Der Schriftzug Insolvenz steht auf einem Tisch zwischen Scrabble-Buchstaben
APA/dpa-Zentralbild
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Wirtschaft

Pleitezahlen bald auf Vorkrisenniveau

Die Zahl der Insolvenzen ist im Vorjahr verglichen zu 2020 fast stabil geblieben – vor allem, weil es ab dem Spätsommer 2021 eine Normalisierung der Fallzahlen in etwa auf Vorkrisenniveau gab. Auch im neuen Jahr wird mit Pleitezahlen auf Vorkrisenniveau gerechnet.

„Es wird einen gewissen Nachholeffekt geben“, sagte Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer. Er warnte vor Verunsicherung der Unternehmen durch Unklarheit zu etwaigen CoV-Maßnahmen: „Jeder neuerliche Lockdown oder Unklarheiten, ob ein Lockdown kommen könnte, sind nicht gut für die Wirtschaft.“

„Jeder neue Lockdown würde uns zurückwerfen", “, so Weinhofer im Gespräch mit der APA. Grundsätzlich wären klare Entscheidungen der Politik angesagt, um Unsicherheit bei Unternehmen möglichst zu vermeiden, so Weinhofer. „Die Wirtschaft lebt vom Vertrauen in die Zukunft.“ Insgesamt gebe es natürlich Unklarheiten wegen der Omikronvariante des Coronavirus.

3,1 Prozent weniger Insolvenzen

Verzeichnet wurde 2021 laut endgültigen Zahlen der Creditreform insgesamt ein Rückgang der Insolvenzen um 3,1 Prozent auf 10.733 Pleiten. Davon entfielen 3.076 auf Unternehmen (minus ein Prozent) und 7.657 auf Private (minus vier Prozent). Eröffnet wurden 2.078 Firmeninsolvenzen (plus 12,3 Prozent) und 7.209 Privatpleiten (minus 1,7 Prozent).

Grafik zeigt Daten zu den Insolvenzen in Österreich 2021
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Creditreform

Im Spätsommer hat wegen des Auslaufens von CoV-Wirtschaftshilfen eine Trendumkehr in Richtung normaler Insolvenzzahlen stattgefunden, der im vierten Quartal an Dynamik zunahm und nun anhalten dürfte, so Weinhofer. Derzeit helfen Unternehmen beispielsweise noch Ratenzahlungsmöglichkeiten bei vorher gestundeten Steuern und/oder Abgaben, die so nur Schritt für Schritt abzuführen sind.

Gefahren für Baubranche

Zu einzelnen Branchen befragt, sagte der Fachmann, dass es "erfreulich ist, dass Insolvenzen im Tourismus und in der Industrie weiterhin gering sind. Eine mögliche Gefahr ortet er aber darin, dass die Insolvenzen am Bau (plus 3,4 Prozent auf 612 Pleiten) und im Handel (plus vier Prozent auf 516 Pleiten) gestiegen sind, denn das seien arbeitsintensive Branchen. „Der Bau kam bisher sehr gut durch die Krise, war resistent. Aber nun könnten Lieferengpässe und stark gestiegene Preise dazu führen, dass immer weniger Private wie Häuselbauer mit ihren Bauplänen zuwarten könnten.“

Hotellerie und Gastronomie (minus 13,3 Prozent Insolvenzen auf 379 Pleiten) sind nach den Worten Weinhofers „praktisch durch die Krise getragen“ worden, hätten so viel Hilfe bekommen, wie es nur gegangen sei. „Ob sich das prolongieren lässt, bezweifle ich.“ Daher könnten dort mehr Pleiten drohen. Nun sei es wichtig, dass die Wintersaison so gut laufe wie möglich.

Stärkster Rückgang in Vorarlberg

Den stärksten Rückgang bei der Zahl der Pleiten verzeichneten Vorarlberg (minus 30,1 Prozent), Kärnten (minus 23 Prozent) und Salzburg (minus 13,3 Prozent). Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrschte in der Bundeshauptstadt Wien mit knapp zwölf Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Vorarlberg mit weniger als drei von 1.000 Unternehmen. Österreichweit stellten gut 6 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag.

Die drei größten Pleiten nach Verbindlichkeiten 2021 waren die Eyemaxx Real Estate mit 165,2 Mio. Euro, die Autobank mit 121,1 Mio. Euro und die Odebrecht E&P mit 108,4 Mio. Euro. Die meisten Arbeitnehmer waren bei ASB Graz mit 311 betroffen. Mehr als 100 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer waren auch bei Smartcab in Wien (142), Salzburg Schokolade (140), Bundy Bundy in Wien (120) und Energetica Industries in Kärnten (112) betroffen. Insgesamt lagen die Insolvenzpassiva bei 1,1 Mrd. Euro und es waren rund 8.800 Jobs betroffen.

Trendumkehr bei Privatpleiten

Bei den Privatpleiten sei die Trendumkehr auch schon erreicht. Im vierten Quartal gab es auch gegenüber dem letzten Vorkrisenquartal ein Plus von 2,4 Prozent. Wegen der Coronavirus-Krise erwartet Weinhofer nicht zwingend einen Anstieg der Insolvenzen. Viel mehr sorgt sich der Creditreform-Mann vor mehr Pleiten wegen gesamtheitlicher Entwicklungen. Er nannte hier Digitalisierung und Gesellschaftsgruppen, die möglicherweise nicht an dieser teilhaben würden oder auch stark steigende Energiepreise, die ärmere Bevölkerungsgruppen viel stärker treffen als wohlhabendere.