Medien

Kaum Besserungen in Pressefreiheitsindex

Österreich hat sich im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) leicht auf Platz 29 von 180 Ländern verbessert. Mit einem Score von 77,3 (Vorjahr: 76,7) liegt es im Mittelfeld der als „zufriedenstellend“ eingestuften Länder. Nach Ansicht der RSF-Österreich-Sektion ist die „Sanierung der gefährdeten Pressefreiheit“ nicht gelungen.

Der Verbesserung ging ein Absturz im Vorjahresranking von Platz 17 auf 31 voraus. Vor allem im Bereich der Sicherheit ging es nun wieder nach oben. Bei politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen lag jedoch eine Verschlechterung vor.

Die Österreich-Sektion von RSF stellte fest, dass Verbesserungen angekündigt worden seien, was ein weiteres Abstürzen im Ranking verhindere. Das verändere die Lage der Pressefreiheit allerdings nicht zum Positiven hin. „Der letztjährige starke Absturz Österreichs im Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen hat sich also verfestigt“, stellte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell fest.

Grafik zur Medienfreiheit 2023
Grafik: APA/ORF; Quelle: Reporter ohne Grenzen

Die „Sanierung der gefährdeten Pressefreiheit in Österreich“ sei der Medienpolitik „nicht gelungen“. Angeführt wird etwa das Informationsfreiheitsgesetz, das nach wie vor nicht verabschiedet wurde. Österreich sei das einzige EU-Land ohne ein derartiges Gesetz, bemängelte RSF Österreich.

In Kategorie „Politischer Kontext“ abgerutscht

Kritisch sieht die Organisation auch, dass die neue Qualitätsjournalismusförderung etwa Diversität und Innovation ignoriere und zudem weiterhin keine Deckelung von Geldern öffentlicher Stellen für Inserate geplant ist. „Korruptiven Verhältnissen zwischen Regierung und Medien wurde durch das neue, 2022 als Entwurf vorliegende Medientransparenzgesetz kein Riegel vorgeschoben. Es können weiter ohne Folgen weitgehend willkürlich von der Regierung Werbeaufträge vergeben und Medienkooperationen eingegangen werden“, bemängelte Hausjell.

Hinweis

Das ORF-Dialogforum widmet sich am Mittwoch um 19.00 Uhr im ORF RadioKulturhaus dem Thema „Pressefreiheit unter Druck“. Die Diskussion ist im Livestream auf zukunft.ORF.at zu sehen und wird am Samstag, 6. Mai 2023, um 8.25 Uhr in ORF III ausgestrahlt.

Das Vorjahr war auch durch diverse Rücktritte renommierter Chefredakteure geprägt, die ein zu enges Naheverhältnis von einzelnen Politikern zu einzelnen Journalisten aufzeigten. „Diese schwerwiegenden Vorwürfe gegen führende Journalisten haben ein Bild verkommener Verhältnisse offengelegt, das zwar relativ rasch zu Rücktritten geführt hat, das aber dem Journalismus im Land ungemein schadet“, befand der RSF-Österreich-Präsident.

Im Ranking wurde Österreich bei der Säule „Politischer Kontext“ um 3,81 Punkte auf 74 Punkte herabgestuft, womit man auf Platz 33 landet. Jüngste Entwicklungen in der Inseratencausa wie eine Hausdurchsuchung beim Verlag der Gratiszeitung „Heute“ werden wie auch das endgültige Aus der „Wiener Zeitung“ in der gegenwärtigen Form erst im nächsten Ranking berücksichtigt.

Titelseiten heimischer Zeitungen blieben weiß

Die Titelseiten der im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vertretenen Printmedien blieben am Mittwoch weiß. Die Tageszeitungen protestierten damit am Tag der Pressefreiheit gegen die geplanten ORF-Novellen. Damit erhalte der ORF „zusätzliche öffentliche Geldmittel sowie erheblich mehr Möglichkeiten, seine Aktivitäten und Angebote im digitalen Raum auszuweiten“.

In einem gemeinsam unterzeichneten Brief an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) warnten die Zeitungsverleger, dass die Medienvielfalt in Österreich durch die von der Bundesregierung präsentierte Gesetzesreform „existenziell bedroht“ sei. Die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der Zeitungen flankierten den Protest mit Leitartikeln gegen das Gesetzesvorhaben. Zugleich wurde eine Überarbeitung des ORF-Gesetzes gefordert.

Nicht leer blieb hingegen die Titelseite der Tageszeitung „Österreich“, die mit der Schlagzeile „Stoppt die ORF Steuer“ eine Petition gegen die vorgesehene Haushaltsabgabe gestartet hat. Ziel sei eine „unabhängige ORF-Reform und eine nachhaltige Finanzierung des österreichischen Medienstandorts“, hieß es dazu in einer Aussendung.

Besser bei Sicherheit

Der vorliegende Pressefreiheitsindex ist der zweite, der nach einer neuen Methodik erstellt wurde. Der Index stützt sich auf fünf Indikatoren: politischer Kontext, wirtschaftlicher Kontext, rechtlicher Rahmen, soziokultureller Kontext und Sicherheit. Am schwächsten schnitt Österreich mit einem Score von 61,9 Punkten bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Hier gab es im Vergleich zum Vorjahresranking allerdings eine leichte Verbesserung, die auch auf eine neue Digitalisierungsförderung für die heimischen Medienhäuser zurückzuführen ist.

Stark zugelegt hat Österreich im Bereich der Sicherheit von 84,3 auf 89,2 Punkte. Das ist darauf zurückzuführen, dass Demonstrationen gegen die Coronavirus-Maßnahmen abgeebbt sind und keine „harten physischen Attacken“ auf Journalistinnen und Journalisten verzeichnet wurden. RSF Österreich rät der Regierung jedoch, mit der Polizei ein Sicherheitssystem zu entwickeln.

Norwegen an Spitze

Lediglich acht Ländern wird im Pressefreiheitsindex eine „gute“ Lage beschieden. Die Spitze führt zum siebenten Mal in Folge Norwegen an. Dahinter folgen Irland, Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande. Letztere verbesserte sich um 22 Plätze und erreichte wieder die Position aus 2021, bevor der Kriminalreporter Peter R. de Vries ermordet worden war. Neben Österreich werden 43 weitere Länder als „zufriedenstellend“ gerankt. Hier finden sich etwa die Schweiz (Platz zwölf), Deutschland (21; minus fünf Plätze), Frankreich (24), das Vereinigte Königreich (26) und die USA (45).

Ungarn (Platz 72) findet sich wie auch Polen (57) und die Ukraine (79) unter den Ländern mit „erkennbaren Problemen“. Letztplatziertes EU-Land ist Griechenland auf Platz 107, wo Journalistinnen und Journalisten von Geheimdiensten und durch Spionagesoftware bespitzelt werden. Am Ende des Rankings finden sich Nordkorea (180), China (179), Vietnam (178), der Iran (177), Turkmenistan (176) und Syrien (175). Auch in Russland (164), wo der Kreml hart gegen die restlichen verbliebenen unabhängigen Medien vorgeht, und in der Türkei (165) wird die Lage von RSF als „sehr ernst“ eingestuft. Insgesamt finden sich 31 Länder in dieser Kategorie und damit drei mehr als im Vorjahr.

RSF-Generalsekretär Christophe Deloire ortete eine gewisse „Instabilität“, die „Ergebnis einer zunehmenden Aggressivität der Behörden in vielen Ländern und einer wachsenden Feindseligkeit gegenüber Journalist:innen in den sozialen Medien und in der realen Welt“ sei. Die Fake-Content-Industrie ist laut RSF auf dem Vormarsch. In 118 Ländern gaben die meisten Befragten an, dass politische Akteure in ihren Ländern häufig oder systematisch an schweren Desinformations- oder Propagandakampagnen beteiligt seien. Manipulierte Inhalte würden eingesetzt, um Qualitätsjournalismus zu schwächen.