Primärversorgung geht in Begutachtung

Nach jahrelangen Verhandlungen hat Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) heute den Gesetzesentwurf für die medizinische Primärversorgung in Begutachtung geschickt.

Der mit der ÖVP abgestimmte Entwurf orientiert sich über weite Strecken an dem Referentenentwurf vom Februar, den die Ärztekammer abgelehnt hat. Die Begutachtung soll nun vier Wochen dauern. Ziel des Gesundheitsministeriums ist ein Beschluss des Gesetzes noch vor dem Sommer. Bis 2021 soll es zumindest 75 Primärversorgungseinrichtungen geben.

Ärztekammer sieht Fortschritte

Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger reagierte am Freitag durchaus positiv auf den Begutachtungsentwurf. Die Ärztekammer sei in den letzten Wochen intensiv in die Diskussionen eingebunden gewesen. Dabei habe man auch Fortschritte erzielt. Er sei auch von Rendi-Wagner über die Begutachtung informiert worden, sagte Wechselberger.

Die Ärztekammer müsse den Begutachtungsentwurf jetzt inhaltlich noch genau prüfen. Es seien aber schon viele Vorschläge aufgegriffen worden. Allerdings beinhalte der Entwurf noch nicht alles, was die Ärztekammer fordere. Man werde nun in der Begutachtung weitere Vorschläge einbringen und hoffe, dann auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, sagte Wechselberger.

Kernteams definiert

Laut dem Begutachtungsentwurf hat eine Primärversorgungseinheit aus einem Kernteam aus Allgemeinmedizinern und Pflegekräften zu bestehen, auch Kinderfachärztinnen können Teil davon sein. Orts- und bedarfsabhängig können Angehörige von Sozial- und Gesundheitsberufen (z.B. Therapeuten und Ernährungsberater) „verbindlich und strukturiert eingebunden werden“, heißt es in dem Entwurf. Damit soll die Teamarbeit zwischen den Ärzten und mit anderen Gesundheitsberufen gefördert werden.

Unmterschied zwischen Standort und Netzwerk

Festgehalten ist in dem Gesetzesentwurf, dass eine Primärversorgungseinheit entweder an einem Standort oder als Netzwerk organisiert sein kann, wobei Netzwerke eher in ländlichen Gebieten zum Tragen kommen werden, heißt es. An einem Standort kann sie als Gruppenpraxis oder in Form eines selbstständigen Ambulatoriums geführt werden.

Wird sie als Netzwerk, z.B. in Form eines Vereins, geführt, „so kann diese nur aus freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzten, anderen nichtärztlichen Angehörigen von Gesundheits- und Sozialberufen oder deren Trägerorganisationen gebildet werden“.

Anforderungen genau definiert

Genau definiert werden auch die Anforderungen an eine Primärversorgungseinheit. So muss eine wohnortnahe Versorgung und eine gute verkehrsmäßige Erreichbarkeit gewährleistet sein. Auch „bedarfsgerechte Öffnungszeiten mit ärztlicher Anwesenheit jedenfalls von Montag bis Freitag, einschließlich der Tagesrandzeiten“ sind erforderlich.

Für Akutfälle mussaußerhalb der Öffnungszeiten in Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitseinrichtungen die Erreichbarkeit organisiert werden. Auch Hausbesuche müssen die Medizinerinnen und Mediziner durchführen.

Bestehende Praxen haben Vorrang

Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für neue Primärversorgungseinheiten wird bestehenden Praxen Vorrang eingeräumt. Der Befürchtung der Ärztekammer vor einer Verdrängung der Hausärzte begegnet der Entwurf: „Die örtliche Gebietskrankenkasse hat zunächst ihre Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie ihre Vertrags-Gruppenpraxen für Allgemeinmedizin, deren Planstellen im Stellenplan (...) für die konkrete Primärversorgungseinheit vorgesehen sind, einzuladen.“

Erforderlichenfalls seien weitere Allgemeinmediziner und Kinderärzte zur Bewerbung einzuladen. Erst wenn nach sechs Monaten keine geeigneten Bewerbungen vorliegen, hat die Einladung zur Bewerbung über diesen Personenkreis hinaus zu erfolgen.

Auch der Befürchtung der Ärztekammer vor einem Einstieg von Großkonzernen will der Entwurf Rechnung tragen. Gesellschafter von Primärversorgungseinheiten in Form von selbstständigen Ambulatorien „dürfen nur gemeinnützige Anbieter gesundheitlicher oder sozialer Dienste, Krankenversicherungsträger oder Gebietskörperschaften sein“.

Einzelverträge mit Krankenkassen

Vorgesehen ist ein bundesweiter Gesamtvertrag, der die Grundzüge regelt und der zwischen Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer abgeschlossen werden soll. Dazu soll jede Primärversorgungseinheit einen Einzelvertrag mit der jeweiligen Krankenkasse abschließen.

Darin sollen nicht nur die anzubietenden Leistungen definiert werden, sondern auch die Honorierungsformen werden darin angesprochen. So soll sich die Honorierung der Ärzte nicht nur aus Grund- und Fallpauschalen und Einzelleistungsvergütungen zusammensetzen, es können auch Bonuszahlungen für speziell vereinbarte Versorgungsziele vereinbart werden.

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