Wirtschaft gegen Lehrlingsabschiebung

Die Abschiebung von Lehrlingen sorgt weiter für Diskussionen. Wie ein APA-Rundruf am Donnerstag zeigte, lehnen mehrere Wirtschaftskammern aus den Bundesländern diese Vorgangsweise ab und verweisen etwa auf den Fachkräftemangel.

Aus der Bundesregierung erklärte FPÖ-Integrationsministerin Karin Kneissl allerdings zuletzt, dass keine Gesetzesänderung angedacht wird. Auch der neue WKÖ-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) ist auf Regierungslinie und verwies in einem „Kurier“-Interview vor wenigen Tagen auf die geltende Rechtslage. Asylwerbende in Lehre müssten demnach genauso behandelt werden wie jeder und jede andere mit einem negativen Asylbescheid. Fachkräftezuwanderung und Asyl seien außerdem zwei unterschiedliche Themen - mehr dazu in Debatte über Abschiebungen.

„Wenig sinnvoll“ Lehrlinge abzuschieben

Die Vorarlberger Wirtschaftskammer hingegen spricht sich dafür aus, dass jugendliche Asylwerbende eine begonnene Lehre in einem Mangelberuf fertig machen können. Man halte es für „wenig sinnvoll“, junge Flüchtlinge während der Ausbildung abzuschieben, so Direktor Christoph Jenny gegenüber der APA. Auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hatte sich im Landtag für einen Verbleib ausgesprochen.

„Es wäre wesentlich vorteilhafter, wenn sie ihre Lehre zumindest fertig machen dürften. Das wäre eine Win-Win-Situation. Betriebe müssten nicht eine Ausbildung abbrechen, und die Jugendlichen hätten zumindest etwas, was sie in ihre Länder mitnehmen könnten“, so Jenny. Das deutsche Modell „3 plus 2“, das vorsieht, dass Asylwerbende nach dem Lehrabschluss noch automatisch zwei weitere Jahre bleiben dürfen, ist für die Vorarlberger Kammer „durchaus vernünftig“.

Auf die Frage, wie realistisch er eine Umsetzung einschätze, sagte Jenny: „Die Hoffnung ist nicht sehr groß, obwohl es ja von allen Seiten Initiativen gibt, jugendliche Asylwerber zu integrieren“, dabei „würden wir sie brauchen, gerade in Mangelberufen“. Möglich wäre, ein humanitäres Bleiberecht auszusprechen oder eine Rot-Weiß-Rot-Card zu vergeben. „Da sollte man der Bundesregierung alle Spielräume offenlassen, Hauptsache man erreicht inhaltlich und menschlich das Ziel“, so der Wirtschaftskammerdirektor. Indes nennt der Präsident der Troler Wirtschaftskammer, Jürgen Bodensseer, das Abschieben von Asylwerbenden in einem Lehrverhältnis einen „Wahnsinn“ - mehr dazu in Bodenseer gegen Abschiebung von Lehrlingen.

Schaden für die Unternehmen

Die Wirtschaftskammer Oberösterreich betonte auf APA-Anfrage zwar: „Asylrecht muss Asylrecht bleiben.“ Es könne nicht durch das Beginnen einer Lehre ausgehebelt werden. Aber die Interessenvertretung schlägt auch vor, einen Aufenthaltstitel für derartige Asylwerbende zu schaffen. Ähnliches gebe es ja jetzt auch schon für Studierende oder Schüler und Schülerinnen. Doch das große Problem des akuten Fachkräftemangels könnte auch damit nicht gelöst werden, gibt man zu bedenken.

Der Präsident der Salzburger Wirtschaftskammer, Konrad Steindl, sieht in der Beschäftigung von Asylwerbenden als Lehrlinge ebenfalls einen Beitrag, dem Fachkräftemangel zu begegnen. „Wir befürworten es nicht, dass Lehrlinge in Ausbildung abgeschoben werden“, erklärte Steindl gegenüber der APA und forderte eine Lösung, ließ aber offen, wie diese aussehen könnte.

Betriebe, die Lehrlinge einstellen, haben Investitionen getätigt und sich engagiert: „Es wäre ein Schaden für die Unternehmer, diese Leute jetzt abzuschieben“, so der Kammerpräsident. Auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, die Abschiebung gut integrierter Lehrlinge zu verhindern. Er schlug dazu vor, das humanitäre Bleiberecht nach dem Abschluss eines Asylverfahrens noch einmal zu überprüfen, würde aber den Weg über die Rot-Weiß-Rot-Card bevorzugen.

Engagierte Lehrlinge bei WKNÖ willkommen

Gute und engagierte Lehrlinge seien willkommen, das gelte für die heimische Jugend ebenso wie für Asylwerbende, stellte die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) am Donnerstag fest. Es sei jedenfalls eine Überlegung wert, dass junge Menschen mit negativem Asylbescheid „ihre Lehre zumindest noch beenden können oder sogar noch einige Zeit im Unternehmen arbeiten“.

Firmen, die Asylwerbende als Lehrlinge aufnehmen, seien sich aufgrund der geltenden Rechtslage bewusst, dass der Asylantrag der Beschäftigten auch abgelehnt werden könnte, so die WKNÖ. „Klar ist aber auch, dass Unternehmen, die einen Lehrling ausbilden, natürlich damit rechnen, damit in eine neue, zukünftige Fachkraft zu investieren. Niemand will Jugendliche, die sich in der Lehre bewähren, wieder verlieren.“

„Wenn junge Menschen einfach nur herumhängen und keine Ausbildung machen, während sie auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten, scheint das nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein“, hieß es seitens der Kammer auf Anfrage weiter. Tatsache sei, dass Niederösterreichs Unternehmen dringend Fachkräfte bräuchten.

Auch die Wirtschaftskammer Steiermark setzt sich weiterhin dafür ein, dass Asylwerber und Asylwerberinnen in Lehre ein Bleiberecht erhalten. Die Wirtschaft brauche die Fachkräfte dringend, heißt es auch von betroffenen Betrieben, die derzeit Lehrlinge ausbilden - mehr dazu in Diskussion über Abschiebung von Lehrlingen.

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