Facebook Seite von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im September 2021
ORF/Peter-Paul Hahnl
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Innenpolitik

Länder: Opposition empört, ÖVP hinter Kurz

Die neue Wende bei den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engstes Umfeld sorgen auch in den Bundesländern für Aufregung. Die ÖVP-Chefs auf Landesebene stellten sich demonstrativ hinter Kurz.

In einer gemeinsamen Erklärung aller ÖVP-Landesparteiobleute hieß es am Donnerstag, dass sie „geschlossen hinter Sebastian Kurz“ stünden und er „weiterhin unsere volle Unterstützung“ habe. „Wir sind davon überzeugt, dass alle damit befassten Personen zur raschen Aufklärung beitragen werden.“ Man gehe davon aus, dass sich die strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen werden – mehr dazu in noe.ORF.at.

Der steirische Landesparteiobmann und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sagte indes: „Wir stehen hinter Kurz, aber die Härte der Vorwürfe ist unfassbar. Sie hat eine Dimension erreicht, die an die Grenzen des Möglichen heranreicht“, erklärte Schützenhöfer gegenüber der „Kleinen Zeitung“.

Zuvor hatte er bereits gegenüber der APA berichtet, dass er in Kontakt mit Kurz stand: „Die Volkspartei ist seit Monaten mit Vorwürfen konfrontiert, die eine neue Dimension erreichen. Ich habe aber mit dem Bundeskanzler gesprochen, der mir versicherte, in die behaupteten Vorgänge nicht involviert zu sein, und er genießt mein Vertrauen. Auch für einen Bundeskanzler, und sei er von der ÖVP, muss die Unschuldsvermutung gelten“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Für den steirischen NEOS-Landesparteichef Niko Swatek führt kein Weg an einem Rücktritt von Kurz vorbei. Umso wichtiger sei daher die Rolle der ÖVP-Landeshauptleute, insbesondere die von Landeshauptmann Schützenhöfer, von dem er sich klare Worte erwartet: „Der Landeshauptmann kann nicht einfach schweigend zusehen, wenn derartige Korruption und Manipulation im Raum stehen. Er muss sich klar von diesen Kurz’schen Umtrieben distanzieren.“

Wallner ortet Aufklärungsbedarf

In der ZIB um 13.00 Uhr meldete sich der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zu Wort. Er sah zwar keine eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Regierung, ortete aber Aufklärungsbedarf – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Sein Tiroler Amtskollege Günther Platter (ÖVP) musste sich zuvor Kritik von den Tiroler Oppositionsparteien gefallen lassen, dass er bisher zu den Vorwürfen geschwiegen hat. Kritik kam unterdessen auch vom Regierungspartner der ÖVP im Bund und Land, den Grünen.

Grüne bezweifeln Kurz’ Handlungsfähigkeit

Die Grünen, der Koalitionspartner der ÖVP, haben am Donnerstag die Handlungsfähigkeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) infrage gestellt. Als Ende der Koalition verstehen sie diese Einschätzung allerdings nicht.

Für die grüne Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe war am Donnerstag klar, dass es in der ÖVP „dringenden Gesprächsbedarf“ gebe. Der Akt der Staatsanwaltschaft zeichne ein „verheerendes Bild“. Es gehe bei den Vorwürfen um Steuergeld, das „womöglich zur höchsteigenen Vorteilsnahme missbraucht wurde“. Zur Tagesordnung könne man damit nicht übergehen, es brauche Kooperation und volle Transparenz, so Felipe – mehr dazu in tirol.ORF.at.

„Machtübernahme ohne jede Skrupel“

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich erschüttert. „Wenn es stimmt, was die Ermittlungen gegen Kurz und die Bundes-ÖVP jetzt zutage fördern, ist es ungeheuerlich. Es zeichnet das Bild eines moralischen Verfalls, eine Machtübernahme innerparteilich und in der Republik ohne jede Skrupel und ohne jede Rücksichtnahme. Für mich ein Überschreiten aller moralischen Grenzen, mutmaßlich auch strafrechtlicher Grenzen.“ Die FPÖ Kärnten forderte den Rücktritt von Kurz.

Die Kärntner Grünen-Sprecherin und Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer verwies auf Entscheidungen in den Wiener Gremien: „Eines ist klar, die Grünen koalieren mit der ÖVP und nicht mit Sebastian Kurz. Wir haben mit der ÖVP gute Projekte auf den Weg gebracht, da ist eine Zusammenarbeit möglich – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Sie könne sich aber keine weitere Koalition mit Kurz vorstellen.

„Desaströser“ Eindruck

Die burgenländische Landessprecherin der Grünen, Regina Petrik, bezeichnete den „Eindruck, der hier hinterlassen wird“ als "desaströs“: „Es muss hier auf jeden Fall alles ohne Lücken aufgeklärt werden“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

In Salzburg gibt es noch keine Reaktion der Grünen, bis auf die gemeinsame Stellungnahme der ÖVP-Landeshauptleute schweigt auch die Salzburger ÖVP. Die FPÖ Salzburg folgt der Kritik der Freiheitlichen auf Bundesebene und fordert den Rücktritt des Kanzlers. Auch die Salzburger NEOS Landessprecherin Andrea Klambauer sucht die Verantwortung in den jeweiligen Ämtern und Ministerien: „Das System Kurz ist dort zu bereinigen, wo es seinen Ursprung hat – nämlich im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium“ – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

„Was hier passiert, ist nicht normal“

In Wien ließ die nicht amtsführende grüne Stadträtin Judith Pühringer – die auch für den Parteivorsitz bei der Wiener Landespartei kandidiert – auf Twitter wissen: „Meine Einschätzung: Was hier gerade passiert, ist nicht normal.“ Man könne nicht zu „irgendeiner Tagesordnung“ übergehen. „Wir beobachten diese undurchsichtigen Entwicklungen bei der ÖVP sehr genau.“ Sie hoffe sehr, dass dieser Fall kein „Ibiza in Türkis“ werde.

Georg Brockmeyer, Landesgeschäftsführer der SPÖ in Oberösterreich, verwies am Donnerstag darauf, dass er bereits am Mittwoch an Thomas Stelzer als stellvertretenden Bundesparteiobmann appelliert habe, nun im Sinne der Demokratie für maximale Aufklärung und notwendige Konsequenzen zu sorgen – mehr dazu in ooe.ORF.at.