Kein Bewerber für jede fünfte Stelle

Im nächsten halben Jahr werden laut Wirtschaftskammer 148.000 zusätzliche Mitarbeiter gebraucht. Vor allem die Nachfrage nach Fachkräften, also Personen mit Lehrabschluss (in Summe 89.000), sei hoch.

Im Vergleich zum Vorjahr werden um 20 Prozent mehr Lehrlinge gesucht, berichtete die Generalsekretärin der Wirtschaftskammer, Anna Maria Hochhauser. Zwei Drittel der Betriebe mit über 20 Mitarbeitern können jetzt schon nicht mehr alle Positionen besetzen, geht aus einer market-Umfrage hervor.

Mangel an „Qualifikation und Mobilität“

In erster Linie mangle es an Qualifikation und Mobilität. „Sie werden kaum einen Wiener oder eine Wienerin finden, der oder die in Tirol in der Gastronomie eine Lehre macht - aber Ostdeutsche sind dort“, sagte Hochhauser. „Die Kluft zwischen dem Arbeitsangebot und den Qualifikationen, die bei den Arbeitslosen zur Verfügung stehen, ist ein Strukturproblem.“

Auf dem Inlandsmarkt müsse das Image von Lehrlingen gestärkt werden - etwa durch Zugangsmöglichkeiten zu den Fachhochschulen und Universitäten. Zudem soll man Anreize für das Weiterarbeiten im höheren Alter schaffen und Frauen in der Arbeitswelt besser unterstützen. „Wenn wir das in den nächsten Jahren nicht in den Griff bekommen, kostet uns das Wachstum und Wohlstand“, so Hochhauser.

Welche Jobs gefragt sind

Dringend gesucht sind Mitarbeiter in technischen Berufen, im IT-und im Managementbereich, in der Kommunikationstechnologie und ganz allgemein im Dienstleistungsbereich. Derzeit drängen immer noch über 50 Prozent der weiblichen Lehrlinge in die Berufe Verkäuferin, Bürokauffrau und Friseurin.

Babyboomer-Generation verlässt Markt

Die aktuelle demografische Entwicklung verschärft das Problem: „Die Babyboomer-Generation aus den 1960er-Jahren verlässt allmählich den Arbeitsmarkt und die Zahl der Schüler wird kleiner“, sagte Bevölkerungsexperte Rainer Münz den Arbeitskräftemangel. Zudem entwickelten sich manche Branchen rasanter als die entsprechenden Ausbildungen dazu. 63 Prozent der Betriebe sprechen sich dafür aus, Frauen im Berufsleben besser zu unterstützen, indem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert wird.

Chancen für Zuwanderer verbessern

Laut Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, fehlen 30.000 bis 50.000 Fachkräfte, die im Ausland aktiv angeworben werden müssten, um den Arbeitskräftemangel der nächsten Jahrzehnte auszugleichen. Die Rot-Weiß-Rot-Card sei das wichtigste Instrument zur Steigerung der Attraktivität des österreichischen Wirtschaftsstandortes. In fast jedem dritten heimischen Unternehmen seien bereits Personen mit Migrationshintergrund beschäftigt. Ein umfassendes Zuwanderungskonzept müsse dringend ausgearbeitet werden, so Neumayer.

Die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland sei eine Chance bei der Bekämpfung des heimischen Fachkräftemangels, teilte Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) mit. „Österreich braucht begabte, qualifizierte und engagierte Menschen, um als Wirtschaftsstandort erfolgreich zu sein.“ Kurz forderte erneut die Anerkennung von Bachelor-Abschlüssen für die Rot-Weiß-Rot-Card, das Arbeits-und Aufenthaltsvisum für Drittstaatenangehörige.

59 Prozent wollen, dass der Standort Österreich für Zuwanderer attraktiver wird - 45 Prozent sind für den Aufbau einer Willkommenskultur und 40 Prozent befürworten eine gezielte Bewerbung der Rot-Weiß-Rot-Card, die auf Betreiben der Wirtschaftskammer vor einem Jahr eingeführt wurde. Die Rot-Weiß-Rot-Card ist ein Arbeits-und Aufenthaltsvisum für Drittstaatenangehörige plus deren engere Familie. Seit dem Start am 1. Juli 2011 seien bereits 2.000 Bewilligungen erteilt worden - es gab den Kammerangaben zufolge doppelt so viele Bewerber wie im alten Schlüsselkräfte-System.

AK: Wirtschaft soll Hausaufgaben machen

In Sachen Fachkräftemangel müsse die Wirtschaft auch zuerst einmal ihre Hausaufgaben machen, sagte der Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt und Integration in der Arbeiterkammer, Josef Wallner. Mit Blick auf die schwierige Lage am Arbeitsmarkt sollten die Betriebe jetzt die eigene Belegschaft weiterentwickeln und qualifizieren. Zuletzt seien die Arbeitslosenzahlen wieder massiv angestiegen

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