Am 26. April 1986 ereignete sich die bisher größte nukleare Katastrophe: Nach einem simulierten Stromausfall schlug die Notabschaltung des Reaktorblocks 4 des Atomkraftwerks „Lenin“ in Tschernobyl fehl – um 1.23 Uhr geriet die Anlage außer Kontrolle und explodierte. In den Flammen stiegen die radioaktiven Partikel auf, die der Wind schließlich über ganz Europa verbreitete.
Nicht nur der Norden der Ukraine, auf deren heutigem Territorium das Unglück geschah, wurde 1986 verstrahlt. Die radioaktive Wolke traf vor allem das benachbarte Weißrussland und den Westen Russlands, dann verteilte sie sich Richtung Skandinavien und Westeuropa. Bis heute herrscht über die Opferzahl Unklarheit: Während Greenpeace von mehr als 90.000 Toten ausgeht, spricht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von bis zu 17.000 Toten.
Vollautomatisches Messnetz in Österreich
Zur raschen Erkennung und Beurteilung großräumiger radioaktiver Kontamination in Österreich begann das damalige Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz schon im Jahr 1975 mit der Errichtung des Strahlenfrühwarnsystems. Im Jahr 1986 war es das einzige vollautomatische Messnetz in Europa. Mittlerweile sind in allen europäischen Ländern vergleichbare Systeme errichtet worden. Seit 2003 betreibt das Umweltbundesamt im Auftrag des Umweltministeriums das österreichische Strahlenfrühwarnsystem.
Oberösterreich und Steiermark stark betroffen
Österreich war durch die damals herrschenden Witterungsbedingungen im Vergleich zu anderen mitteleuropäischen Staaten besonders belastet. Besonders stark betroffen war Oberösterreich – mehr dazu in ooe.ORF.at.
35 Jahre später ist etwas weniger als die Hälfte des radioaktiven Materials in den Waldböden abgebaut, Cäsium-137 sei aber immer noch messbar, so Ewald Plantosar, der Strahlenschutzbeauftragte des Landes Steiermark – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Erhöhte Strahlenwerte bis heute auf Almen
Vergleichsweise stark ist die Strahlung nach wie vor auch in den Salzburger Almgebieten in den Hohen Tauern feststellbar. Dort ging damals besonders viel radioaktiver Niederschlag nieder – mehr dazu in salzburg.ORF.at.
In Niederösterreich waren Nahrungsmittel wie Fleisch, Milch und Gemüse nach der Katastrophe schwer belastet. Bis heute sind erhöhte Werte vor allem im westlichen Niederösterreich messbar – mehr dazu in noe.ORF.at.
Grünbewuchs in Tirol nicht mehr betroffen
In Tirol werden alle zwei Jahre Bodenproben genommen. Der Grünbewuchs sei nicht mehr betroffen, hier finde man keine Radionuklide mehr, so Stefan Thaler von der Abteilung für Krisen- und Katastrophenmanagement des Landes Tirol. Ein Grund dafür sei, dass die landwirtschaftlich betriebenen Flächen immer wieder umgepflügt würden und dass es so zu einer Verdünnung komme – mehr dazu in tirol.ORF.at.
In Vorarlberg ist praktisch keine Erhöhung der Caesium-137-Aktivität mehr messbar. Die Dichte an Messstellen ist in Vorarlberg dafür besonders hoch – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
Der Blick auf die Europakarte zeigt, dass Österreich von aktuell mehr als 100 Atomreaktoren umringt ist, 13 der 27 EU-Mitgliedsstaaten betreiben Atomkraftwerke. Seit Jahren setzt sich vor allem das Land Kärnten für eine Schließung des AKW Krsko in Slowenien ein, das in einem Erdbebengebiet liegt – mehr dazu in kaernten.ORF.at.