Stöger sagt Masern den Kampf an

Masern sind hoch ansteckend. In den letzten zwölf Jahren gab es offiziell 1.000 Fälle, Schätzungen gehen von 10.000 aus, 16 Kinder starben daran. Deshalb startet das Gesundheitsministerium jetzt eine Impfkampagne.

„Masern sind kein Kinderspiel. Ich habe mich an meine Kindheit erinnert und meine Mama gefragt. Wir sind fünf Geschwister gewesen - alle waren krank. Es hat lange gedauert, bis ich wieder in die Schule gegangen bin. Die Gefahr ist, dass man die Krankheit unterschätzt und als Kinderkrankheit abtut“, sagte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) am Freitag.

Geschätzte 10.000 Erkrankungen in zwölf Jahren

Obwohl seit 1998 mit dem kostenlosen Kinderimpfprogramm Österreichs Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfstoff) eigentlich „verbannt“ sein sollten, ist das noch längst nicht der Fall. Pamela Rendi-Wagner, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Ministerium, sagte: „Wir haben auch in den letzten zwei Wochen wieder Ausbrüche mit fünf gemeldeten Fällen. 2008 hatten wir einen großen Ausbruch in Salzburg, wo Schüler einer anthroposophischen Schule erkrankten, weil sie nicht geimpft waren. In den vergangenen zwölf Jahren (seit 2002, Anm.) hatten wir 1.000 gemeldete Masernfälle.“

Die WHO rechnet mit einer Dunkelziffer vom Faktor zehn. „Das wären in Österreich rund 10.000 Erkrankungen. 16 Kinder sind an einer tödlichen Spätfolge (subakute sklerosierende Panenzephalitis - SSPE; Anm.) gestorben. Allein in Bulgarien gab es 2010 rund 22.000 Masernfälle, es kam zu Ausbrüchen im fünfstelligen Bereich in Frankreich, Deutschland und Italien“, sagte Pamela Rendi-Wagner.

Alle Kinder sollen geschützt werden

Der einzige Schutz ist die MMR-Impfung. Die Erstimpfung - so die Expertin - sollte ab dem elften Lebensmonat erfolgen (95-prozentige Schutzrate). Die zweite Impfung (noch einmal 95-prozentige Schutzrate und damit faktisch 100 Prozent) sollte auf jeden Fall bis zum Ende des zweiten Lebensjahres erfolgen. „Wir sind bei den Kindern viel zu spät dran“, so Pamela Rendi-Wagner.

„Wir haben bei den Zweijährigen erst Schutzraten zwischen 60 und 80 Prozent. Da ist Handlungsbedarf angesagt“, sagte Stöger. Erst ab einer Durchimpfungsrate der Bevölkerung von 95 Prozent ergibt sich der sogenannte „Herdenschutz“, der durch Unterbrechung des Zirkulierens der Viren für Personen, welche die Erkrankung nie gehabt haben oder die Impfung nicht bekommen können - Säuglinge unter elf Monaten, Immunsupprimierte und Schwangere - entscheidend ist.

Österreich schließt sich mit der Kampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. „Wir haben die Durchimpfungsrate von 95 Prozent derzeit nicht erreicht. Wir werden das auch nicht bis 2015 (wie von der WHO gewünscht, Anm.) erreichen. Aber wir wollen das Ziel haben“, betonte Pamela Rendi-Wagner.

Nachholimmunisierung von Erwachsenen

Neben den Eltern und ihren Babys sind junge Erwachsene die zweite Zielgruppe. Die Expertin: „Wir sehen auch Impflücken bei den jungen Erwachsenen ab Mitte 20 bis Ende der 30er Jahre. Das sind jene Altersgruppen, die noch nicht von den Impfprogrammen erfasst worden sind.“ Seit Sommer 2011 wird allen Österreichern bis zum Alter von 45 Jahren die MMR-Vakzine für Nachholimpfungen kostenlos angeboten.

Der Impfstoff ist ausgesprochen effektiv und gut verträglich, erklärte die Sektionsleiterin im Gesundheitsministerium: „In den letzten 14 Jahren gab es keinen einzigen anerkannten Impfschaden bei den Masernimpfungen - bei seit 1998 drei Millionen verimpften Vakzine-Dosen.“ Verhältnismäßig häufig seien Impfskeptiker unter der „urbanen Mittelschicht“ anzutreffen.

Das sei mit ein Grund, warum das Leopold Museum in Wien drei Abende lang mit dem -rottupfigen Slogan „Wir schielen auf Dich“ angestrahlt sein wird. Dazu gibt es noch zahlreiche andere Werbemaßnahmen.

Links: