Landespolitiker mit Lücken im Lebenslauf

Fehlende Jahre im Lebenslauf, undurchsichtige Firmenbeteiligungen und dubiose Immobilienverstrickungen - das ist nur eine Auswahl der Ungereimtheiten in den Dossiers der Landtagsspitzenkandidaten, die von der Transparenzplattform MeineAbgeordneten.at zusammengetragen wurden.

Untersucht wurden alle bereits feststehenden Spitzenkandidaten der derzeit im Parlament vertretenen Parteien für die kommenden Landtagswahlen in Niederösterreich, Kärnten, Salzburg und Tirol. „Da gibt es einiges, was wir sehr merkwürdig finden“, fasste die Leiterin der Redaktion, Marion Breitschopf, am Montag bei einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Recherche zusammen. Ins Visier nahm die Transparenzinitiative nicht nur Lebensläufe, sondern auch Nebentätigkeiten und -einkünfte.

Haslauer-Mitarbeiterin als Geschäftsführerin

Als besonders spannend habe sich der Salzburger Spitzenkandidat der ÖVP, Wilfried Haslauer, erwiesen: Er sei mit rund 150.000 Euro an der Kraftwerk Mandl GmbH beteiligt, die Geschäftsführung habe er 2004 aufgrund seiner Angelobung als Landeshauptfrau-Stellvertreter zurückgelegt. Die Geschäftsführung habe eine Frau übernommen, die vorher noch nie als Geschäftsführerin tätig war - dafür jedoch eine namensgleiche Chefassistentin in der Salzburger Landesregierung vorweisen könne, so Martin Winkler, Präsident der Initiative Respekt.net.

Sollte es sich um dieselbe Person handeln, „stellt sich hier die Frage, ob es sein kann, dass eine weisungsgebundene Mitarbeiterin eine geschäftsführende Position einnimmt, die man selbst nicht bekleiden kann? Und weiter: Ob es sich hier nicht um eine Umgehungskonstruktion handelt?“, meinte Winkler.

Dörfler ohne Schulabschlussinfos

Auffällig ist auch der Tiroler SPÖ-Vorsitzende Gerhard Reheis: Er habe ursprünglich eine Lehre als Setzer absolviert und auch in diesem Beruf gearbeitet. Dann orientierte er sich um und schloss 1984 eine Lehre als Bürokaufmann ab. Zu diesem Zeitpunkt sei Reheis allerdings bereits vier Jahre lang Bezirksgeschäftsführer der SPÖ Imst gewesen. „Wer hat ihn dann angelernt?“, fragte Winkler.

Auch bei FPK-Spitzenkandidat Gerhard Dörfler in Kärnten würden schlicht sechs Jahre im Lebenslauf fehlen. Auskünfte über Schulabschlüsse gebe es keine, 1970 begann er eine Lehre als Bankkaufmann, 1976 wurde er mit 20 Jahren Filialleiter.

Rosenkranz studiert seit 1976

Auch einige „ewige Studenten“ gebe es unter den Kandidaten: So gibt die FPÖ-Kandidaten in Niederösterreich, Barbara Rosenkranz, an, seit 1976 zu studieren, auch der grüne Kärnten-Kandidat Rolf Holub studiert seit 1997 Publizistik. Die Plattform MeineAbgeordneten.at sammelte diese Daten aus unterschiedlichsten Quellen, Auskunft von den Betroffenen gab es nicht immer: „Es muss einfach standardisierte Lebensläufe von Spitzenkandidaten geben“, forderte Breitschopf daher.

Frank Stronach, der als Spitzenkandidat des Team Stronach (TS) in Niederösterreich nun ebenfalls ein Dossier besitzt, sei ein „schwieriger Kandidat“ gewesen. Die internationalen Verstrickungen Stronachs hätten das Zeit- und Geldbudget von MeineAbgeordneten.at schlicht überstiegen, erklärte Breitschopf.

Köfer „vergaß“ Zweckwidmung

Dagegen sei der Kärntner Kandidat von TS umso ergiebiger: Gerhard Köfer erhielt nicht nur einen „Big Brother Award“ und gab an, Unternehmen gegründet zu haben, die sich nicht nachvollziehen lassen, er verpachtete als Bürgermeister von Spittal an der Drau (damals SPÖ) auch ein Grundstück für ein Kunstprojekt an die Immobilienfirma Soravia. Die Zweckwidmung wurde jedoch vergessen. „Gleichzeitig wohnte Köfer in Wien in einer Wohnung, die Soravia gehörte“, so Breitschopf. Auch würden sich etwa mit dem Fliesenunternehmer Harry Nessl nun alte Geschäftspartner und Freunde Köfers auf der TS-Kandidatenliste finden.

Pröll-Preis von Firmen bezahlt

Beim Dr.-Erwin-Pröll-Zukunftspreis müsse man sich fragen, „ob es hier um die Zukunft von Niederösterreich oder die Zukunft von Erwin Pröll geht“, meinte Breitschopf. Immerhin sei der niederösterreichische Landeshauptmann der ÖVP nicht nur Stifter des Preises, sondern auch Juryvorsitzender. Bezahlt werde dagegen von großen niederösterreichischen Unternehmen.

Der Initiative geht es aber auch um leichte Zugänglichkeit der Daten für jedermann. Kärnten habe sich dabei als am wenigsten auskunftsfreudig erwiesen. „Kärnten ist immer noch ein gallisches Dorf“, sagte Breitschopf. Seit einem halben Jahr bemühe man sich vergeblich um die Liste mit Nebeneinkünften der Abgeordneten. Selbst die Liste der Kandidaten sei nur auf Anfrage zu bekommen.

Die Plattform MeineAbgeordneten.at ist ein Projekt der Initiative Respekt.net und ist seit Herbst 2011 online. Finanziert wird die Website durch Spenden von Privatpersonen. Die Transparenzdatenbank führt derzeit Einträge zu rund 400 Politikern, darunter vor allem österreichische Regierungsmitglieder, EU-, Bundesrats- und Nationalratsabgeordnete.

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