Schülerin mit Taschenrechner und Stift in einem Klassenzimmer
ORF.at/Wolfgang Rieder
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Bildung

Mehr Schulabbrecher als in offiziellen Zahlen

Die Zahl der Bildungsabbrecher ist in Österreich wesentlich größer als in offiziellen EU-Zahlen ausgewiesen. Statt bei rund sieben liegt sie bei knapp 13 Prozent, heißt es vom Institut für Höhere Studien (IHS). Sie liegt etwa in Niederösterreich und im Burgenland bei knapp fünf, in Wien teilweise über 20 Prozent.

Laut EU-Ziel soll die Zahl der frühen Bildungsabbrecher (18- bis 24-Jährige, die sich nicht mehr in Ausbildung befinden und höchstens einen Pflichtschulabschluss haben) zehn Prozent nicht überschreiten. In Österreich liegt diese Zahl derzeit offiziell bei 7,4 Prozent. „Wir haben aber viel bessere und genauere Daten“, so IHS-Bildungsforscher Mario Steiner.

Starke Schwankungen je nach politischem Bezirk

Die offiziellen Zahlen seien nicht falsch. Sie beruhten aber auf dem Mikrozensus, für den ein Prozent der Österreicher befragt wird. „Wir haben aber schon Verwaltungsdaten des bildungsbezogenen Erwerbskarrierenmonitorings, in denen 100 Prozent erfasst sind. Das vermeidet die Schwankungsbreite einer Stichprobe und eliminiert die Möglichkeit sozial erwünschter Antworten“, so Steiner.

Außerdem könne man in diese Daten „hineinzoomen“: Die Abbrecherquote schwankt je nach politischem Bezirk stark und liegt etwa in den niederösterreichischen Gemeinden Zwettl, Rohrbach, Scheibbs, im Osttiroler Lienz, Murau in der Steiermark und Oberpullendorf im Burgenland nur knapp über fünf Prozent. Umgekehrt kommen die fünf Wiener Bezirke Favoriten, Brigittenau, Meidling, Simmering und Hernals auf Werte um die 20 Prozent bzw. darüber, auch Baden in Niederösterreich und Linz-Stadt liegen nur knapp unter 20 Prozent, heißt es im aktuellen „Policy Brief“ des IHS. Wenig überraschend sind im Ausland geborene Personen stärker vom Bildungsabbruch betroffen als in Österreich geborene.

Integration funktioniert in der Stadt besser

Zu einem überraschenden Ergebnis kommt man, wenn man die Bildungsintegration der Migranten und Migrantinnen in den einzelnen politischen Bezirken betrachtet: Hier zeigt sich, dass städtische Bezirke tendenziell besser abschneiden. Am geringsten ist für Migranten und Migrantinnen die Gefahr des Bildungsabbruchs in zehn Wiener Bezirken sowie in Graz und Klagenfurt (zwischen 20 und 30 Prozent), am höchsten dagegen in Urfahr-Umgebung (Oberösterreich) und Baden mit Werten über 60 Prozent, knapp gefolgt von Neusiedl am See im Burgenland, Deutschlandsberg in der Steiermark und Schärding in Oberösterreich mit je knapp unter 60 Prozent.

„In diesen Bezirken schafft gerade rund einer von drei Migranten einen über die Pflichtschule hinausgehenden Abschluss“, so Steiner. „Die Integration funktioniert in der Stadt besser als am Land.“ In der Stadt laufe diese vor allem über das Angebot diverser Maßnahmen: „Das können die Migranten annehmen. Am Land ist das schwerer – dort gibt es das vielleicht auch, aber erst in der nächsten Bezirkshauptstadt.“

Viele Faktoren spielen mit

Auch andere Faktoren wie die Zusammensetzung von Klassen haben Einfluss auf den Bildungsabbruch: „Je mehr segregiert wird, desto höher ist der Anteil früher Bildungsabbrecher“, sagte Steiner. Zum Teil würden Direktoren etwa die österreichischen Kinder in einer Klasse zusammenfassen, die Migranten in der anderen. Auch die verbreitete Halbtagsschule führe zu Segregation in jene Schüler, deren Bildungserfolg durch mitlernende Eltern oder zugekaufte Nachhilfe unterstützt werde, und den Rest.