Bauer läuft über ein trockenes Feld
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Wirtschaft

Wassermangel Bedrohung für Landwirtschaft

Die Landwirte und Landwirtinnen in Ostösterreich kämpfen bereits seit vielen Jahren mit der zunehmenden Trockenheit. Der zunehmende Wassermangel sei eine Bedrohung für die landwirtschaftliche Produktion, sagte der Agrarökonom des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Franz Sinabell.

Trockenheit sei bereits „seit 20 Jahren ein Thema“. Die Bäuerinnen und Bauern in östlichen Regionen würden sich „in kleinen, innovativen Schritten“ an das fehlende Wasser anpassen, etwa durch Anpassung bei Sorten und Kulturen sowie der Anbaupraxis, so der WIFO-Ökonom zur APA. Auch die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen sei eine Möglichkeit zur Adaption an den Klimawandel. „Getreide lohnt sich aber nicht zu bewässern“, erklärte Sinabell.

Dies würde sich nur für Gemüse, Saatgetreide und Saatmais auszahlen. Die Bewässerung von normalem Körnermais sei „eine Gratwanderung“. Der Agrarökonom hat die Hoffnung, dass die heimische Landwirtschaft sich weiter an die Trockenheit anpasst und der Produktionsrückgang nicht allzu groß ausfällt. „Wir müssen uns keine Sorgen über die Nahrungsmittelproduktion machen.“

„Extreme Variante die wahrscheinlichere“

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat im Jahr 2018 in einem Bericht den Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Österreich erhoben und ein „moderates“ sowie ein „extremes“ Klimaszenario angenommen. Für den Zeitraum 2036 bis 2065 zeige sich bei einer „extremen“ Klimaveränderung im Hinblick auf die Ernährungssicherung aus den wertvollen landwirtschaftlichen Produktionsflächen „eine prekäre Situation“, in der lediglich für Roggen, Triticale und Silomais eine Versorgung aus eigener Produktion gewährleistet werden kann, heißt es im Bericht. „Inzwischen ist es so, dass die extremere Variante die wahrscheinlichere ist“, sagte Co-Studienautor Baumgarten kürzlich den „Salzburger Nachrichten“.

Der Agrarversicherer Hagelversicherung und die Universität für Bodenkultur warnten vergangenen Sommer vor großen Schäden durch anhaltende Dürre in Österreich. In den letzten 10 Jahren sind laut Hagelversicherung bereits Dürreschäden in Höhe von einer Milliarde Euro entstanden. Prognose für die Zukunft macht der Versicherer nicht.

In den nächsten Jahren würden Wetterextreme inklusive Dürre in Häufigkeit und Intensität zunehmen, hieß es vom landwirtschaftlichen Spezialversicherer auf APA-Anfrage. Eine höhere Temperatur bedeute mehr Verdunstung und stärkeres Pflanzenwachstum. Wenn der Niederschlag ausbleibe, seien Dürreschäden die Konsequenz. Bei der Hagelversicherung haben sich bereits sieben von zehn Landwirtinnen und Landwirte gegen das Risiko Dürre versichert.

Landwirte setzen auf hitzeresistente Pflanzen

Nicht nur nehmen die Trockentage und damit die Verdunstung zu, durch die wärmeren Winter wächst zusehends auch die Gefahr von Schäden durch Frostereignisse und damit einhergehenden Ernteeinbußen. Um sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, setzen die Landwirtinnen und Landwirte verstärkt auf den Anbau von hitzeresistenten Pflanzen.

Für sie ist die Problematik vielschichtig. So werden einerseits die Regengüsse durch gehäufte Extremwetterereignisse unregelmäßiger und intensiver. Daneben nehmen tendenziell die Hitzetage zu, was zu mehr Verdunstung führt. Die Verteilung der Niederschläge wird dadurch für die Bäuerinnen und Bauern immer schwieriger zu kalkulieren.

Schon jetzt sind die Konsequenzen erkennbar: In den Trockengebieten – hierzulande sind das vor allem östliche Gebiete wie das Weinviertel (Niederösterreich) oder das Burgenland – verzeichneten die Landwirtinnen und Landwirte zuletzt teilweise Ernteeinbußen zwischen 30 und 50 Prozent. „Wir spüren in den letzten Jahren einen deutlichen Unterschied zwischen den extremen Trockengebieten und jenen Gebieten, wo wir stabile Niederschlagsmengen vorfinden“, so der Präsident der Landwirtschaftskammer (LKÖ), Josef Moosbrugger, im Gespräch mit der APA.

Früheres Aufblühen der Vegetation

Folgen ergeben sich für die Landwirtinnen und Landwirte andererseits durch zunehmende Trockenheit im Winter. Denn wärmere Phasen in der kalten Jahreszeit bringen ein früheres Aufblühen der Vegetation mit sich, was die potenziellen Schäden durch Spätfrost erhöht. Vor allem für Kernobst wie Marillen, die im Frühling geerntet werden, ist das ein Problem. „Durch den wärmeren Winter sind Spätfroste eine extreme Gefahr in der Landwirtschaft“, sagte der LKÖ-Präsident dazu.

Für die Bäuerinnen und Bauern steigt damit der Druck, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen. Beispielsweise rüsten sie sich durch verstärkte Bodenbedeckung, deren Ziel es ist, die Verdunstung zu reduzieren. Außerdem wird immer mehr an wassersparenden Maßnahmen gefeilt. Den Herausforderungen begegnen sie aber insbesondere auch im Bereich der klimafitten Bewirtschaftung, sprich der Züchtung und dem Einsatz von hitzeresistenten Pflanzensorten.

Mais und Soja

Als hitzeresistent gelten vor allem Mais und Soja, wogegen beispielsweise die Sommergerste mit für Österreich ungewohnt warmen Temperaturen zu kämpfen hat. Ihr fehlt es an den biologischen Eigenschaften, sich gegen die klimatischen Veränderungen zu behaupten, wie der LKÖ-Pflanzenbauexperte Andreas Pfaller erklärte. Demnach bildet die Pflanze bei Dürre kleinere Körner aus, was sie beinahe unbrauchbar macht. „Wenn es trocken ist, fehlt es an Qualität und am Ertrag. Für Brauzwecke ist sie dann nicht geeignet. Deswegen ist die Sommergerste mehr oder weniger am Verschwinden.“

Dass sich die Präferenzen verändern, spiegelt sich bereits in den Daten der vergangenen Jahre wider. Brachte es die Sommergerste in der Vergangenheit laut Moosbrugger zu Spitzenzeiten auf eine Anbaufläche von 100.000 Hektar, ist sie mittlerweile auf gut 25.000 Hektar zusammengeschrumpft. Die Anbaufläche von Saatmais wiederum hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht – mit einem leichten Knicks von 2021 auf 2022, wie die jüngsten Daten der Agrarmarkt Austria (AMA) zeigen. Bei Soja hat sich der Flächeneinsatz in den vergangenen zehn Jahren demnach sogar mehr als verdoppelt. „Soja ist sicher jene Kultur, die sich in der jüngeren Vergangenheit am stärksten im Aufwind befunden hat“, hielt Pfaller fest.

„Winterkulturen werden attraktiver“

Generell greife man verstärkt auf Winterkulturen zurück, um der Sommerhitze und den Wetterkapriolen zu entgehen. Und: „Winterkulturen werden attraktiver, weil sie die Winterfeuchtigkeit aufnehmen können und damit mit Vorsprung in den Sommer starten“, so Moosbrugger. An Bedeutung gewinnen weiters kleinere Spezialkulturen wie Kichererbsen und Süßkartoffeln. Zudem würden Exoten wie Reis hierzulande immer besser gedeihen, ergänzte Pfaller.

Mit Blick auf die Nahrungsversorgung gab Moosbrugger trotz der größer werdenden Schwierigkeiten durch Hitze und Trockenheit Entwarnung. Er verwies darauf, dass aktuell mehr Getreide produziert werde, als der Markt im Lebensmittelbereich abnehme. Der Selbstversorgungsgrad mit Getreide lag hierzulande zuletzt bei annähernd 90 Prozent, ein Wert, den der LKÖ-Präsident langfristig als stabil erachtet. Wichtig sei aber, den Landwirten künftig weiter geeignete Ressourcen wie Pflanzenschutzmittel zur Verfügung zu stellen, damit sich der Anbau für diese auch wirtschaftlich rechne.

Kritik von Global 2000

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 kritisierte Moosbruggers Aussagen. „Wenn der Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer heute nach mehr Pestiziden und mehr Gentechnik als Antwort auf die gegenwärtigen ökologischen Krisen ruft und gleichzeitig die von einem breiten wissenschaftliche Konsens getragenen Maßnahmen des Europäischen Green Deal bekämpft, dann ist das ein drastischer Beweis, dass er nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat“, sagte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei Global 2000, laut Aussendung.

„Die Zukunft liegt in einer vielfältigen, kleinteiligen Landwirtschaft, die auf biologische Vielfalt, auf lokal angepasstes, vielfältiges Saatgut und Boden- und Humusaufbau als echte Klimaschutzmaßnahmen setzt“, so Burtscher-Schaden.