Steven Scharf  mit dem Wiener Theaterpreis „Nestroy“
APA/Hans Punz
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Kultur

Nestroy an Steffi Krautz und Steven Scharf

Im Theater an der Wien haben am Sonntagabend Steffi Krautz und Steven Scharf den Nestroy als beste Darstellerin und bester Darsteller entgegengenommen. Zwei der insgesamt 13 Preisträger standen bereits im Vorfeld fest, darunter die deutsche Regisseurin Andrea Breth, die bei der 20. Nestroy-Gala für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde.

Auch die Wahlschweizerin Sibylle Berg stand bereits als Nestroy-Preisträgerin fest. Sie erhielt den Autorenpreis für ihr bei den Wiener Festwochen uraufgeführtes Stück „Hass-Triptychon – Wege aus der Krise“. Die als beste Darstellerin ausgezeichnete Krautz setzte sich indes gegen starke Konkurrentinnen wie die vielfach prämierte Neo-Buhlschaft Caroline Peters sowie gegen Anna Drexler, Maja Schöne und Andrea Wenzl durch. Den Nestroy erhielt sie für die von ihr im Volkstheater gespielte Blanche DuBois in „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams.

Scharf setzte sich gegen Benny Claessens, Lukas Holzhausen, Jörg Pohl und Johannes Silberschneider durch. Er überzeugte die Jury als Lucas in „Medea“ von Simon Stone nach Euripides (Burgtheater) und als Franz in „Woyzeck“ von Georg Büchner (Koproduktion Burgtheater, Schauspielhaus Bochum, Akademietheater).

„Ich freu mich tierisch“

„In einer Zeitung stand ja zu lesen, sie ist zu alt und zu wenig attraktiv für diese Rolle. Ich freue mich wahnsinnig, dass die Jury darüber hinwegsehen konnte“, meinte Krautz in ihrer Dankesrede. „Ich freu mich tierisch“, sagte auch Scharf.

Steffi Krautz mit dem Wiener Theaterpreis „Nestroy“
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Krautz wurde als beste Darstellerin ausgezeichnet

Zur besten Aufführung im deutschsprachigen Raum wurde „Dionysos Stadt“ der Münchner Kammerspiele gekürt. Christopher Rüpings zehnstündiger Antikenabend war bereits zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Es sei zunächst ein sehr teures Experiment mit ungewissem Ausgang gewesen, sagte Rüping. Solche Experimente seien aber der Kern des Theaters.

Der niederländische Regisseur Johan Simons wurde für die bereits erwähnte „Woyzeck“-Inszenierung mit dem Regiepreis ausgezeichnet. „Mein Gott! Das habe ich überhaupt nicht erwartet. Das ist mein zweiter Nestroy. Mein Gott, ist das gut!“, zeigte sich der Bochumer Theaterleiter begeistert.

Johan Simons mit dem Wiener Theaterpreis „Nestroy“
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Der Regiepreis ging an Johan Simons

Nachwuchspreise an Anna Rieser und Moritz Beichl

Der in einer Onlineabstimmung entschiedene, zum zehnten Mal vergebene Nestroy-ORF-III-Publikumspreis wurde nicht an Preisträger Thomas Frank vom Volkstheater, sondern an seinen Ensemblekollegen Jan Thümer überreicht. Frank spiele just an diesem Abend in Prag die Volkstheater-Produktion „König Ottokar“, entschuldigte Thümer den Preisträger.

Bester weiblicher Nachwuchs wurde die 1989 geborene Salzburgerin Anna Rieser für ihre Darstellung der Grace in „Dogville“ von Lars von Trier im Landestheater Linz. Beim männlichen Nachwuchs wurde der 1992 geborene Wiener Regisseur Moritz Beichl für seine Inszenierung des Romans „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ von Paulus Hochgatterer am Landestheater Niederösterreich ausgezeichnet.

Den Autorenpreis nahm Berg für „Hass-Triptychon – Wege aus der Krise“ entgegen, das als Koproduktion der Wiener Festwochen und des Maxim Gorki Theaters Berlin lediglich zweimal in Wien zu sehen war. Als beste Nebendarstellerin wurde Evi Kehrstephan als Anna in „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch im Volkstheater ausgezeichnet.

Schauspielhaus Graz mit bester Bundesländeraufführung

Die beste Bundesländeraufführung kommt aus dem Schauspielhaus Graz. Dem Regisseur Jan-Christoph Gockel, der für „Der Auftrag: Dantons Tod“ bereits 2017 den Bundesländerpreis geholt hatte, gelang das auch mit dem u. a. fünf Wochen in Burkina Faso recherchierten und erarbeiteten Fortsetzungsprojekt „Die Revolution frisst ihre Kinder!“ Gockel nahm den Preis im Kreise seines Teams entgegen, bedankte sich für die Ermöglichung der außergewöhnlichen Bedingungen dieser Produktion und bei den Menschen in Burkina Faso für ihre Beispiele demokratischen Handelns.

Die erste Auszeichnung des Abends durfte der deutsche Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt entgegennehmen. Der Spezialpreis ging an „3 Episodes of Life“ des schwedischen Künstlers Markus Öhrn, eine dreiteilige internationale Koproduktion über das „#MeToo“-Thema, die bei den Wiener Festwochen im Studio Moliere uraufgeführt wurde. Der Preis für die beste Off-Produktion ging an die mehrteilige Theater-Sitcom „The Bruno Kreisky Lookalike“ der Gruppe Toxic Dreams unter der Regie von Yosi Wanunu.

Drei Preise für Burg-, Volkstheater und Wiener Festwochen

„Woyzeck“ setzte sich im Rennen der Favoriten mit zwei Preisen gegen den Mitfavoriten „Liliom“ durch. Die von Kornel Mundruczo inszenierte Produktion der Salzburger Festspiele war fünfmal nominiert gewesen und ging am Ende leer aus.

Im Übrigen fiel jedoch der Preisregen im 20. Jahr der Nestroy-Verleihungen so gleichmäßig aus wie selten zuvor: Über drei Auszeichnungen (inklusive Publikumspreis) durfte sich das Volkstheater freuen, je zwei Auszeichnungen gingen an das Burgtheater und – rechnet man auch den Preis für das beste Stück hinzu – die Wiener Festwochen.

Je ein Nestroy ging an das Landestheater Linz, das Landestheater Niederösterreich, das Schauspielhaus Graz, die Gruppe Toxic Dreams und die Kammerspiele München, einen Preis (den für die beste Ausstattung) teilten sich das Wiener Theater in der Josefstadt und die Salzburger Festspiele.