Jeder Dritte nützt Handy am Steuer

Ablenkung ist die Hauptursache tödlicher Verkehrsunfälle. Grund ist insbesondere das Handy. Laut einer Umfrage des Ifes-Institus im Auftrag der ASFINAG nützt jeder Dritte das Handy am Steuer - obwohl es verboten ist.

Jeder Zehnte gab sogar an, häufig das Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung zu nützen. Insbesondere im Stop-and-go-Verkehr greift jeder Vierte oft zum Handy, kam bei der Umfrage unter 1.000 Autofahrern und Autofahrerinnen, durchgeführt im April, heraus. Verkehrssicherheit sei „absolute Teamarbeit“ und „keine Frage des Wissens, sondern des Wollens“, sagte Karin Zipperer, Vorstandsdirektorin der ASFINAG bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien. „Die teuerste Sicherheitseinrichtung nützt nichts, wenn viele im Blindflug mit dem Smartphone unterwegs sind.“

Mehr als die Hälfte der Unter-30-Jährigen gab sogar an, während der Fahrt bereits Videos oder Fotos aufgenommen zu haben. Besonders „beliebt“ sind Naturereignisse wie Sonnenauf- und Sonnenuntergang oder Regenbögen, dies haben 19 Prozent der Befragten bereits abgelichtet.

Grafik zur Ablenkung beim Autofahren

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Asfinag/IFES

„Im höchsten Maße verantwortungslos“

Dahinter folgen besondere Wetterverhältnisse wie Wintereinbruch oder die Temperatur am Display mit 16 Prozent und mit 14 Prozent Landschaft und Tiere. „Das ist im höchsten Maße verantwortungslos“, sagte Zipperer. Das Ablenkungsrisiko wird wissentlich in Kauf genommen, das eigene Fahrkönnen wiederum stark überschätzt, konstatierte die Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer.

2017 starben auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen 56 Personen. Durch Unachtsamkeit oder Ablenkung passierten 17 tödliche Unfälle, bei denen 19 Menschen ums Leben kamen - also ein Drittel aller Todesopfer. „Zwei Sekunden abgelenkt bei Tempo 130 sind fast 80 Meter im Blindflug“, erläuterte Zipperer.

„Wir investieren jeden zweiten Euro - rund 500 Millionen im Jahr - in Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit“, sagte ASFINAG-Vorstandsdirektor Klaus Schierhackl. Ohne Eigenverantwortung der Lenker würde es nicht gehen. „Es braucht die volle Konzentration auf den Verkehr, beide Hände am Lenkrad“, forderte er.

Hälfte der Befragten musste voll abbremsen

Wie die Umfrage auch ergab, musste knapp die Hälfte der Österreicher und Österreicherinnen in den vergangenen zwölf Monaten in einer gefährlichen Situation voll abbremsen, weil er oder sie abgelenkt war. Viele seien der Meinung, sie könnten SMS am Steuer lesen oder schreiben und dies durch langsameres Fahren kompensieren, erläuterte Schützhofer. Insbesondere junge Lenker „führen im Schnitt doppelt so viele ablenkende Tätigkeiten aus als ältere“, sagte die Expertin.

Die Konsequenzen werden vielfach unterschätzt. Bewusstseinsbildung „muss in der Ausbildung beginnen“, sagte Schützhofer. Obwohl Handygebrauch am Steuer seit fast 20 Jahren verboten ist, wurde es für viele bereits zur alltäglichen Gewohnheit, erklärte die Psychologin. Diese Gewohnheit muss durchbrochen werden, „das Verhalten zu ändern ist der schwierigste Schritt“.

1,3 Millionen Euro lässt sich die ASFINAG nun eine Informationskampagne mit dem Slogan „Hallo Leben“ kosten. Ab Dienstag sollen 200 Plakate, Dutzende Zeitungsinserate sowie Spots in Radio und TV vor der Handybenützung am Steuer warnen.

Ö3-Aktion gegen Handys im Straßenverkehr

Auch das ORF-Radio Ö3 startet mit „Ich bin kein Smartloch“ eine Kampagne gegen Handys im Straßenverkehr. Hier wird allerdings auch Gaffer thematisiert, die immer öfters den Weg zum Einsatzort versperren. Die Aktion wird am Dienstag bei der Verleihung des 17. Ö3-Verkehrsawards vorgestellt. Es folgen ein mehrwöchiger Schwerpunkt im Radio-Programm und auf oe3.orf.at sowie Printinserate, Audio- und Kinospots.

„‚Ich bin kein Smartloch‘ spricht für alle, die bis jetzt immer wieder einmal im Straßenverkehr zum Handy gegriffen haben, obwohl sie eigentlich wissen, dass das gefährlich oder dumm ist“, betonte Ö3-Senderchef Georg Spatt. „Das Smartphone ist heute ein nicht wegzudenkender alltäglicher Begleiter. Jedoch sollte man im Straßenverkehr tunlichst die Finger davon lassen - sonst kann es durchaus der letzte Griff zum Handy gewesen sein“, sagte der Leiter der Ö3-Verkehrsredaktion, Thomas Ruthner.

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