Leerer Schanigarten in der Coronakrise
ORF.at/Georg Hummer
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Wirtschaft

Zwiespältige Bilanz nach Gastroöffnung

Eine Woche nach der Wiederöffnung der Gastronomie ist die erste Zwischenbilanz eine durchwachsene. Vor allem in großen Städten tun sich Restaurants und Kaffeehäuser schwer. Tourismus und Kulturbetrieb fehlen, zudem wird das Mittagsgeschäft durch das Homeoffice beeinträchtigt.

Gerade in der Bundeshauptstadt Wien kommen all diese Komponenten besonders zusammen. Peter Dobcak, Gastronomieobmann der Wirtschaftskammer Wien, fasst die erste Gastrowoche in einem Wort zusammen: „Ernüchternd. Aus verschiedenen Gründen: Das ‚Social Distancing‘ und das gemeinsame Bemühen, keine zweite Welle aufkommen zu lassen, ist in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Das ist deutlich zu bemerken“, sagte Dobcak am Freitag zur APA. Zudem sei die wirtschaftliche Situation für sehr viele Menschen schwierig, und einige hätten sich wohl auch daran gewöhnt, dass man „vielleicht auch daheim gut kochen kann“.

In Wien leidet vor allem der erste Bezirk. „Die Innenstadt ist im Verhältnis zu vor einem Jahr faktisch noch immer tot. Aus zwei Gründen: weil die Touristen fehlen und viele Unternehmen radikal auf Homeoffice umgestellt haben und das auch in großem Ausmaß beibehalten wollen“, so Dobcak. Daher müsse sich die gesamte Mittagsgastronomie umstellen und mehr Konzentration auf Lieferservice legen. Weiters falle die Nachtgastronomie noch komplett aus. Einige Lokale haben deswegen entweder wieder geschlossen oder eben noch nicht offen. So hat etwa das Cafe Museum in der Operngasse wieder zugesperrt.

Sperrstunde schmerzhaft

Im Traditionscafe Rüdigerhof im fünften Wiener Bezirk ist Geschäftsführer Mentor Halper zufrieden. „Momentan habe ich ein sehr gutes Gefühl, ich glaube, es geht in die richtige Richtung“, so Halper und fügt hinzu, „die Leute freuen sich dermaßen, aber was ich auch beobachtet habe, ist, dass sich die Menschen sehr an die Abstände halten.“ So setzen sich viele, wenn auch gar nicht vorgeschrieben, auch beim Gang auf das WC den Mund-Nasen-Schutz auf.

Seinen aktuellen Umsatz beziffert er zwischen 50 und 60 Prozent vom Normalgeschäft, aber ihn schmerzt die Sperrstunde 23.00 Uhr. Diese wird aber gut akzeptiert. „Im Großen und Ganzen bin ich mit der Sperrstunde zufrieden, ich hätte es viel schlimmer erwartet.“ Aufgefallen sind ihm weniger verkaufte Mittagsmenüs, und natürlich fehlen dem Gastronomen größere Gruppen. „Das fehlt uns extrem“, denkt er etwa an größere Geburtstagsfeiern.

Gäste großteils diszipliniert

In der Landgastwirtschaft Floh in Langenlebarn (NÖ) läuft das Geschäft bisher zur Zufriedenheit von Besitzer und Haubenkoch Josef Floh. „Grundsätzlich dürfen wir uns nicht beschweren, wir sind eigentlich sehr zufrieden. Unter den gegebenen Umständen funktioniert es ganz gut“, erklärte der 48-Jährige am Freitag auf APA-Anfrage. Die Maßnahmen würden sehr genau angewandt, und die Gäste seien zu 99 Prozent auch sehr diszipliniert. „Sie haben das eh schon verinnerlicht.“

„Zwischen 70 und 80 Prozent“ des normalen Umsatzes hat das Restaurant erreicht, und Floh weiß, dass er damit aktuell sehr gut bedient ist. „Ich weiß von anderen Betrieben, speziell in Wien, da ist es schwierig. Ich glaube, dass es am Land ein bisserl einfacher ist. Wir haben halt ‚0,003 Prozent‘ Touristenanteil, das kommt uns jetzt zugute. Betriebe, die einen höheren Anteil haben, leiden sicher darunter.“

„Angstmacherei ist größter Feind“

Wie sich die Gäste fühlen, ist aber eine andere Sache. „Insgesamt hat die Regierung das ja jetzt lange Zeit gut gemacht, diese Angst geschürt“, sagt Floh und meint das ironisch. „Diese Lebensfreude ist einfach generell bei den Menschen noch nicht da.“ Vor Kurzem sei er befragt worden, was er sich von der Regierung wünsche. „Ich wünsche mir kein Geld, keine Förderung – das klingt frech –, aber das Einzige, was ich mir wünsche, ist, positive Energie und Optimismus auszustrahlen.“

Die Leute seien alle verängstigt und unsicher. „Was zwei Monate in unsere Köpfe reingetrichtert worden ist, geht nicht von heute auf morgen weg. Das ist das Schlimmste an der ganzen Situation. Wir versuchen mit positiver Energie, die Leute fröhlich zu stimmen, das ist unsere wichtigste Aufgabe im Moment“, so Floh. „Diese Angstmacherei ist unser größter Feind in der Gastronomie.“