Unverständnis und Freude in den Ländern

Von Freude bei den SPÖ-Vertretern bis Unverständnis in den Reihen der ÖVP reichen die Reaktionen aus den Bundesländern über das Aus für die Regierung Kurz durch den Misstrauensantrag im Nationalrat.

Er könne sich nicht vorstellen, dass die Bevölkerung so eine Entscheidung im Parlament goutiere, sagte etwa der Tiroler ÖVP-Obmann und Landeshauptmann Günther Platter. Am Montag habe das Parlament entschieden, aber im September werde wieder die Bevölkerung entscheiden. Dass Kurz nun abgewählt werde, „das versteht man in ganz Europa nicht“, so Platter, der die Entscheidung selber „unfassbar“ findet.

Ganz anders, nämlich als „Sternstunde des Parlamentarismus“, sieht Tiroler SPÖ-Obmann Georg Dornauer die Ereignisse: 31 Prozent der Stimmen bei der letzten Nationalratswahl würden Sebastian Kurz nicht zu einer VP-Alleinregierung legitimieren, so Dornauer in einer Aussendung. Das österreichische Parlament habe verhindert, dass sich jemand zum Alleinherrscher über dieses Land aufschwingt - mehr dazu in tirol.ORF.at.

Haslauer sieht „Hass“-Reaktion

Harte Worte kommen auch aus Salzburg: Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) kritisierte, dass der Schaden durch das Regierungs-Aus bewusst in Kauf genommen werden würde. Er sieht Hass, Verrat und Missgunst der anderen Parteien. Es werde bewusst ein Jahr Stillstand in Kauf genommen, der sich auch in den Bundesländern „katastrophal“ auswirken werde, so Haslauer.

Salzburgs SPÖ-Landesparteichef Walter Steidl ist hingegen erfreut. Die Regierung unter Kurz habe sich in eine Krise hineinmanövriert, das Krisenmanagement sei nicht das Richtige gewesen, daher habe er auf parlamentarischer Ebene das Vertrauen verloren - mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Kritik aus der Steiermark

In der Steiermark zeigte ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer vor allem in Richtung der SPÖ Unverständnis. Die SPÖ habe nicht begriffen, dass Kurz beliebt sei, es sei möglicherweise ein Phyrrhussieg für die Partei. Für die steirische Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl, die auch ÖVP-Bundesparteiobmann-Stellvertreterin ist, hat die Bundes-SPÖ den Weg der konstruktiven Politik verlassen - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

In der SPÖ sind unterdessen nicht alle mit der Entscheidung und der Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner glücklich. „Das ist ein Problem - es gibt nicht sehr wenige, die fordern, dass Hans Peter Doskozil Spitzenkandidat wird“, sagt etwa der Leobener Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ), aber „dann würde er in Konkurrenz stehen zu Kurz und zur FPÖ, da ist der Ausgang offen“ - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

OÖ: ÖVP und FPÖ pochen auf Zusammenarbeit

In Oberösterreich bekräftigten ÖVP und FPÖ ihre Zusammenarbeit auf Landesebene: Der Fokus liege auf stabilem Kurs, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Man müsse alles daransetzen, dass die Regierungskrise in Wien bleibe, so Stelzer in einer ersten Reaktion. Er sei sich sicher: „Die Menschen wollen das nicht und sie halten nichts davon.“ Er sicherte Kurz „volle Unterstützung“ in den kommenden Wochen zu.

Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) pochte ebenfalls auf die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“. In Oberösterreich sei das Vertrauen der beiden Parteien ineinander intakt. Die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit seien „nicht partei- und machtpolitischer Natur, sondern beschränken sich darauf, dass man der FPÖ mit Anstand und Respekt begegnet“ - mehr dazu in ooe.ORF.at.

„Freies Spiel der Kräfte“

Ein "freies Spiel der Kräfte im Parlament“ sieht Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Misstrauensantrag. Über das gemeinsame Vorgehen mit den Freiheitlichen meinte er, dass es nichts mit einer Koalition zu tun habe, wenn Anträge von unterschiedlichen Parteien beschlossen werden. „Es geht immer darum, dass man eine Mehrheit im Parlament benötigt, und das gilt auch bei einer Vertrauensfrage.“

Das Ergebnis, die Auflösung der Regierung, habe sich niemand gewünscht, sagte der designierte Wiener Landesparteiobmann der FPÖ, Dominik Nepp. Er wirft Kurz einen „Machtrausch“ vor und bezeichnet das Verhältnis zur Wiener ÖVP als unterkühlt. Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel will die Zeit nutzen, um die Wienerinnen und Wiener künftig von der neuen Volkspartei zu überzeugen - mehr dazu in wien.ORF.at.

Wallner vermutet Rache

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kann den rot-blauen Schachzug nicht nachvollziehen und vermutet ebenfalls Rache bzw. reine Parteitaktik: „Was mich dabei am meisten stört, ist, dass Parteiinteresse über das Staatsinteresse gestellt wird.“

Dass die FPÖ dem Misstrauensantrag der SPÖ zugestimmt hat, hat laut FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi nichts mit Rache zu tun; und schon gar nicht mit einem Anbiedern an die Sozialdemokraten für eine mögliche Rot-blaue-Koalition. Für SPÖ-Landesparteiobmann Martin Staudinger sei es jetzt vor allem wichtig, dass sich alle Parteien zusammensetzen, um zu überlegen, wie eine funktionierende Übergangsregierung aussehen könnte - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Mikl-Leitner: „Schwerer Tag für Republik“

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von „schweren Momenten für die Republik“. Dass erstmals in der Geschichte SPÖ und FPÖ einem amtierenden Bundeskanzler das Misstrauen ausgesprochen haben, sei „gegen den Willen der Bevölkerung und gegen die mahnenden Worte des Bundespräsidenten“.

Die SPÖ habe mit diesem Schritt, „das Vernünftigste, ja Unumgängliche“ getan, so der Landesparteivorsitzende der SPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl in einer Aussendung. Das Misstrauensvotum sei auch keine Krise, sondern „ganz klar ein parlamentarischer Vorgang, den die Nationalratswahlordnung vorsieht, und das ist auch gut so“.

Nicht erfreut über das Ende der Regierung ist FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer. Kurz habe „ohne Not“ einen freiheitlichen Innenminister absetzen lassen. Das könne sich die Partei nicht gefallen lassen. „In Wahrheit hat er die Regierung zerstört und muss auch jetzt mit den Konsequenzen leben“ - mehr dazu in noe.ORF.at.

Tschürtz: „Vollkommen in Ordnung“

Für den burgenländischen FPÖ-Chef Johann Tschürtz geht der Misstrauensantrag „vollkommen in Ordnung“, wie er am Montag sagte. „Man muss sich vorstellen, dass der Bundeskanzler den Innenminister (Herbert Kickl, FPÖ; Anm.) der Republik Österreich ohne einen Grund entlassen hat, also da ist das Vertrauen ja massiv geschädigt.“ Von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) gab es Montagnachmittag keine Stellungnahme zur Absetzung der Regierung Kurz - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

ÖVP-Parteiobmann Thomas Steiner hatte vor der Entscheidung gesagt, für ihn sei der Misstrauensantrag nicht nachvollziehbar: "Im September, da bin ich wirklich überzeugt, werden die Menschen ein noch stärkeres Zeichen für Sebastian Kurz setzen, indem sie ein ganz, ganz starkes Ergebnis für die Volkspartei und Sebastian Kurz wählen werden“ - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Kaiser: Lassen uns nicht verbiegen

Vor der Entscheidung am Montagnachmittag hatte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser noch gesagt, es gehe in der Sache um Stolz, und man lasse sich nicht verbiegen. „Es gibt auch so etwas wie eine Selbstachtung zu dem, was man inhaltlich will“ - mehr dazu in kaernten.ORF.at.