Geldbörse
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

10,5 Prozent: Inflation auf 70-Jahres-Hoch

Die Inflation ist im September weiter gestiegen und erstmals seit 70 Jahren mit 10,5 Prozent in den zweistelligen Bereich geklettert. Ein höherer Anstieg der Verbraucherpreise wurde zuletzt im Juli 1952 gemessen, teilte die Statistik Austria am Mittwoch mit. Der tägliche Einkauf verteuerte sich mit plus 11,5 Prozent noch deutlicher.

„Damals lag die Inflationsrate bei 14,1 Prozent“, so Generaldirektor Tobias Thomas. Gegenüber dem Vormonat August stieg das durchschnittliche Preisniveau um 1,6 Prozent. Die September-Inflation im Jahr 2022 überflügelte mit ihrem zweistelligen Wert sogar die Teuerungswerte aus den Ölkrise in den 1970er Jahren.

Grafik zeigt Daten zur Inflation im September 2022 in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Hohe Kosten für Haushaltsenergie

„Angeheizt wurde die Inflation im September von einem kräftigen Preisschub bei Haushaltsenergie, die damit zum wichtigsten Treiber der Inflation wurde“, sagte Thomas. „Die auf hohem Niveau verharrenden Treibstoffpreise wurden damit auf den zweiten Platz der Preistreiber verwiesen.“ Aber auch die Preise in der Gastronomie und für Nahrungsmittel im Lebensmitteleinzelhandel sind im Vergleich zu jenen vor einem Jahr weiter deutlich gestiegen.

Der Anstieg der Preise für Wohnung, Wasser, Energie (durchschnittlich plus 19,8 Prozent) beeinflusste die Inflationsrate mit plus 3,74 Prozentpunkten. Damit fiel das Plus deutlich stärker aus als im August (plus 13,9 Prozent; Einfluss: plus 2,62 Prozentpunkte).

Hauptverantwortlich dafür war die Preisentwicklung bei Haushaltsenergie. Hier stiegen die Preise im September um 64,1 Prozent, was die Inflation um 2,5 Prozentpunkte steigerte, so die Statistikbehörde. Im August hatte der Anstieg noch knapp 37 Prozent betragen und steigerte die Inflationsrate um gut 1,4 Prozentpunkte.

Preisschub bei Gas

Gas wurde im September gleich um 111,4 Prozent teurer (August: plus 71 Prozent). Strom kostete um 36,7 Prozent mehr als im September vor einem Jahr (August: plus zwölf Prozent). Diese bemerkenswert hohen Teuerungsraten wurden laut Behörde vor allem durch Tarifänderungen in Wien und Niederösterreich beeinflusst. Selbiges gilt für die kräftigen Teuerungen für Fernwärme (September: plus 61,2 Prozent; August: plus 19 Prozent) vor allem wegen Tarifanpassungen in Wien.

Grafik zeigt Daten zur Inflation im September 2022 in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Auch feste Brennstoffe verteuerten sich im September weiter kräftig (plus 97,6 Prozent; August: plus 72,4 Prozent). Der Anstieg der Heizölpreise hingegen war annähernd gleich hoch wie im August (September: plus 105,3 Prozent; August: plus 106,6 Prozent.

Plus 11,5 Prozent bei täglichem Einkauf

Das Preisniveau, das den tägliche Einkauf widerspiegelt (Mikrowarenkorb), stieg noch deutlicher als die Gesamtinflation. Der Preis für den Korb, der überwiegend Nahrungsmittel sowie Tageszeitungen und den Kaffee im Kaffeehaus enthält, stieg im Jahresabstand um 11,5 Prozent (August: plus 11,2 Prozent).

Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich durchschnittlich um 13,9 Prozent. Die Preise für Fleisch stiegen um 15,3 Prozent, jene für Milch, Käse und Eier insgesamt um 20,3 Prozent. Brot und Getreideerzeugnisse kosteten um 13,3, Gemüse um elf Prozent mehr. Öle und Fette verteuerten sich um 29,8 Prozent – alleine Butter um 39,6 Prozent. Obst wurde nur um knapp vier Prozent teurer.

Deutliche Teuerungen gab es auch bei alkoholfreien Getränken von 15,7 Prozent. Ausschlaggebend dafür waren höhere Preise für Kaffee (plus 21,8 Prozent) und Limonade (plus 11,1 Prozent). Sich auswärts etwas zu gönnen wurde auch alles andere als günstiger. In Restaurants und Hotels stiegen die Preise um 10,5 Prozent. Bewirtung kostete um gut zehn Prozent mehr, Beherbergung um 12,5 Prozent.

Rekorde auch in Vormonaten

Die Teuerung legte heuer stetig zu. Im August und Juli hatte die Inflation jeweils 9,3 Prozent betragen. Im Juni waren es 8,7, im Mai 8,1, im April 7,2 und im März 6,8 Prozent gewesen. Schon im Februar und Jänner hatte sie sich auf 5,9 bzw. 5,0 Prozent belaufen, was in diesen ersten beiden Monaten des Jahres Höchstwerte seit 1984 markiert hatte.

Druck auf EZB

Die Inflation im Euro-Raum blieb im September nur knapp unterhalb der Marke von zehn Prozent. Angetrieben durch einen anhaltenden Preisschub bei Energie stiegen die Verbraucherpreise im September binnen Jahresfrist um 9,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch mitteilte.

Seit es den Euro gibt, war die Inflation in der Ländergemeinschaft noch nie so hoch. Eine erste Schätzung von Eurostat Ende September hatte sogar eine Rate von 10,0 Prozent ergeben. Im August lag die Teuerung bei 9,1 Prozent.

Für die EZB nimmt damit der Druck zu, auf der kommenden geldpolitischen Sitzung nächste Woche mit einem erneuten kräftigen Zinsschritt gegenzusteuern. Im Kampf gegen die Rekordinflation hatte die EZB bereits die Zinswende vollzogen. In kurzer Abfolge erhöhte sie im Sommer in zwei Schritten den Leitzins auf inzwischen 1,25 Prozent und den auf den Finanzmärkten maßgeblichen Einlagensatz auf 0,75 Prozent.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zudem weitere Schritte nach oben in Aussicht gestellt. Mehrere Währungshüter machten sich unlängst bereits dafür stark, die Schlüsselsätze wie im September am 27. Oktober erneut in einem großen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte anzuheben.