Wirtschaft

390.059 Menschen im Jänner ohne Job

Ende Jänner sind 390.059 Menschen ohne Arbeitsstelle gewesen. Davon waren 317.131 auf Jobsuche und 72.928 in Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS), teilte das Arbeitsministerium am Mittwoch mit. Die Arbeitslosenquote betrug damit 7,6 Prozent.

Das ist der niedrigste Wert seit 2008. Vor einem Jahr lag die Quote Ende Jänner bei acht Prozent, vor zwei Jahren bei 11,4 Prozent. Zur Kurzarbeit waren Ende Jänner 1.214 Personen vorangemeldet. Ende Jänner 2022 waren noch 150.230 Personen in Kurzarbeit abgerechnet worden. Aufgrund der guten Arbeitsmarktlage und vieler offener Stellen österreichweit kommt die Kurzarbeit derzeit nur noch sehr punktuell zum Einsatz.

Grafik zur Arbeitslosigkeit im Jänner
Grafik: APA/ORF; Quelle: AMS

„Wir haben bereits ab dem zweiten Quartal 2022 gesehen, dass der Arbeitsmarkt trotz mehrerer Krisen robust geblieben ist“, so ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher. „Dieser Trend setzt sich auch Anfang 2023 fort, und wir beobachten weiterhin eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt.“ Gleichzeitig werde das erste Halbjahr 2023 auf dem Arbeitsmarkt wohl herausfordernder als das „Aufholjahr“ 2022, hieß es in der Ministeriumsmitteilung.

AMS-Chef rechnet mit Anstieg

AMS-Chef Johannes Kopf zeigte sich etwas vorsichtiger als Kocher. Zwar sei die Jänner-Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresmonat noch um rund 15.000 Personen oder 3,7 Prozent zurückgegangen. „Die Betonung liegt hier aber schon deutlich auf dem Wort ‚noch‘“, hielt Kopf fest. „Es ist wohl damit zu rechnen, dass wir im ersten Quartal bereits leicht steigende Arbeitslosenzahlen beobachten werden müssen.“

Grafik zur Arbeitslosigkeit im Jänner
Grafik: APA/ORF; Quelle: AMS

Bei seiner Einschätzung verwies der AMS-Chef auf die am Dienstag veröffentlichte Schnellschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, wonach die Wirtschaft im Schlussquartal des Vorjahres bereits um 0,7 Prozent geschrumpft ist. „Nach all den Stellenrekorden der letzten zwei Jahre müssen wir nun auch wieder einen leichten Rückgang bei den offenen Stellen vermelden. Noch aber sollten wir uns über die aktuellen Arbeitsmarktzahlen freuen. Österreich hat die niedrigste Jännerarbeitslosenquote seit 2008 und die Arbeitslosigkeit sinkt in allen Bundesländern.“

Grafik zur Arbeitslosigkeit im Jänner
Grafik: APA/ORF; Quelle: AMS

Die sofort verfügbaren offenen Stellen gingen im Vorjahresvergleich um knapp mehr als 2.000 oder 1,8 Prozent auf 107.518 zurück. Die nicht sofort verfügbaren freien Jobs sanken um 1.171 oder 7,7 Prozent auf 14.076. Kocher sagte, dass berücksichtigt werden müsse, dass nicht alle arbeitslos gemeldeten Personen sofort vermittelbar sind. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Qualifizierungsmaßnahmen und Ausbildung von Fachkräften. Heuer gebe es dafür 120 Mio. Euro.

Starker Rückgang bei älteren Arbeitslosen

Die Zahl der älteren Arbeitslosen ab 50 ist mit minus 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr besonders stark zurückgegangen, betonte Kocher. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Rückgang um 9.789 auf 110.371 ältere Menschen ohne Job.

Grafik zur Arbeitslosigkeit im Jänner
Grafik: APA/ORF; Quelle: AMS

Bei den jungen Menschen zeigt sich gegenüber dem Vorjahr mit einem Zuwachs von 7,2 Prozent bei den Lehranfängerinnen und Lehranfängern in Unternehmen (ohne überbetriebliche Lehre) ein Aufwärtstrend, so das Arbeitsministerium. Die AMS-Daten zeigen allerdings auch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den Unter-25-Jährigen. Mit 58.322 waren um 1.383 oder 2,4 Prozent mehr ohne Job oder in Schulungen als vor einem Jahr.

Nach Geschlechtern waren mit 155.733 Frauen um 6,6 Prozent oder 10.939 weniger auf Arbeitssuche oder in Schulungen. Bei den Männern gab es einen Rückgang um 1,7 Prozent oder 3.945 auf 234.326 Arbeitssuchende oder Schulungsteilnehmer.

AK und ÖGB pochen auf höheres Arbeitslosengeld

Angesichts der aktuellen Arbeitsmarktdaten pochten Arbeiterkammer (AK) und Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auf die ihrerseits geforderte Erhöhung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. „Höhere Mieten, teurere Lebensmittel, saftige Energiekostenjahresabrechnungen und andere Kosten wachsen vielen Menschen über den Kopf“, so AK-Präsidentin Renate Anderl.

Es sei „völlig unverständlich, dass es aufgrund der Teuerung keine Verbesserungen bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe gibt“. Das Arbeitslosengeld gehöre auf 70 Prozent angehoben und valorisiert – das gelte auch für die Notstandshilfe. Familienzuschläge seien seit 2001 nicht mehr angepasst worden und sollten ebenso deutlich gesteigert werden.

„Noch genug Menschen ohne Arbeit“

„Nach der gescheiterten Arbeitsmarktreform hat die Bundesregierung auch in der Neujahrsklausur auf jene Menschen vergessen, die Arbeit suchen und für sie keine Verbesserungen beschlossen“, kritisierte Anderl. Auch wenn die Arbeitsmarktlage noch gut sei, gebe es österreichweit keine Vollbeschäftigung. „Es gibt immer noch genug Menschen, die aufgrund ihres Alters, gesundheitlicher Einschränkungen oder sonstiger nicht nachvollziehbarer Gründe, warum Unternehmen sie nicht einstellen, keine neue Beschäftigung finden.“

„Wir sehen, dass die Teuerung sogar wieder Fahrt aufnimmt“, so Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB. „Das bedeutet, dass die 390.000 Menschen nicht nur keinen Job haben, sondern sind auch massiv armutsgefährdet sind. In Folge sind davon auch tausende Kinder betroffen. Der ÖGB bleibt daher bei seiner Forderung, dass das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent Nettoersatzrate erhöht werden muss." Auf der Agenda des Arbeitsministeriums müssten zudem Investitionen in eine nachhaltige Arbeitsmarktpolitik stehen“, forderte Reischl. Die von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher angekündigten 120 Millionen Euro seien „zumindest ein Anfang“.

Industrie: Leistungsanreize erhöhen

„Der Arbeits- und Fachkräftemangel auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ist real und fordert die Unternehmen enorm“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer in einer Aussendung. „Es braucht jetzt umfassende Maßnahmen, um Leistungsanreize zu stärken und alle Potenziale auf dem Arbeitsmarkt zu heben“, begrüßte der Industrievertreter eine kürzlich von der Regierung gegründete Arbeitsgruppe. Er verwies darauf, dass die Zahl von 107.000 offenen Stellen immer noch eine sehr hohe sei. Auf der AMS-Jobplattform „alle jobs“ fänden sich mehr als 250.000 Jobangebote.

Die Wirtschaftskammer Wien (WK Wien) forderte indes eine „Fachkräfteoffensive, die rasch und nachhaltig wirkt, damit der Fachkräftemangel nicht gekommen ist, um zu bleiben“, so Präsident Walter Ruck. Qualifizierte Mitarbeiter blieben weiterhin eine äußerst gefragte Spezies. Alleine Unternehmen in Wien suchten in den nächsten drei bis fünf Jahren rund 55.000 Fachkräfte. Die hohe Nachfrage ziehe sich mittlerweile durch alle Bildungswege, zeige die „Bildungsbedarfsanalyse“ durch das Forschungsinstitut Makam Research, für die 925 Wiener Firmen mit 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befragt wurden.