Politik

Grüne Landesspitzen gelassen zu Sideletter

Der am Wochenende bekanntgewordene Sideletter zum Koalitionsvertrag zwischen ÖVP und Grünen sorgt bei den Spitzen der Partei in den Bundesländern kaum für Kritik. Vielmehr sieht man die Veröffentlichung als Ablenkungsmanöver, auch in Hinblick auf den ÖVP-U-Ausschuss.

Auf APA-Anfrage war von hochgespielter Aufregung die Rede, es sei nichts Unanständiges passiert, und das Papier habe zur Absicherung gegenüber dem damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz gedient, so der Tenor. Eher zugeknöpft zeigte sich Tirols Grünen-Klubobmann Gebi Mair. Er steige nicht auf den „ÖVP-Spin“ ein, einzelne Dinge von Vereinbarungen zu veröffentlichen, sagte er zur APA.

"Soweit ich weiß, ist das nicht die gesamte Vereinbarung, so Mair. Es sei auch „durchaus denkbar, dass der Wunsch nach nicht-öffentlichen Vereinbarungen von der ÖVP gekommen ist“. In Tirol, wo die Grünen ebenfalls mit der ÖVP koalieren, habe man hingegen die „bewusste Entscheidung“ getroffen, „alles transparent“, zu vereinbaren. Dazu brauche es aber „zwei Koalitionspartner“. Darüber hinaus wolle er dazu nichts sagen, er kommentiere „nicht einzelne Zeilen“, so Mair.

„Ungekannte Skrupellosigkeit“

Der langjährige Vorarlberger Grünen-Chef Johannes Rauch, der den Koalitionsvertrag mit der ÖVP mitverhandelt hatte, verteidigte gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ das Abkommen. Dieser habe der Absicherung der Grünen gedient, um nicht bei laufender Regierungstätigkeit von der ÖVP über den Tisch gezogen zu werden,

„Wir merkten erst während der Verhandlungen, wie Sebastian Kurz tickt. Das war ein Ausmaß an Skrupellosigkeit, das ich bisher nicht kannte“, so Rauch. Laut ihm liegt es nahe, dass das geheime Papier von Kurz beziehungsweise von der ÖVP ganz bewusst an die Öffentlichkeit gespielt wurde: „Da geht es offenbar darum, vor dem Untersuchungsausschuss die Grünen anzupatzen“, vermutet Rauch.

„Politische Pflicht“

Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen, zeigte sich gelassen. „Wer mit der ÖVP in Niederösterreich seit langer Zeit zu tun hat wie ich, weiß, dass solche Verträge politische Pflicht sind, um den Auftrag der Wählerinnen und Wähler überhaupt erfüllen zu können“, teilte sie mit. Die Delegierten der niederösterreichischen Grünen „haben auf dem Bundeskongress der Koalition die Zustimmung gegeben, weil sie bei Werner Kogler die Sicherheit haben, dass Grüne überall mitwirken“, wurde zudem betont.

„Das ist ein Spin“

„Das erschreckt mich nicht sehr“, so die Reaktion der burgenländischen Landessprecherin Regina Petrik. Es sei zu keinem Austausch zwischen Inhalten und Personalbesetzungen gekommen, betonte sie: „Das ist ein Spin.“ Was das Kopftuchverbot betrifft, hält sie ebenfalls fest, dass es sich um „keine Vereinbarung“ handle. Dies festzuhalten, sei der ÖVP wichtig gewesen. „Das ist eher eine Aufregung, die hochgespielt ist, kein Skandal“, so Petrik.

Das Verhandlungsteam habe das Pouvoir der burgenländischen Grünen gehabt und damit auch das Vertrauen, fühlt sie sich im Nachhinein ausreichend eingebunden. Auch von Kogler habe sich sie über die Verhandlungen ausreichend informiert gefühlt: „Das Vertrauen war gegeben. Es ist klar, dass nicht über jeden Punkt breit diskutiert werden kann.“

Jetzt handle es sich eher um ein „Erkennen“, wie Regierungsverhandlungen ablaufen: „Es ist nichts Unanständiges passiert.“ Seit dem Auftauchen des Sideletters habe es im Burgenland bei den Grünen jedenfalls „keine Aufregung“ gegeben, so Petrik, es werde lediglich nachgefragt, „wie das zu verstehen ist“.