Arbeitssuchende warten in einer Geschäftsstelle des AMS
APA/ROLAND SCHLAGER
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Zahlen sinken: 433.443 ohne Job

433.443 Menschen sind derzeit beim AMS arbeitslos gemeldet oder befinden sich in Schulung. Im April ist damit die Arbeitslosenzahl deutlich zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote liegt bei 8,7 Prozent. Das teilte das Arbeitsministerium am Montag mit.

Die Arbeitslosenquote sank damit erstmals seit Beginn der Krise unter jene im Jahr 2016 mit 9,1 Prozent. In absoluten Zahlen befinden sich mit Monatsende April 355.382 Menschen in Arbeitslosigkeit und damit 25.656 weniger als im Vormonat. Die Zahl der Menschen, die sich beim AMS in Schulung befinden, beträgt derzeit 78.061 Menschen. Das ist ein Anstieg um 1.282 Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmer im Vergleich zu Ende März.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Arbeitslosigkeit ebenfalls spürbar verringert. Mit Ende April sind 166.871 Menschen weniger arbeitslos als im Vorjahr (minus 32 Prozent) und 28.837 mehr in Schulung (plus 58,6 Prozent). Vor rund einem Jahr, Mitte April 2020, lag die Zahl der Arbeitslosen und AMS-Schulungsteilnehmer auf einem Rekordhoch von 588.200.

Grafik zur Arbeitslosigkeit
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Tourismus am stärksten betroffen

Die Zahl der Menschen, die lange ohne Arbeit sind, stieg im April im Vorjahresvergleich um 29 Prozent auf 148.436. In Beherbergung und Gastronomie waren 62.194 Menschen arbeitslos gemeldet, im Handel 51.603 Personen, wie das Arbeitsministerium mitteilte.

Kocher will Langzeitarbeitslosigkeit senken

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher zeigte sich zuversichtlich, dass ein Wirtschaftsaufschwung kommen werde, im zweiten Halbjahr oder spätestens nächstes Jahr. Um die stark gestiegene Langzeitarbeitslosigkeit zu senken, werde das Programm „Sprungbrett“ entwickelt. Ziel sei es, die Zahl der Langzeitarbeitslosen bis Ende nächsten Jahres um rund 50.000 zu senken auf das Vorkrisenniveau von rund 100.000.

Grafik zur Arbeitslosigkeit
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Da 44 Prozent der Arbeitslosen maximal einen Pflichtschulabschluss haben, setze man auf Qualifizierung und Fachkräfteausbildungen. Mit intensiver Beratung und Begleitung und spezifischer Auswahl des geförderten Arbeitsplatzes soll der Erfolg der Maßnahme angehoben werden, sprich die Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen sollen die Arbeitskräfte auch nach Auslaufen der Förderung behalten bzw. diese sollen in Beschäftigung bleiben können.

236.600 in Kurzarbeit

Die Kurzarbeit soll weiter zurückgehen. Mittlerweile wurden über 7,5 Milliarden Euro an Kurzarbeitsgeld ausbezahlt. Im Moment seien 236.000 Personen in Kurzarbeit, der Wert könne durch spätere Abrechnungen noch steigen. Ein großer Teil der Voranmeldungen zur Kurzarbeit sei im Bereich Gastronomie und Tourismus. „Wir hoffen auf eine Normalisierung im Juni“, sagte Kocher.

In der nächsten Kurzarbeitsphase, über die derzeit mit den Sozialpartnern gesprochen werde, gehe es um die Anhebung der Mindestarbeitszeit, die derzeit bei 30 Prozent liege. „Wenn es irgendwo behördliche Schließungen geben muss, kann man von der Mindestarbeitszeit im Einzelfall hinuntergehen“, sagte Kocher. Für die Unternehmen sei hier Sicherheit wichtig.

Lehrlingsknappheit

Auf dem Lehrstellenmarkt gibt es derzeit etwas mehr sofort verfügbare offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende. Hier wirke sich aus, dass im Zuge der Coronavirus-Krise das Aufsteigen in der Schule auch mit „Nicht genügend“ möglich wurde, um die jungen Leute im Bildungsbereich zu halten. Nun gebe es in gewissen Bereichen eine Lehrlingsknappheit – mit Ausnahme von Wien, wo es mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen gibt. „Wir müssen die Lehre attraktiver machen“, sagte Kocher. Damit solle auch der Fachkräftemangel gekontert werden.

Zur Frage, ob eine Abschiebung von Lehrlingen, etwa abgelehnten Asylwerbern, angesichts des Fachkräftemangels sinnvoll sei, meinte Kocher im Klub der Wirtschaftspublizisten, das Thema müsse man sich im Rahmen der Reform der Rot-Weiß-Rot-Card genauer anschauen. Die Reform der Zugangsbestimmungen auf den Arbeitsmarkt solle im zweiten Halbjahr oder Anfang nächsten Jahres vermutlich erarbeitet werden.

Verweis auf EU-Aufbauprogramm

Die von der Regierung am Freitag beim EU-Aufbauprogramm angemeldeten Projekte würden die Wirtschaft ankurbeln, erwartet der Arbeitsminister. Direkt für den Arbeitsmarkt seien 277 Millionen Euro vorgesehen, um die Aktion „Sprungbrett“ mitzufinanzieren.

Die Gelder für Breitbandausbau und Investitionen im Bereich Klima und Umweltschutz werden ebenfalls Arbeitsmarkteffekte haben. Österreich finanziere als Nettozahler auch die Hilfen für andere Länder mit, der Wirtschaftsaufschwung in anderen EU-Ländern helfe aber auch dem Tourismus und der Exportwirtschaft hierzulande.

Platter zuversichtlich

Für Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), dessen Bundesland besonders betroffen war, entwickelte sich die Arbeitsmarktsituation in die richtige Richtung. „Auch wenn die Arbeitslosenquote mit 8,9 Prozent immer noch hoch ist, geht es am Tiroler Arbeitsmarkt bergauf. Der April brachte mit 8,1 Prozent weniger arbeitslosen Personen im Vergleich zum Vormonat eine leichte Entspannung.“

Grafik zur Arbeitslosigkeit
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Die für 19. Mai angekündigten Öffnungsschritte würden zudem einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit – allen voran im Tourismusland Tirol – versprechen. Aktuell waren in Tirol 29.960 Personen ohne Beschäftigung, im Vormonat waren es um 2.647 mehr gewesen.

Wien hofft auf positiven Effekt

Auch in Wien ging die Arbeitslosigkeit im April zurück. Im Jahresvergleich waren um 24,8 Prozent weniger Personen beim AMS als arbeitslos gemeldet, die Zahl ging auf 134.335 zurück. Die Zahl der Schulungsteilnehmer stieg um 83,5 Prozent auf 34.207. Die Summe beider Gruppen ist um 14,6 Prozent (28.825 Betroffene) kleiner geworden. Derzeit sind beim AMS Wien 12.316 offene Stellen gemeldet. AMS-Wien-Chefin Petra Draxl hofft auf einen positiven Effekt der Öffnungen in Tourismus, Gastronomie und Kultur in gut zwei Wochen.

Das AMS Wien unterstützt Fachkräfte und junge Menschen, die Fachkräfte werden wollen, mit der Vermittlung in ganz Österreich. Mit ticket2west wird dieser Tage ein Projekt zur überregionalen Vermittlung von Wiener Fachkräften in den Branchen Bau, Elektro und Metall nach Salzburg gestartet. Und mit dem Projekt b.mobile kooperiert das AMS mit der Wirtschaftskammer, um Geflüchtete als Lehrlinge in den Westen zu vermitteln.