Österreicher spenden im Schnitt 74 Euro

Die Österreicherinnen und Österreicher spenden heuer 630 Mio. Euro. Das sind im Schnitt 74 Euro pro Kopf. Nach Jahren des Wachstums und dem Rekordwert von 640 Mio. Euro 2016 verzeichnet der Fundraising Verband Austria (FVA) damit einen leichten Rückgang.

Zurückgeführt wird das auf eine Verunsicherung der Spenderinnen und Spender durch die Neuregelung der Absetzbarkeit sowie weniger Aufrufe zu Flüchtlingshilfe und Elementarereignissen. Seit 1. Jänner müssen nicht mehr die Spenderinnen und Spender selbst ihre Spenden beim Finanzamt geltend machen, sondern die von ihnen bedachten Organisationen.

Grafik zeigt das Spendenaufkommen in Österreich

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Fundraising Verband Austria (FVA)

Diese benötigen dafür den vollständigen Namen der Spenderin bzw. des Spenders laut Meldezettel und Geburtsdatum - was vielleicht bei manchen Unbehagen hervorruft. Für die Organisationen bedeute die Regelung einen enormen Verwaltungsaufwand, kritisierte FVA-Generalsekretär Günther Lutschinger bei der Präsentation des Spendenberichts 2017 am Mittwoch in Wien.

Oberösterreicher Spitzenreiter

62 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher spenden - am liebsten für Kinder, Tiere und Katastrophenhilfe im Inland. Auf den vierten Platz in diesem Ranking sind Bettler und Obdachlose vorgestoßen. Im Durchschnitt werden für wohltätige Zwecke 113 Euro locker gemacht.

Im Bundesländervergleich sind die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher mit 126 Euro am großzügigsten. Schlusslicht sind die Wienerinnen und Wiener mit 99 Euro. Bei der Beteiligung liegen Niederösterreich und das Burgenland vorn, wo 74 Prozent der Bevölkerung spenden.

Grafik zeigt das Spendenaufkommen in Österreich

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Fundraising Verband Austria (FVA)

Gespendet wird an Organisationen, für die man Sympathie hegt, aus Anteilnahme und wenn die Sicherheit besteht, dass die Spende zweckgerichtet ankommt. Die Top drei der bedachten Organisationen sind das Rote Kreuz, die Caritas und SOS Kinderdorf. „Wir sind ein Land der Kleinspender. Was immer noch fehlt, ist ein Engagement der Vermögenden“, sagte Lutschinger. Potenziellen Großspendern will sich das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) verstärkt zuwenden und habe zu diesem Zweck eine Stiftung gegründet, sagte dessen Generalsekretär Werner Kerschbaum.

Demenzkranken und Pflichtschulabbrecher

Zwei Themen wolle man sich verstärkt zuwenden: Der Betreuung von Demenzkranken sowie von Pflichtschulabbrecherinnen und -abbrechern durch Lernhilfe. Derzeit werden 300 bis 400 junge Menschen in sogenannten Lernhäusern unterstützt. Diese Einrichtungen möchte man österreichweit installieren, dann könnten 3.000 junge Leute unterstützt werden.

Rund 6.500 Pflichtschulabbrecherinnen und -abbrecher gibt es jedes Jahr, „zukünftige Arbeitslose“, wie Kerschbaum sagte. Ein Betreuungsplatz koste 2.500 bis 3.000 Euro pro Jahr - weit weniger als ein Arbeitsloser, betonte der ÖRK-Generalsekretär. „Wir wollen daraus ein Mainstream-Thema machen“, so Kerschbaum, der sich für die Zukunft eine Private-Public-Partnership vorstellt. Denn Spenderinnen und Spender könnten mit Recht einwenden, dass Schulbildung eine Aufgabe der öffentlichen Hand sei. „Wir sind mit der Politik im Gespräch“, versicherte der ÖRK-Generalsekretär.

Ausweitung der Absetzbarkeit gefordert

An die Politik richtet sich auch eine Reihe von Forderungen des FVA. Wie in Deutschland und der Schweiz sollte die Absetzbarkeit von Spenden für sämtliche Bereiche der Gemeinnützigkeit gelten. Derzeit sind Bildung und Sport in Österreich nicht, Kunst und Kultur eingeschränkt begünstigt. Rechtsvorschriften für gemeinnützige Einrichtungen sollen vereinfacht werden.

„Allein die Vereinsrichtlinie des Finanzministeriums umfasst 250 Seiten. In der letzten Legislaturperiode sind 100 Seiten dazugekommen“, sagte Lutschinger. Für unbedingt notwendig erachtet der FVA-Geschäftsführer die Kest-Befreiung von gemeinnützigem Vermögen, um den Stiftungsstandort Österreich zu stärken.

Platz zehn in Europa

Im internationalen Vergleich sind einmal mehr die USA Spendenweltmeister. 2016 wurden in den USA insgesamt 349,14 Mrd. Euro gespendet. Dies entspricht rund 1.080 Euro pro Kopf, allerdings sind dabei auch Zuwendungen an Kirchen enthalten. Europa verzeichnet jährlich ein Spendenaufkommen von insgesamt rund 46 Mrd. Euro.

Grafik zeigt das Spendenaufkommen in Österreich

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Fundraising Verband Austria (FVA)

Das soziale Engagement ist in den einzelnen Ländern mitunter sehr unterschiedlich. Dementsprechend reicht das nationale Spendenaufkommen von 27 Euro pro Kopf in Tschechien bis hin zu fast 200 Euro pro Kopf in der Schweiz. Mit einer Pro-Kopf-Spendensumme von 74 Euro bewegt sich Österreich im europäischen Mittelfeld (Platz zehn), berechnet auf den Anteil am BIP (0,18 Prozent) Platz neun. Einen niedrigeren Wert weist beispielsweise Frankreich mit 52 Euro pro Kopf, einen höheren Schweden mit 111 Euro pro Kopf auf.

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