihrem Aufsichtsrat. Bereits erfüllt ist die Aufsichtsratsquote bei Erste Bank, Oberbank, Post, Schlumberger, Semperit, Valneva, Vienna Insurance Group, Wienerberger und Wolford.

Drei Vorstandschefinnen

Immerhin einige der insgesamt elf Frauen in Vorstandsetagen leiten das Unternehmen als CEO: Margarete Schramböck ist seit Mai 2016 CEO von A1, Herta Stockbauer bei der BKS Bank, Karin Trimmel beim Kräuterlikörhersteller Gurktaler und Elisabeth Stadler bei der Vienna Insurance Group (VIG). Vier Frauen verantworten eine Zentralfunktion im Vorstand ihres Unternehmens, drei stehen dem Finanzressort vor, etwa Sonja Wallner bei A1, ein weibliches Vorstandsmitglied ist Chief Sales Officer.

Die Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten börsennotierter Konzerne und Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gilt nur für Aufsichtsräte mit mindestens sechs Mitgliedern und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen.

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