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ORF/Hermann Hammer
ORF/Hermann Hammer
Medien

Digitalisierungsförderung erstmals vergeben

Knapp 53 Millionen Euro für den Auf- und Ausbau des digitalen Angebots in der heimischen Medienlandschaft: Diese Summe schüttet die Medienbehörde RTR noch heuer im Rahmen der neu geschaffenen Digitalisierungsförderung aus. 195 von 278 Einreichungen wurden bewilligt, die Auszahlung soll vor Weihnachten erfolgen.

Mit 34,9 Millionen Euro entfallen rund zwei Drittel der 52,9 Millionen auf die Projektförderung zur digitalen Transformation, davon sind 12,9 Millionen Euro für die Modernisierung der digitalen Distribution, 12,2 Millionen für digitale Infrastruktur und 9,7 Millionen Euro für innovativen und digitalen Content.

1,3 Millionen Euro gehen an Projekte im Bereich Digitaljournalismus, 270.000 fließen in Jugendschutz und Barrierefreiheit. Etwas weniger als ein Drittel der Gesamtsumme entfällt mit 16,5 Millionen Euro auf die Anreizförderung, wovon 178.000 Euro an Volksgruppenmedien gehen. 450.000 Euro werden vorerst nicht ausgeschüttet – unter anderem deshalb, weil Projekte nach Möglichkeit als Ganzes gefördert werden sollten. Sie werden zum nächsten Einreichtermin übertragen.

Von den 278 eingereichten Förderanträgen bekamen 83 keine Förderungen. 32 Anträge wurden ausgeschlossen, acht zurückgezogen und 24 wegen Überschreitung der absoluten Förderhöchstgrenze abgelehnt. 19 wurden nicht gefördert, weil die Mittel ausgeschöpft waren. Details der Projekte werden zur Wahrung der Geschäftsinteressen der Medienhäuser nicht dargelegt.

Fördersummen auf Website aufgelistet

Auf der Website der RTR sind jedoch die Fördersummen und die jeweiligen Projekttitel ersichtlich. Zu den größten Fördernehmern zählt laut diesen Daten der Krone-Verlag, der für diverse Projekte bei „Kronen Zeitung“ und krone.tv insgesamt ca. 4,5 Millionen Euro Förderung erhält. Für den Radiosender Kronehit fließen rund 940.000 Euro.

An Russmedia gehen rund vier Millionen Euro, davon ca. zwei Millionen für die „Vorarlberger Nachrichten“. Der Kurier-Zeitungsverlag kommt auf rund 3,9 Millionen Euro. Davon entfallen rund 2,9 Millionen auf den „Kurier“ und zugehörige Portale wie k.at und film.at, 509.000 Euro auf „profil“ und 523.000 Euro auf schauTV. Die Moser Holding kommt auf ca. 3,5 Millionen Euro, wobei der Großteil für die „Tiroler Tageszeitung“ (2,4 Millionen Euro) fließt.

„Der Standard“ kommt auf rund 3,2 Millionen Euro. Die Mediengruppe Österreich erhält für TV-Sender, Onlineportal und Zeitung insgesamt ca. drei Millionen, die „Salzburger Nachrichten“ bekommen 2,8 Millionen Euro. Die Gratiszeitung „Heute“ kommt auf rund 2,5 Millionen Euro – ebenso hoch ist die Fördersumme für die „Oberösterreichischen Nachrichten“.

Titel der VGN Medien Holding wie „Woman“, „News“ und „Trend“ erhalten insgesamt 2,2 Millionen Euro. Die „Kleine Zeitung“ erhält ca. 1,9 Millionen, die ProSiebenSat.1Puls4-Gruppe rund 1,7 Millionen, „Die Presse“ ca. 1,6 Millionen Euro. Die Wochenzeitung „NÖN“ kommt auf 1,2 Millionen Euro.

Auch das erst unlängst mit einer antisemitisch eingestuften Karikatur in Erscheinung getretene Boulevardmedium „Exxpress“ findet sich unter den Fördernehmern. Für den Fernsehsender Exxpress TV fließen rund 713.000 Euro – darunter 44.000 Euro für eine Lehrredaktion. Insgesamt entfällt rund ein Fünftel der Fördersumme (ca. 10,8 Millionen Euro) auf den Boulevardsektor („Krone“, „Österreich“, „Heute“, „Exxpress“).

„Hohe Nachfrage“

„Die Zahl der Einreichungen zeigt, welcher Bedarf nach Innovation und digitaler Transformation in der Medienbranche gegeben ist“, so Wolfgang Struber, Geschäftsführer des Fachbereichs Medien der RTR, in einer Aussendung. Dass die Fördermittel ausgeschöpft wurden, sei ein „Beleg für die Innovationskraft und das Engagement der heimischen Medienhäuser“. Ein fünfköpfiger Fachbeirat unter Vorsitz von Markus Fallenböck hatte Einfluss auf die Förderentscheidungen Strubers. Die Beschlüsse des Beirats fielen laut Aussendung einstimmig aus.

Auch Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) war mit der erstmaligen Abwicklung zufrieden. „Die hohe Nachfrage zeigt, dass diese Maßnahme eine sehr gute Unterstützung für die Branche darstellt und helfen kann, dass sich klassische Medien mit neuen digitalen Projekten am Medienmarkt gegen andere Player etablieren können. Ich danke der RTR für die rasche Umsetzung und Abwicklung“, so Raab in einem Statement.

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) begrüßte in einer Aussendung die rasche Abwicklung der Fördervergabe. „Das große Interesse und die Vielzahl an Einreichungen auch vonseiten der Mitglieder des VÖZ zeigt, wie ernst die heimischen Medienhäuser verlegerischer Herkunft ihre Transformation ins Digitale nehmen“, so VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger, der betonte, wie wichtig diese neue Förderung für den österreichischen Medienstandort sei.

Kritik an Richtlinien

Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, freute, dass „qualitätsvolle Wochen- und Monatszeitungen sowie Nichtkommerzielle und Volksgruppenmedien dank der Grünen in diesem Fördertopf berücksichtigt“ worden seien. Genau ansehen müsse man sich aber, dass es nicht zu einer bloßen Verteilung nach quantitativen Gesichtspunkten komme. „Die Förderrichtlinien sind nicht in Stein gemeißelt und müssen einen klaren Rahmen abstecken, was förderungwürdig ist und was nicht“, so Blimlinger in einer Aussendung.

„Eine dreiviertel Million Euro für ein Medium wie ‚Exxpress‘, das antisemitische Karikaturen veröffentlicht, ist ein klares Zeichen einer völlig verfehlten und mutlosen Medienpolitik und das genaue Gegenteil der von ÖVP und Grünen versprochenen Qualitätsoffensive“, reagierte NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter auf die Förderentscheidung. Ein „Unding“ sei, dass der Geschäftsführer der RTR „freihändig und über die Beiräte hinweg“ Förderungen vergeben könne, merkte Brandstötter an und forderte die Veröffentlichung von Begründungen für die Förderentscheidungen.

Dominik Ritter-Wurnig vom Medienprojekt „tag eins – Magazin für Veränderung“ reagierte wenig erfreut auf die Förderentscheidung: „Die Digitaltransformationsförderung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die in Österreich versuchen, modernen, digitalen Journalismus zu machen.“ Reine Onlinemedien sind von der Förderung ausgeschlossen, was „tag eins“ gemeinsam mit weiteren Onlinemedien zu einer Beschwerde über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen gegen die Republik bei der EU-Kommission veranlasst hatte. Die Förderung verzerre den Wettbewerb, indem sie den Markteintritt für neue, digitale Medien erschwere und stelle einen Eingriff in die Pressefreiheit dar, so die Begründung. Mit der Beschwerde hatten sie jedoch keinen Erfolg, wie aus einem Antwortschreiben an Ritter-Wurnig hervorgeht.

Förderung für Printmedien und Rundfunksender

Der „Fonds zur Förderung der digitalen Transformation“ wird aus den Einnahmen der Digitalsteuer gespeist. Die Förderung ist regulär mit 20 Millionen Euro pro Jahr dotiert. Im heurigen ersten Jahr der Auszahlung erhöhte sich der Betrag, da er rückwirkend ausbezahlt wird.

Die Digitalisierungsförderung kommt Printmedien sowie Rundfunksendern für deren Digitalisierungsbestrebungen zugute und soll eine „unabhängige und pluralistische Medienlandschaft“ sicherstellen. Reine Onlinemedien sind von der Förderung ausgeschlossen. Von morgen, Mittwoch, bis 15. Dezember sind Förderansuchen für das Jahr 2023 aus dem Fonds zur Förderung der digitalen Transformation möglich.