Mit dem regelmäßigen Monitoring will das Bildungsministerium einen Überblick über die Infektionslage erhalten. Für die repräsentative Studie an 243 Schulen in Österreich, die von den Universitäten Wien und Linz sowie den Medizinischen Universitäten Graz und Innsbruck durchgeführt wird, wurden Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonal der Primar- und Sekundarstufe I zufällig für die – freiwillige – Teilnahme ausgewählt. Im Laufe des Schuljahres werden sie alle drei bis fünf Wochen an zehn verschiedenen Zeitpunkten mittels Gurgeltest untersucht.
Im ersten Untersuchungszeitraum (28.9. bis 22.10.) wurden insgesamt 10.464 Personen getestet, jeweils rund die Hälfte davon von einer Volksschule (49,7 Prozent) bzw. einer Mittelschule/AHS-Unterstufe (50,3 Prozent). 10.156 Proben konnten ausgewertet werden, 40 davon waren positiv. Das entspricht einer Gesamtprävalenz von 0,39 Prozent, mit einer Schwankungsbreite (95 Prozent Konfidenzintervall) von 0,28 bis 0,55 Prozent.
„Zum ersten Mal Daten über die Dunkelziffer“
„Wir haben damit zum ersten Mal Daten über die Dunkelziffer von Infektionen an Schulen“, sagte der wissenschaftliche Koordinator der Studie, der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien, gegenüber der APA. Bei den positiv Getesteten handelt es sich um Personen, die keine offensichtlichen Symptome hatten. Zu ihrer Zahl würden noch jene Kinder und Lehrer kommen, die bereits anderweitig positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden oder aufgrund von Symptomen einer noch nicht diagnostizierten Infektion an den Testtagen nicht in der Schule waren.

Die Gesamtprävalenz lässt sich aber nur sehr schwer in einen Kontext setzen; Wagner warnte davor, „Äpfel mit Birnen zu vergleichen“. So könnte man etwa versucht sein, die nun erhobene Prävalenz an den Schulen mit dem Anteil der im gleichen Zeitraum akut Infizierten an der Gesamtbevölkerung zu vergleichen, der sicher niedriger sei. „Aber das ist nicht plausibel, weil diese Zahl ja nicht die Dunkelziffer in der Gesamtbevölkerung beinhaltet und niemand ganz Österreich getestet hat“, so Wagner.
Auch der Vergleich mit der Positivitätsrate unter den durchgeführten Tests hinke, „weil zu den Teststraßen ja primär Leute mit Symptomen gehen oder K1-Personen“. Die Prävalenz von 0,39 Prozent könne auch nicht mit den kürzlich präsentierten Ergebnissen des Gurgeltests an Wiener Schulen verglichen werden, da dabei nur Verdachtsfälle überprüft wurden.
Jüngere Kinder nicht seltener infiziert
Keine statistisch signifikanten Unterschiede zeigten sich zwischen Volksschulen (Prävalenz: 0,38 Prozent) und Mittelschulen/AHS Unterstufe (0,41 Prozent) sowie zwischen Schülern (0,37 Prozent) und Lehrern (0,57 Prozent). Das oft gehörte Argument, dass jüngere Kinder weniger Infektionen haben als ältere, würden die Testergebnissen nicht stützen, sagte der Mikrobiologe. Oberstufenschüler werden in dieser Studie nicht getestet.
Höheres Risiko bei sozial Benachteiligten
Unterschiede in der Prävalenz zeigten sich dagegen zwischen Schulen mit unterschiedlichem Index sozialer Benachteiligung. An Schulen mit vielen Kindern aus sozial benachteiligten Familien war das Risiko, infiziert zu sein, 3,6-mal (Odds-Ratio) höher als an Schulen mit wenigen Kinder mit diesem familiären Hintergrund. Dieser Unterschied bleibe auch bei Berücksichtigung der durchschnittlichen Klassengröße, der Bevölkerungsdichte im Einzugsgebiet der Schule und dem Bundesland bestehen, so Wagner.
Ob an Schulen Infektionscluster zu beobachten seien, könne man aufgrund des Studiendesigns nicht sagen, betonte der Wissenschaftler. Sehr wohl habe aber die lokale Inzidenz einen signifikanten Einfluss auf das Geschehen an der Schule: Wie zu erwarten gab es in Orten mit vielen Infektionen auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für positive Tests an den Schulen – „was dabei was treibt, also das Infektionsgeschehen im Ort jenes an der Schule oder umgekehrt, wissen wir aber nicht“.
Dunkelzifferstudie mit Erwachsenen
Da es einen Konnex mit der lokalen Inzidenz gibt, sei zu erwarten, dass die Zahlen in der zweiten, derzeit laufenden Testrunde auch an den Schulen in die Höhe gehen. Wissenschaftlich interessant ist für Wagner, dass gleichzeitig die – ebenfalls vom Bildungsministerium in Auftrag gegebene – Prävalenzstudie der Statistik Austria an zufällig ausgewählten Erwachsenen läuft. „Mit den Ergebnissen beider Erhebungen wird es dann faktenbasiert möglich sein zu sagen, ob man an der Schule weniger, gleich viel oder mehr Infektionen hat als in der Gesamtbevölkerung.“
Mit der Studie würde man der Politik auch Fakten für die Diskussion über Schulschließungen liefern. „Das tun aber auch Psychologen, Soziologen, Wirtschaftsforscher etc., und es ist dann die nicht beneidenswerte Aufgabe der Politik, das zu integrieren und evidenzbasiert zu entscheiden“, so Wagner.
Faßmann hofft auf „Versachlichung“
ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann erhoffte sich von den ersten Ergebnisse des Schulmonitorings einen „wesentlichen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion“. Nur mit entsprechender Datengrundlage könne in den nächsten Monaten ein möglichst sicherer Schulbetrieb funktionieren, so der Minister in einem der APA übermittelten Statement.