Lkw-Abbiegeassistent: Hofer kündigt Gipfel an

Nach dem Unfall, bei dem ein Kind auf einem Schutzweg in Wien von einem abbiegenden Lkw getötet wurde, hat Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) einen Gipfel zur Verbesserung der Lkw-Sicherheit angekündigt.

Der Lkw-Sicherheitsgipfel soll am Dienstag in einer Woche stattfinden. Dabei soll über die möglichst rasche Einführung von Lkw-Abbiegeassistenten beraten werden. Ebenso sollen Ergebnisse aus einem Pilotprojekt, das seit 2017 durchgeführt wird, vorgestellt werden. 20 Fahrzeuge wurden hierfür mit einem „Toter-Winkel-Assistenzsystem“ ausgerüstet - mehr dazu in Pilotprojekt: Linienbus mit Rundumkameras (wien.ORF.at).

EU-Pflicht ab 2024

„Die EU plant die verpflichtende Ausrüstung neuer Lkw mit diesem Assistenz-System erst im Jahr 2024. Ich möchte gemeinsam mit den Experten, Interessensvertretungen, Technikern und Politikern hier den Status quo diskutieren und zu konkreten Lösungen kommen, um Österreich als Vorreiter-Land zu positionieren. Die technische Machbarkeit der Nachrüstung von Lkw mit Abbiege-Assistent ist vorhanden, jetzt geht es um die Umsetzung auf politischer Ebene“, kündigte Hofer an.

Auch Stakeholder wie die Wirtschaftskammer, Autofahrerklubs, Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sowie die Verkehrssprecher der Nationalratsklubs und die Verkehrsstadträte aller Landeshauptstädte sind zum Gipfel geladen. Der ÖAMTC begrüßte den Sicherheitsgipfel in einer Aussendung.

Rundumkamerasystem

APA / Herbert Pfarrhofer

Frontkameradisplay im Linienbus mit Rundumkamerasytem

In einem „Österreich“-Interview regte Hofer am Montag außerdem an, städtische Verkehrsmittel wie die Busse der Wiener Linien umzurüsten. Dort sieht man auf APA-Nachfrage allerdings vorerst keinen Bedarf, wie ein Sprecher meinte. Denn die Sichtsituation sei für den Fahrer eines „Öffi“-Busses eine ganz andere als in einem Lkw. Durch mehr Glas und eine niedrigere Sitzhöhe sei das „Sichtfeld viel freier“, sagte der Sprecher. Das Thema Verkehrssicherheit und vorausschauendes Fahren sei zudem stark in der Ausbildung bzw. den verpflichtenden Nachschulungen für Lenker präsent.

Stadt Wien rüstet erste Lkws um

Noch am Montag wurde ein erster Abbiegeassistent in ein Testfahrzeug der Stadt Wien eingebaut. „Wird der Blinker betätigt, wird eine Kamera aktiviert. Befindet sich etwas in diesem Blickfeld, ertönt ein Signal“, sagte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ). Nach wenigen Tagen der Austestung soll dann feststehen, ob der flächendeckende Einbau den gewünschten Nutzen bringt. Ist das der Fall, werde der Einbau ab Beginn der kommenden Woche schnell umgesetzt, versprach Sima. Dabei geht es unter anderem um rund 300 Müllfahrzeuge der MA 48.

Müllabfuhr in Wien

ORF.at/Birgit Hajek

Der Fuhrpark der Stadt Wien umfasst rund 500 Lkws

3.000 Euro kostet das System pro Fahrzeug, bei Neuanschaffungen soll der Abbiegeassistent bereits mitgeliefert werden. Man habe schon in den vergangenen Jahren immer wieder derlei Systeme getestet, die Ergebnisse seien allerdings nie zufriedenstellend gewesen, argumentierte Sima. Deshalb habe man für die Mistautos mit Experten einen speziellen Zusatzspiegel entwickelt, um den toten Winkel zu eliminieren. Dieser sei bereits bei allen MA 48-Fahrzeugen im Einsatz.

Fix ist, dass der Fuhrpark der Verkehrsabteilungen - sie unterstehen Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) - jedenfalls umgerüstet wird. Das betreffe 37 Lkws mit über 3,5 Tonnen, die Nachjustierung beginne „ab sofort“ und soll in den kommenden Monaten abgeschlossen sein. Vassilakou forderte Hofer einmal mehr auf, den rechtlichen Rahmen für eine österreichweite Lösung zu schaffen. Außerdem seien auch Bundeseinrichtungen aufgefordert zu handeln, sah die Stadträtin etwa ASFINAG, ÖBB, Bundesheer oder Polizei in der Pflicht - mehr dazu in Erste Lkws der Stadt mit Abbiegeassistenten (wien.ORF.at).

Auch WKÖ für Nachrüstung

Begrüßt werden die Pläne der Stadt Wien von der Wirtschaftskammer Wien. „Der Bund muss sich schnellstmöglich ein Vorbild nehmen und hier nachziehen“, forderte Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien, in einer Aussendung - mehr dazu in Abbiegeassistent für Lkw soll Pflicht werden (wien.ORF.at).

Lkw Abbiegeassistent Petition

ORF

Eltern starteten eine Petition für verpflichtende Lkw-Abbiegeassistenten

Die Wirtschaftskammer Österreicher (WKÖ) hatte sich bereits für die Nachrüstung von Lkws mit Abbiegeassistenten ausgesprochen. Dafür notwendig sei aber auf jeden Fall „eine finanzielle Unterstützung des Bundes“, sagte Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ. Neu zugelassene Lkws und Busse sollen „so rasch wie möglich mit den neuesten Sicherheitsstandards zur Gefahrenvermeidung ausgerüstet werden“, hieß es in einer Aussendung.

Petition nach Tod eines Neunjährigen

Auch Volksanwalt Peter Fichtenbauer sprach sich am Montag in einer Aussendung für den zwingenden Einbau von Abbiegeassistenten für Lkws ein. „Ich bitte daher das Parlament, möglichst rasch eine entsprechende Regelung auf den Weg zu bringen“, hieß es.

Der ehemalige Verkehrsminister und nunmehrige stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried will allen Klubobleuten einen Entschließungsantrag zukommen lassen, in dem der Verkehrsminister aufgefordert wird, „eine Novelle des Kraftfahrgesetzes 1967 vorzulegen, wonach Lastkraftwagen mit geeigneten Abbiegeassistenten verpflichtend auszurüsten sind und sowohl für die entsprechende Nachrüstung als auch für die Voraussetzung zur Zulassung in Österreich eine kurze Übergangsfrist vorzusehen ist“.

Kerzen an Unfallstelle in Wien-Landstraße

APA/Georg Hochmuth

Unfallort in Wien, an dem ein Neunjähriger starb

Die Debatte um Abbiegeassistenten für Lkws war nach einem tödlichen Unfall in Wien aufgekommen. Ein neunjähriger Bub war Ende Jänner auf dem Schulweg auf einem Schutzweg von einem abbiegenden Lastwagen niedergefahren und getötet worden. Die daraufhin gestartete Petition von Eltern für eine verpflichtende Lkw-Nachrüstung mit elektronischen Systemen, die den toten Winkel möglichst eliminieren sollen, hatte mit Stand Montag bereits mehr als 35.000 Unterstützer - mehr dazu in Neunjähriger von Lkw erfasst und getötet (wien.ORF.at).

Kritik an „Rechtsabbiegen bei Rot“

Sima wiederum sieht Hofers Pilotprojekt „Rechtsabbiegen bei Rot“ kritisch. Hier würden grüne Fußgängerphasen mit dem Abbiegeverkehr verschränkt. Das sei „kontraproduktiv“. „Wir in Wien versuchen das gerade etwas zu entzerren“, so die Stadträtin. Auch Leichtfried sprach sich gegen „Rechtsabbiegen bei Rot“ aus. „Damit erhöhen wir das Risiko solcher Unfälle massiv. Gerade für Kinder ist es extrem gefährlich.“

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