ÖBB investiert in Digitalisierung

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben 2014 ihr Konzernergebnis deutlich gesteigert. ÖBB-Chef Christian Kern will nun verstärkt in Digitalisierung investieren sowie in einen Ausbau des internationalen Güterverkehrs und in Aus- und Weiterbildung.

Die ÖBB habe in allen wesentlichen Unternehmensteilen, also im Güterverkehr, im Personenverkehr und im Busgeschäft, erstmals die Kapitalkosten verdient", so Kern am Freitag bei der Pressekonferenz im neuen ÖBB-Hauptquartier beim Hauptbahnhof in Wien. Das Vorsteuerergebnis (EBT) kletterte um 68 Prozent auf 171,7 Mio. Euro. Neben Kostensenkungen hob Kern dabei auch die gestiegene Kundenzufriedenheit der Passagiere hervor. „Wir sind hier europäischer Spitzenreiter.“

Während die Zahl der Passagiere auf der Schiene 2014 leicht um 0,4 Prozent auf 235 Millionen Fahrgäste stieg, ging sie im Busverkehr um 1,7 Prozent auf 231 Millionen zurück. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und der fortschreitenden Deregulierung wolle man auf dem „Heimmarkt Europa“ wachsen, kündigte Kern an. Im Güterverkehr wollen die ÖBB aus eigenen Stücken zulegen, nur in kleinem Maßstab seien Kooperationen bzw. Zukäufe möglich.

Mehr WLAN in Zügen und Bahnhöfen

Eine Digitalisierungsoffensive soll den Passagieren auf mehr Bahnhöfen und in den railjet-Zügen mehr und bessere WLAN-Verbindungen bringen. „Es ist leichter, im Spaceshuttle WLAN bereitzustellen als im railjet - kein Witz“, meinte Kern. Mit den Telekomanbietern führe man Gespräche, um die Antennendichte entlang der Strecken zu erhöhen. Bis Mitte 2016 soll WLAN auf 27 weiteren Bahnhöfen angeboten werden. In allen railjets soll die Verfügbarkeit und Bandbreite ebenfalls erhöht werden.

Beim Onlineticketing gebe es zudem noch großes Potenzial, da der Anteil in Österreich nur bei zehn Prozent liege, während er in anderen Ländern bereits ein Drittel erreicht habe. Mit einer neuen App soll der Ticketkauf für den gesamten öffentlichen Verkehr schneller und einfacher funktionieren.

Wachsen am „Heimmarkt Europa“

Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und der fortschreitenden Deregulierung wolle man am „Heimmarkt Europa“ wachsen, kündigte Kern an. Im Güterverkehr wollen die ÖBB aus eigenen Stücken zulegen, nur in kleinem Maßstab seien Kooperationen bzw. Zukäufe möglich. Die ÖBB-Güterverkehrssparte Rail Cargo ist derzeit in 19 Ländern aktiv. Ausbaupläne gibt es bei Vertrieb und Traktion in Deutschland, den Beneluxländern und in Südosteuropa. Weiters soll die Position an den Adriahäfen Koper, Triest und Rijeka gestärkt werden.

Als weiteren Schwerpunkt für die Zukunft sieht die ÖBB die Personalentwicklung: Um auch noch im Jahr 2020 genügend qualifiziertes Personal zu haben, werde heute schon intensiv in Ausbildung investiert. 50 Mio. Euro fließen in die Lehrlingsausbildung und Weiterbildung im Konzern. Die zunehmend alternde Belegschaft müsse Schicht- und Nachtdienste stemmen, hier sei Entlastung notwendig. Heuer sollen 400 neue Mitarbeiter eingestellt werden.

Hilfe für Bundeland Kärnten?

Angesprochen auf Sparbemühungen der Bundesregierung zeigt Kern zwar Verständnis für Budgetnöte angesichts der Steuerreform und der Abwicklung der Hypo Alpe-Adria (jetzt Heta). „Wenn man in Österreich über Budgetkürzungen spricht, können Posten wie die Bahn nicht unberührt bleiben.“ Allerdings seien die Investitionen der ÖBB in Infrastrukturprojekte ein direkter Beitrag zu mehr Wirtschaftswachstum, betonte er.

Gerade im finanziell angeschlagenen Bundesland Kärnten sieht der ÖBB-Chef noch großes Potenzial für die Bahn. Im Zuge des Koralm-Tunnelbaus werde auch die Region Ostkärnten besser erschlossen werden können. Kern bekannte sich auch erneut voll zu den großen Infrastrukturprojekten, etwa Semmering- und Brennerbasistunnel. Er rechne fest damit, dass Italien bei der Mitfinanzierung seine Verpflichtungen einhalte.

Mehr öffentliche Mittel für ÖBB

Das „System Bahn“ lebe auch von den Beiträgen der Steuerzahler, so Kern weiter: Die Bundesbahnen erhielten 2014 öffentliche Mittel in Milliardenhöhe. In den Personenverkehr flossen 926 Mio. Euro (plus 38 Mio. zu 2013), in die Rail Cargo Austria 82 Mio. (plus vier Mio.), die Infrastruktur erhielt mit 1,730 Mrd. Euro (plus 61 Mio.) den größten Brocken. Mehr Umsatz bedeute aber nicht mehr Gewinn, sagte Kern. Die zusätzlichen Gelder seien zur Abgeltung von Mehrleistungen geflossen.

Im laufenden Jahr 2015 sehen sich die ÖBB weiter auf Wachstumskurs. Der Vorsteuergewinn (EBT) soll um 16 Prozent auf 199,7 Mio. Euro steigen. Die Nettoverschuldung werde um fünf Prozent auf 21,945 Mrd. Euro weiter zulegen, die Bruttoinvestitionen sollen mit 2,463 Mrd. Euro um 20 Prozent gegenüber 2014 gesteigert werden. „Die 199 Millionen sind sakrosankt“, sagte ÖBB-Chef Kern. „Wenn wir die nicht haben, werden wir auch nicht unsere Schulden abbauen können.“ Viel höhere Ergebnisse peilt Kern allerdings nicht mehr an. Für die Kunden seien Leistungen wie Sauberkeit und Pünktlichkeit wichtiger als die ÖBB-Bilanzwerte, meinte er.

Link: