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APA/dpa-Zentralbild
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Wirtschaft

So wenige Firmenpleiten wie vor 30 Jahren

Trotz CoV-bedingter Wirtschaftskrise gibt es mit rund 3.000 heuer so wenige Firmenpleiten wie vor 30 Jahren. Mit Staatshilfen künstlich am Leben erhaltene Firmen könnten aber durch Dumpingpreise auch bisher gesunde Unternehmen noch in den Abgrund reißen, warnt der Kreditschutzverband 1870 (KSV1870).

Die Firmenpleiten sind laut KSV1870 heuer gegenüber dem Vorjahr um knapp 40 Prozent auf gut 3.000 zurückgegangen, wobei die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer mit 16.300 nur um 5,2 Prozent niedriger war. Die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten waren hingegen mit knapp drei Mrd. Euro um fast drei Viertel höher als im vergangenen Jahr – allerdings ist darin auch die Pleite der burgenländischen Commerzialbank enthalten, die allein 800 Mio. Euro ausmacht.

Grafik zu Insolvenzen 2020
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: KSV1870

Die Hilfsmaßnahmen der Regierung für Unternehmen waren zunächst richtig und wichtig, sagte der Leiter der KSV1870 Insolvenz, Karl-Heinz Götze, am Mittwoch bei der Präsentation der aktuellen Insolvenzzahlen. Nun müsse man aber vom Gießkannenprinzip abweichen und die Staatshilfen viel gezielter einsetzen und nur jenen Unternehmen zukommen lassen, die nicht schon vor der Krise nicht mehr lebensfähig waren. „Für eine gesunde Volkswirtschaft ist es wichtig, dass das Insolvenzrecht regelkonform zum Einsatz kommen kann“, so Götze.

Auch Privatkonkurse rückläufig

Auch die Privatkonkurse waren heuer trotz der Coronavirus-Krise rückläufig – das hat aber andere Gründe, erklärte KSV1870-Chef Ricardo-Jose Vybiral. „Wir beobachten aktuell ein bekanntes Phänomen: In Zeiten, in denen es der Wirtschaft nicht so gut geht, steigen vor allem deshalb die Privatpleiten nicht, weil Konsumenten im Umgang mit ihrem Geld vorsichtiger sind. Mehr private Verschuldung kommt eher in Zeiten vor, in denen es uns besser geht.“

Die eröffneten Schuldenregulierungsverfahren gingen gegenüber dem Vorjahr um 21,6 Prozent auf 7.411 zurück, die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten von Privaten sanken um 18,7 Prozent auf 1,138 Mrd. Euro.

„Dramatische Insolvenzverschleppung“

Beim Rückgang der Pleiten handelt es sich nach Ansicht der Gläubigerschützer um eine „dramatische Insolvenzverschleppung“, daher rechnet der KSV1870 ab dem zweiten Quartal 2021 mit einem konstanten Anstieg der Insolvenzen um 20 bis 25 Prozent verglichen mit 2019 – unter der Annahme, dass die Regierung keine weiteren Hilfsmaßnahmen ergreift.