Seit Jahren mahnen Bundespolitik und Sozialpartner von den dafür zuständigen Ländern bzw. Gemeinden mehr Kindergartenplätze vor allem für die Jüngsten ein. Nicht nur wegen der wichtigen Rolle der Kindergärten als erste Bildungseinrichtung, sondern auch um Frauen eine bessere Rückkehr in den Beruf zu ermöglichen.
Bei Kindern über drei sind zwar schon 94 Prozent in institutioneller Betreuung, bei den Jüngeren waren es 2021/22 aber gerade einmal 29 Prozent. Dieser Wert soll zumindest auf 33 Prozent erhöht werden – ein Ziel, das eigentlich bereits für 2010 geplant war.
79 Prozent wollen selbst Betreuung übernehmen
Der Anteil an Plätzen, die auch mit Vollzeitjobs der Eltern vereinbar sind („VIF-konform“), ist in Österreich bei den Jüngeren zuletzt sogar leicht zurückgegangen, von 64 Prozent (2020) auf 59,8 Prozent (2021). Eine Auswertung der Mikrozensus-Daten des ÖIF für die APA zeigt allerdings: Je jünger das Kind, umso weniger spielt das Betreuungsangebot eine Rolle dabei, ob seine Mutter arbeiten geht.
Für den Mikrozensus wurden jene, die wegen der Betreuung von Kindern (oder pflegebedürftigen Erwachsenen) nicht berufstätig sind, nach ihrem Motiv befragt. Das Ergebnis: 79 Prozent der nichtberufstätigen Frauen mit einem Kind im ersten Lebensjahr bleiben demnach daheim, weil sie selbst die Betreuung übernehmen wollen. Nur 4,3 Prozent nennen als Grund, dass das Angebot zu teuer wäre, 2,9 Prozent sagen, dass es kein passendes gibt.

Traditionelles Familienbild in Österreich
Bei Müttern von Zweijährigen spielen mangelnde Verfügbarkeit eines passenden Angebots (14 Prozent) bzw. zu hohe Kosten (4,5) zwar eine größere Rolle. Häufigstes Motiv ist aber weiter der Wunsch, das Kind selbst zu betreuen (62 Prozent) – und dieses bleibt auch bei Müttern älterer Kinder dominant. Selbst unter Müttern, deren jüngstes Kind acht Jahre alt ist und die wegen Betreuungsaufgaben nicht berufstätig sind, gibt mehr als die Hälfte der Befragten diesen Grund an.
Als Erklärung dafür nennt Isabella Buber-Ennser vom Institut für Demographie der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Gespräch mit der APA das vergleichsweise traditionelle Familienbild: „In Österreich gilt eine Frau als Rabenmutter, wenn sie ein Kleinkind außerhäuslich betreuen lässt, und in Frankreich ist sie eine Rabenmutter, wenn sie es zu Hause betreut, weil es dann keine sozialen Kontakte mit anderen Kindern hat.“
Dazu komme ein Bild von gestressten berufstätigen Müttern, das abschreckend wirken könne. Hier fehlten positive Role Models. Gleichzeitig werde generell das Thema Work-Life-Balance immer wichtiger, was ebenfalls längere Karenzzeiten begünstigen könne.
Trotz der Ergebnisse: Ausbau „wichtig“
Ein weiterer Ausbau der Kindergartenplätze für die Jüngsten ist für Buber-Ennser trotz der Studienergebnisse wichtig. Erstens zeige die Detailanalyse der Mikrozensus-Daten, dass vor allem nur wenige Mütter von unter Einjährigen arbeiten gehen (unter zehn Prozent).
Ist das jüngste Kind zwei Jahre alt, sind aber bereits zwei Drittel berufstätig. Unter Müttern von Drei- bis Sechsjährigen sind es laut der ÖIF-Studie bereits drei Viertel. Außerdem würden ja auch Kinder von Frauen, die nicht erwerbstätig sind, die Bildungseinrichtung Kindergarten besuchen, betont Buber-Ennser.
Teilzeit weit und lang verbreitet
Bei jenen Frauen mit Kindern unter drei Jahren, die berufstätig sind, arbeiten 83 Prozent in Teilzeit (unter 36 Wochenstunden). Bei Müttern von Drei- bis Sechsjährigen sind es fast ebenso viele (82 Prozent). Tendenziell bleiben Frauen in Österreich nach der Geburt von Kindern langfristig in Teilzeitbeschäftigung.
Österreich liegt hier laut einem anderen ÖIF-Forschungsbericht („Frauen in der Arbeitswelt“, 2020) bei der Frauenteilzeitquote mit fast 50 Prozent unter den 20- bis 64-Jährigen auf Platz zwei in der EU hinter den Niederlanden. Allerdings steigt das Stundenausmaß der Teilzeitbeschäftigung, je älter die Kinder sind.
Geschlechterrollen auch bei Teilzeit ausschlaggebend
Auch bei der Teilzeit sind Geschlechterrollen deutlich stärker ausschlagggebend als das Betreuungsangebot, zeigt eine ÖIF-Auswertung für die APA: Unter Frauen mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren geben 88,2 Prozent Betreuungsaufgaben als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung an. Das Motiv bei acht von zehn dieser Frauen: Sie wollen die Betreuung selbst übernehmen.
Von jenen Frauen mit Kindern unter 15, die wegen Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten, würden rund 90 Prozent auch dann nicht auf eine Vollzeitstelle wechseln, wenn es ein entsprechendes Betreuungsangebot gebe, zeigen Daten im ÖIF-Band „Frauen in der Arbeitswelt“ (2020).
„Eine Teilzeiterwerbstätigkeit wird bei vorhandenen Betreuungspflichten demnach eindeutig einer Vollzeiterwerbstätigkeit vorgezogen“, heißt es in der Studie lapidar. In den Interviews und Gruppendiskussionen im Rahmen der Studie wurde Vollzeitarbeit bei Frauen mit Kindern generell als „eher unwahrscheinlich und außergewöhnlich“ eingestuft. Als legitim gelte diese nur, wenn das finanziell unbedingt notwendig ist, etwa bei Alleinerzieherinnen.