Der Sonnblick
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Gletscherschmelze

Sonnblick erstmals im Juli schneefrei

An der Gipfelstation des Hohen Sonnblick (3.106 Meter) in den Hohen Tauern in Salzburg liegt kein Schnee mehr. Es handelt sich um den frühesten Verlust der Schneedecke seit Messbeginn im Jahr 1938. Ein schneearmes Winterhalbjahr, viel Sahara-Staub im Frühling und ein früher und sehr warmer Sommer sind der Grund.

Seit über 80 Jahren wird am Sonnblick Tag für Tag Schnee gemessen. Am Mittwoch in der Früh kam es zu einer historischen Zäsur: Auf Österreichs höchstgelegener meteorologischer Beobachtungsstation lag kein Schnee mehr, das erste Mal im Juli überhaupt.

Normalerweise sollten jetzt auf dem Gletscher noch über 2,5 Meter Schnee liegen. Die bisher frühesten Ausaperungen (Abschmelzen der Schneedecke) gab es am 13. August 2003 und am 13. August 1963. 2003 war der bisher heißeste Sommer in Österreich. In den meisten Jahren liegt auf dem Sonnblick selbst gegen Ende des Sommers noch Schnee.

Sahara-Staub als Schmelzkatalysator

Die negative Entwicklung zeichnete sich bereits in den vergangenen Wochen und Monaten ab. Das Winterhalbjahr war schneearm, vor allem Mitte März gab es zudem mehrere intensive Sahara-Staub-Ereignisse. Der Staub setzte sich auf dem Schnee ab, er verringerte das Reflexionsvermögen und erhöhte im Gegenzug die Absorption der Sonnenenergie. Dadurch wurde der Schmelzprozess im Frühsommer enorm beschleunigt.

Gebirgsobservatorium

Der Sonnblick zählt zu den wichtigsten Gebirgsobservatorien der Welt. Die Station wird von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) betrieben und wurde 1886 eröffnet. Neben meteorologischen Messungen wie Temperatur, Niederschlag und Wind werden unter anderem auch die luftelektrischen Erscheinungen, die kosmische Höhenstrahlung sowie Gletscherwuchs und -veränderung beobachtet.

Schon im Mai begann auf den Bergen der Sommer. Auf dem Sonnblick lag die mittlere Temperatur im Mai bei 0,0 Grad und war damit erstmals seit Beginn der Messungen nicht negativ. Anfang Juni betrug die Schneehöhe nicht einmal mehr zwei Meter, und die Hitzewelle der vergangenen Wochen ließ die Schneedecke an manchen Tagen um zehn bis 15 Zentimeter schmelzen.

Extreme Gletscherschmelze droht

Heute ist nun der Schnee an der Messstation zur Gänze verschwunden und auch auf den Gletschern unterhalb des Sonnblicks, am Kleinfleißkees und Goldbergkees, liegen nur noch ein paar Schneereste, wie es die Webcambilder zeigen. Der Gletscher sieht jetzt bereits so aus wie normalerweise am Ende des Sommers.

Verlieren die Gletscher ihre schützende Schneedecke, kommt das dunkle, schmutzige Eis zum Vorschein, und die Abschmelzung beschleunigt sich weiter. Gletscherforschern und -forscherinnen zufolge droht den Gletschern in den Alpen in diesem Sommer ein beispielloser Aderlass. Denn erst im September endet üblicherweise die Ablationsphase, bis dahin können an jedem heißen Tag bis zu zehn Zentimeter Eis schmelzen.

Sonnblick Gletscher
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Der größte Gletscher Österreichs wird immer kleiner

Zerfällt die Pasterze?

Auch der größte Gletscher Österreichs und der längste der Ostalpen, die Pasterze in Kärnten, könnte noch für Negativschlagzeilen sorgen. Die Pasterze droht in diesem Sommer auseinanderzubrechen.

Der Gletscher zieht sich seit Jahren rasant zurück. Die Zunge, der untere Bereich des Gletschers, ist inzwischen nur noch über einen dünnen Eisstreifen mit dem oberen Teil verbunden. Diese Verbindung könnte in diesem Sommer gekappt werden, wenn die Eisschmelze in dem Tempo der vergangenen Wochen voranschreitet.

„Gletscher haben keinen Platz mehr“

Georg Kaser, renommierter Klima- und Gletscherforscher, sagte vor wenigen Tagen gegenüber dem Radiosender Rai Südtirol: „Im heutigen Klima haben Gletscher keinen Platz mehr. Die Gletscher der Ostalpen sind am Zerbrechen.“

Der Eisbruch am vergangenen Sonntag auf der Marmolata ist ein weiterer Beleg dieser Entwicklung, ebenso wie nun der früheste Verlust der Schneedecke auf dem Sonnblick. Alles Puzzlesteine der Klimakrise.