Abgepacktes Schweinefleisch aus einem Supermarkt
ORF.at/Roland Winkler
ORF.at/Roland Winkler
Wirtschaft

NGOs: Kaum Tierwohl bei Schweinefleisch

In 90 Prozent des österreichischen Schweinefleischs stecken kein Tierwohl und kein Umweltschutz wie Zugang zu Auslauf oder gentechnikfreie Fütterung. Zu diesem Ergebnis kommen ein Marktcheck und Einkaufsratgeber der Umweltschutzorganisation Greenpeace und Tierschutzombudsstelle Wien (TOW).

Die Organisationen bewerteten gängige Marken und Gütezeichen für Schweinefleisch nach zwölf Tierschutz- und Umweltkriterien. Das Ergebnis: 90 Prozent erfüllen keines der Kriterien. „Zwar ist auch Biofleisch und Fleisch aus konventionellen Tierwohlprojekten inzwischen in den meisten Supermärkten erhältlich, allerdings handelt es sich dabei nur um eine Minderheit in den Regalen“, hieß es in einer Aussendung.

Auf den ersten Blick nicht zu erkennen

Greenpeace und TOW erstellten – in Kooperation mit dem Verband österreichischer Tierschutzorganisationen pro-tier, dem Verein Gegen Tierfabriken (VGT) und Vier Pfoten – einen Einkaufsratgeber, der die Verbraucher über Missstände aufklären soll. „Leider steckt im Großteil des österreichischen Schweinefleischs kein Tierwohl und Umweltschutz. Konsumentinnen und Konsumenten können das jedoch auf den ersten Blick nicht erkennen, denn in der Werbung oder auf den Produkten selbst wird gerne suggeriert, dass es sich um besonders tierfreundliche oder nachhaltige Ware handelt“, sagten die TOW-Leiterin Eva Persy und der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei.

Auch AMA-Gütesiegel fällt durch

Insgesamt wurden 26 gängige Siegel und Gütezeichen für Schweinefleisch im Supermarkt unter die Lupe genommen. So wurde etwa überprüft, ob das jeweilige Gütezeichen garantiert, dass Schweinen das Ringelschwänzchen nicht abgeschnitten wird, dass die Tiere ohne Gentechnikfuttermittel gefüttert werden oder Vollspaltenböden verboten sind.

Mehrere Schweine in Stall
ORF
90 Prozent des Schweinefleischs erfüllen keine Tierschutz- und Umweltkriterien

Konventionelles Schweinefleisch, auch jenes mit dem rot-weiß-roten AMA-Gütesiegel, erfüllte keines der zwölf Kriterien. Die konventionellen Tierwohlprojekte der österreichischen Supermärkte erfüllten acht bis neun der Kriterien, Biomarken zehn bis zwölf. Der Marktanteil von Bioschweinefleisch liegt allerdings nur bei rund zwei Prozent.

Appell zu weniger Fleischkonsum

Greenpeace und die TOW empfahlen Konsumenten, seltener zu Fleisch zu greifen und öfter Gemüse, Hülsenfrüchte und Co. zu essen. „Das ist auch besser für die eigene Gesundheit: Menschen in Österreich essen durchschnittlich dreimal soviel Fleisch wie empfohlen. Wer Schweinefleisch kauft, sollte sich möglichst an den neuen Einkaufsratgeber halten und dementsprechend zu Biofleisch oder zu Fleisch aus den Tierwohlprojekten der Supermärkte greifen“, so Theissing-Matei. Damit allen Schweinen in Österreich ein besseres Leben ermöglicht wird, sollte die Politik die Haltungsbedingungen für Schweine verbessern.

Schweinebauern: Halten Vorschriften ein

„NGOs sehen naturgemäß das notwendige Niveau an Tierwohl und Umwelt anders als unsere Bäuerinnen und Bauern, die jeden Tag mit Tier und Umwelt arbeiten und davon auch leben müssen“, hieß es in einer Stellungnahme des Verbands Österreichischer Schweinebauern (VÖS) gegenüber ORF.at. Die Betriebe würden nach dem vorgegebenen Rechtsrahmen wirtschaften, so der VÖS mit Verweis auf das Tierschutzgesetz, die Schweinegesundheitsverordnung und das Emissionsschutzgesetz. Die Einhaltung dieser Anforderungen werde von den Behörden ständig kontrolliert.

Die Kriterien im Einkaufsratgeber von Greenpeace und TOW sind laut VÖS mit deutlichen Mehrkosten verbunden und werden deshalb nur zu einem kleinen Anteil von den Konsumenten und Konsumentinnen angenommen. „Würden alle Kriterien in Österreich umgesetzt, könnten nur wenige Betriebe marktkonform wirtschaften, und der restliche Bedarf an Schweinefleisch müsste aus dem Ausland (wo meist geringere Standards gelten) gedeckt werden.“ Außerdem seien Schweinebäuerinnen und Schweinebauern heuer mit einem rasanten Preisverfall durch Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie und die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Europa konfrontiert, so der VÖS.

Die Leiterin der Schweinezucht Genossenschaft Pig Austria, Christina Pfeiffer, wies darauf hin, ihr Schweinezuchtprogramm im Februar „massiv in Richtung mehr Tierwohl“ umgestellt zu haben. Ihr Zuchtziel sei „im internationalen Vergleich sehr stark auf die Verbesserung des Wohlergehens von Sau und Ferkel ausgelegt“.