Lampert: „Bio“ von Weg abgekommen

Die Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form wird es nicht mehr lange geben, ist der Biopionier Werner Lampert überzeugt. Im Interview mit ORF.at pocht er auf mehr Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln und erklärt, warum „Bio“ längst vom Weg abgekommen sei.

„Die konventionelle Landwirtschaft manövriert uns in eine Sackgasse, das ist eine Landwirtschaft ohne Zukunft“, sagte der Gründer der REWE-Marke „Ja! Natürlich“ und des Hofer-Labels „Zurück zum Ursprung“. Durch sie könne, so Lampert, die europäische Bevölkerung in den nächsten 20, 30 Jahren nicht mehr ernährt werden, da sie auf „totale Ausbeutung“ aufbaue. Am Leben erhalten werde das System lediglich durch die Förderpolitik.

Werner Lampert

Werner Lampert GmbH

Lampert brachte mit „Ja! Natürlich“ Österreichs erstes Biolabel auf den Markt, 2006 gründete er die Marke „Zurück zum Ursprung“ für Hofer

„Ganz weit abgedriftet“

Die biologische Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form sei dabei keine Lösung: Sie sei zwar vielen in den 60ern als leuchtendes Zukunftsmodell vor Augen gestanden. „Seit zehn, zwölf Jahren ist das jedoch ganz weit weggedriftet vom ursprünglichen Gedanken“, kritisiert Lampert gegenüber ORF.at. Übrig geblieben sei eine sehr pragmatische Einrichtung, die sich in ihren Methoden immer mehr der konventionellen Landwirtschaft annähere.

Durch die steigende Nachfrage seien die Richtlinien verwässert worden - „Bio“ sei in den wenigsten Fällen nachhaltig. Ein Beispiel: „Bio“ garantiere zwar Auslauf für Kühe, das passiere jedoch in den wenigsten Fällen auch tatsächlich auf Weiden.

Zusammenbruch droht

Lampert warnt davor, dass das derzeitige Landwirtschaftssystem durch seine große Abhängigkeit von Schwellenländern und der Petrochemie zu kippen drohe: Wenn Bauern in Brasilien und Argentinien auf ihren Riesenfeldern nicht länger Soja für Lebensmittel, sondern nur noch Getreide für Biosprit anbauten, um größere Erträge zu erzielen, „bricht alles zusammen“. Preise für Fleisch würde sich in Europa schlagartig verdoppeln oder verdreifachen.

Die einzige überlebensfähige Landwirtschaft sei eine, die auf „Bio“, Nachhaltigkeit und Regionalität setze, in der weder Boden noch Tiere oder Menschen ausgebeutet werden. Strenge Richtlinien seien dafür ebenso nötig wie gegenseitige Verantwortung. Die Konsumenten müssten begreifen, dass sie für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der heimischen Bauern verantwortlich seien. Die Bauern wiederum müssten sich bewusst machen, dass sie Lebensmittel für Menschen produzieren und damit für deren Gesundheit mitverantwortlich sind.

„Zeit der billigen Lebensmittel ist vorbei“

Mit drastischen Auswirkungen auf den Konsumenten: Zum einen, so Lampert, sei die Zeit der billigen Lebensmittel vorbei. Zum anderen müssten sich auch die Essgewohnheiten der Menschen ändern. Der große Fleischhunger der Europäer könne auf Dauer nicht gedeckt werden - man müsse wieder zu den Zeiten zurückkehren, als es nur ein-, zweimal in der Woche Fleisch zu essen gab. Ein „Umerziehen“ sei da aber gar nicht nötig - irgendwann werde es ganz einfach gar keine andere Möglichkeit mehr geben.

Petra Fleck, ORF.at

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