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APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Politik

SPÖ: Entsetzen und Appelle in den Ländern

Fassungslosigkeit über die Probleme bei der SPÖ-Vorsitzendenwahl hat am Dienstag die Wortmeldungen aus den Ländern dominiert. Der steirische SPÖ-Chef Anton Lang sprach von einem „Tiefpunkt“, David Egger in Salzburg forderte einen Fokus auf Inhalte. Selma Yildirim in Tirol zeigte sich „entsetzt“, Franz Schnabl in Niederösterreich sah ein „Desaster“.

Die SPÖ Burgenland traf sich am Dienstagvormittag zum Landesparteipräsidium und zum Landesparteivorstand. Die SPÖ-Vertreterinnen und -vertreter zeigten sich zunächst großteils wortkarg. Jene, die doch etwas sagten, stärkten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil den Rücken.

Doskozil traf nach der Präsidiumssitzung gegen 11.30 Uhr im Landtagsklub ein. Um ein Statement gebeten, erklärte er mit Verweis auf seine Pressekonferenz am Montag lediglich, dass „alles gesagt“ sei. Es habe sich nichts geändert.

Nach den Sitzungen trat er nicht mehr vor die Medien. Landesgeschäftsführer Roland Fürst erklärte im Anschluss gegenüber der APA: „Die Sozialdemokratie im Burgenland steht zu 100 Prozent zu Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.“ Bei den Sitzungen sei er von rund 60 Spitzenfunktionären mit „minutenlangem Applaus“ empfangen worden.

Appell zu „Geschlossenheit“

Der steirische SPÖ-Chef Lang wollte am Montag noch kein Statement abgeben. Am Dienstag sagte er nun: „Mir haben schon die Vorgänge in den letzten Wochen, wie man da in der Sozialdemokratie miteinander umgegangen ist, nicht gefallen, und jetzt ist dieser peinliche Fehler bei der Auszählung am Samstag aufgetreten – das wirft ein denkbar schlechtes Licht auf die österreichische Sozialdemokratie.“

Besonders leid tue es ihm für die unzähligen ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktionäre: „Ich verstehe auch die Enttäuschung zahlreicher Mitglieder, denn egal welchen Kandidaten man unterstützt hat – diese Vorgänge schaden uns massiv.“ Einen weiteren Sonderparteitag halte er für nicht notwendig, er begrüße aber den Vorschlag des designierten SPÖ-Chefs Andreas Babler, eine erneute Auszählung der Stimmen durchzuführen.

Egger von der Salzburger SPÖ möchte nun rasch zur inhaltlichen Arbeit übergehen. „Und vor allem müssen wir uns überlegen, wie wir in den direkten Kontakt mit den Menschen treten und unsere Politik verständlich und auch nachvollziehbar machen. Ich dränge daher sehr darauf, keine Zeit mehr vergehen zu lassen“, so Egger. „Zusammenräumen und neu aufbauen“, lautete der Rat des Salzburger Arbeiterkammer-Präsidenten Peter Eder.

„Scherbenhaufen beseitigen“

„Das ist eine Katastrophe, ich bin fassungslos“, sagte der Bludenzer SPÖ-Politiker Mario Leiter am Dienstag im ORF-Inteview. Er soll in Kürze in Vorarlberg anstelle von Gabriele Sprickler-Falschlunger den Platz als Landesparteivorsitzer übernehmen.

Man müsse nun den Scherbenhaufen beseitigen und weitermachen. Den Kopf in den Sand zu stecken wäre falsch, so Leiter. Man müsse auch in schwierigen Zeiten Verantwortung tragen, das erwartet sich Leiter von Führungskräften. Jetzt müsse zuerst einmal wieder Ruhe in die SPÖ gebracht werden, dazu seien grundsätzlich beide Kandidaten geeignet.

Ärger und Entsetzen in Wien und Tirol

Verärgert zeigte sich Bernhard Auinger, roter Vizebürgermeister in der Landeshauptstadt: Wozu mühe man sich tagtäglich als SPÖ-Politiker ab, wenn dann so etwas passiere?

Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer gratulierte Babler zur Wahl – mehr dazu in tirol.ORF.at. Die stellvertretende Tiroler SPÖ-Chefin und Nationalratsabgeordnete Yildirim zeigte sich am Dienstag gegenüber der APA „schlichtweg entsetzt über so viel Dilettantismus“, der im Zuge der Vorsitzendenwahl geschehen sei. „Für was habe ich denn eine Leiterin der Wahlkommission?“, fragte sie.

Yildirim war auch „überrascht“, dass die verantwortliche Michaela Grubesa am Montag, offenbar „ohne die Mitglieder der Wahlkommission zu informieren, so mir nichts, dir nichts, in die Parteizentrale reinmarschiert“ sei und das Ergebnis überprüft habe. Es gelte nun aufzuklären, „warum die Wahlleiterin nicht die entsprechenden Vorkehrungen getroffen“ habe, immerhin seien „rund 600 Stimmen wirklich überschaubar“.

Wohl „keine Veranlassung“ für Wahlwiederholung

Einen erneuten Sonderparteitag zu einer allfälligen Bestätigung Bablers als Bundesparteivorsitzenden wollte Yildirim nicht fordern. Nun müsse man „Ruhe bewahren“ und sich „einen Tag Zeit nehmen und statutenkonform noch einmal alles durchzählen“. Wenn es am Ende „keine Ungereimtheiten“ gebe, sehe sie „keine Veranlassung“ für eine Wahlwiederholung.

Am Mittwoch werde im Bundesparteivorstand jedenfalls „miteinander“ besprochen, wie es weitergehen solle, und man werde einen „gemeinsamen Fahrplan“ für das weitere Vorgehen entwickeln.

Transparenter Umgang mit Fehlern gefordert

Ebenso keine Notwendigkeit für einen Sonderparteitag sieht Kärntens SPÖ-Landesgeschäftsführer Andreas Sucher – sofern das Ergebnis der heutigen Prüfung der Wahlkommission mit einem Notar die Abläufe und das Zustandekommen des Wahlergebnisses transparent darstellen könne und sonstige Fehler im Wahlprozedere ausgeschlossen werden können.

Sollte das nicht der Fall sein, müssen die Gremien entscheiden, wie es weitergeht. Nationalratsabgeordneter Philip Kucher, Klagenfurter Stadtparteivorsitzender, hoffte ebenso, dass nun „nachvollziehbar und transparent“ dargestellt werden könne, was passiert sei. Davon werde abhängen, ob ein neuerlicher Parteitag nötig sei. „Es sind offensichtlich Fehler passiert. Das wird transparent dargestellt und Grundlage für alle weiteren Entscheidungen.“

Vertauschte Ergebnisse „Desaster“

Auch nach Ansicht von Schnabl, scheidender SPNÖ-Vorsitzender und ASBÖ-Präsident, ist kein weiterer Sonderparteitag notwendig, wenn die nochmalige Auszählung „sauber, nachvollziehbar und überprüft“ vonstattengeht, wie er am Dienstag auf APA-Anfrage sagte. Die vertauschten Ergebnisse bezeichnete Schnabl als „Desaster“ und „peinlich“ – man müsse sich dafür bei Mitgliedern, Funktionären und Wählern entschuldigen.

Schnabls designierter Nachfolger als Chef der SPÖ in Niederösterreich, Sven Hergovich, sagte, über die Ereignisse „fassungslos“ zu sein. „Das Bild der letzten Tage wird unserer stolzen Bewegung und unseren Werten nicht gerecht. Fehler können passieren, aber die Wahl ist das Allerheiligste der Demokratie, und wir erwarten uns zu Recht, dass hier mit Umsicht und höchster Sorgfalt gearbeitet wird“, sagte er in einem Statement. Babler wurde von Hergovich unterdessen „volle Unterstützung“ zugesichert – mehr dazu in noe.ORF.at.

Raushalten und Schweigegelübde

„Ich halte mich aus der Diskussion raus“, sagte Karl Schlögl, ehemaliger Innenminister, SPÖ-Landesparteivorsitzender und Landesvize in Niederösterreich sowie Ex-Bürgermeister von Purkersdorf (Bezirk St. Pölten), zur APA. Er sei „kein aktiver Politiker mehr“, jeder Kommentar von ihm „wäre nicht gescheit“.

Er habe sich mit seinem Ausscheiden aus der niederösterreichischen Landespolitik 2013 „ein Schweigegelübde auferlegt“, ließ mit Josef Leitner, Bürgermeister von Wieselburg (Bezirk Scheibbs), ein weiterer ehemaliger niederösterreichischer SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter wissen.

Breit aufgestelltes Team muss her

Oberösterreichs SPÖ-Chef und Doskozil-Anhänger Michael Lindner sagte nach dem nun „absolut unbestreitbaren Ergebnis“ Babler seine „hundertprozentige Unterstützung“ zu. Er und seine Landespartei warteten jetzt auf die Teamaufstellung des neuen Bundesparteichefs. Um ein „neues Miteinander“ zu begründen, müsse dieses Team „breit aufgestellt sein“, meinte er.

Zudem befürwortet er Bablers Ankündigung, im Herbst einen vorgezogenen Parteitag abzuhalten. Da könnten dann auch die notwendigen Statutenänderungen verabschiedet werden, um die Mitgliederbestimmung in der Partei weiter auszubauen. So ist Lindner dafür, dass bei Koalitionsübereinkommen künftig eine Urabstimmung durchgeführt werden soll.

Der Linzer Bürgermeister und Parteikollege Klaus Luger will das hingegen nicht. Er sieht die Mitgliederaufwertung als „Gratwanderung“, manchmal gewinne er den Eindruck, dass nur „eine heiße Kartoffel weitergereicht“ werde. Auch seine Freude über Babler an der Parteispitze ist hörbar verhalten, „auch wenn ich dazu stehe, dass derjenige mit den meisten Stimmen die Partei führt“, so der Doskozil-Unterstützer.