Studie: Österreichs Gefängnisse überbelegt

In Österreich sind - wie in zwölf weiteren europäischen Staaten - die Gefängnisse überbelegt. Das geht aus einem Bericht des Europarats hervor, der am Dienstag in Brüssel präsentiert wurde. Ganz akutell sind die Zahlen allerdings nicht. Die Studie bezieht sich weitgehend auf das Jahr 2014.

Die heimischen Gefängnisplätze reichen für die Zahl der Häftlinge zwar nicht aus, mit einer Auslastung von 101,1 Prozent steht Österreich im Vergleich zu Ungarn (142 Prozent), Belgien (129 Prozent), Griechenland (121,4 Prozent), Frankreich (114,5 Prozent) und Italien (109,8) aber noch recht gut da.

Mit einer durchschnittlichen Haftzeit von 8,9 Monaten liegt Österreich im Vergleich der 47 Mitgliedsländer des Europarats im Mittelfeld. Den Spitzenwert erreicht hier die Republik Moldau mit 29,2 Monaten. Am anderen Ende finden sich die Schweiz und Schweden mit 1,6 bzw. 1,9 Monaten, so die Studie der Universität Lausanne.

Hoher Ausländerinnenanteil

Auffallend ist der hohe Ausländerinnenanteil in den heimischen Justizanstalten, der 50,1 Prozent ausmacht. Lediglich in Griechenland (59 Prozent), Luxemburg und der Schweiz (je 73 Prozent) und dem Sonderfall Monaco (96 Prozent) wird dieser übertroffen. In Polen liegt er demgegenüber bei unter einem Prozent. Betrachtet man Europa als Gesamtes, beträgt der Anteil ausländischer Häftlinge 21,7 Prozent, wobei rund ein Drittel der Insassinnen aus EU-Mitgliedsstaaten kommen.

Pro Tag und Häftling hat Österreich der Europarat-Studie zufolge im Jahr 2013 die Summe von 106,52 Euro ausgegeben. Hier sind im Ländervergleich besonders große Unterschiede feststellbar. San Marino lässt sich einen Häftling täglich 685 Euro kosten, die Ukraine dagegen nur 2,68 Euro. In Deutschland kommt ein Häftling auf 112,35 Euro, in Italien auf 129,86 Euro.

Rund 100 Euro pro Häftling und Tag

Während man in Kroatien mit 7,4 Euro eher knausert, erreichen Schweden und Norwegen mit 356 bzw. 358 Euro den oberen Plafond. Auch in Österreich hat man zuletzt deutlich mehr an finanziellen Mitteln in den Strafvollzug gepumpt. Im Vorjahr verursachte ein Strafgefangener pro Hafttag Kosten von 123,12 Euro, gab das Justizministerium am Dienstag auf APA-Abfrage bekannt.

Grundsätzlich ist in Europa der Anteil der Inhaftierten rückläufig. Pro 100.000 Einwohnerinnen befanden sich im Jahr 2014 124 Menschen im Gefängnis. Dieser Wert ist seit 2013, als es noch 134 waren, um sieben Prozent zurückgegangen. In Österreich lag er im Untersuchungszeitraum bei 104,1. 2015 ist er aktuellen Zahlen des Justizministeriums zufolge bereits auf 101,6 Häftlinge pro 100.000 Einwohnerinnen zurückgegangen. Zum Vergleich: In Russland liegt er bei 467.

Mehr weibliche Häftlinge

Auch hinsichtlich der belegten Haftplätze gibt es in Europa eine leichte Entspannung. Waren 2011 die insgesamt vorhandenen Kapazitäten noch zu 99 Prozent ausgelastet, ging die Auslastung 2014 auf 94 Prozent zurück. Leicht angestiegen ist die Anzahl der weiblichen Häftlinge, die sich seit 2012 (4,7 Prozent) auf fünf Prozent erhöht hat. In Österreich waren im Untersuchungszeitraum 6,1 Prozent der Gefangenen weiblich.

Sterberate über Durchschnitt

Auch dem Sterben in den europäischen Gefängnissen hat der Europarat Beachtung geschenkt. Im statistischen Mittel kommen von 10.000 Insassinnen zwischen 28,5 und 31 in den Vollzugsanstalten ums Leben (Zahlen aus dem Jahr 2013). In knapp einem Fünftel der Fälle handelt es sich um Suizid. In Österreich liegt die Mortalitätsrate der Studie zufolge bei 48 von 10.000.

Für das heimische Justizministerium „ist die hier angegebene Sterblichkeitsrate nicht nachvollziehbar“, sagte Ressortmediensprecherin Britta Tichy-Martin. „Setzt man die Todesfälle in Verhältnis mit der Gesamtzahl der Insassinnen im jeweiligen Jahr, errechnet sich für 2013 eine Sterblichkeitsrate von 32 und im Jahr 2015 von 26 Personen“, gab sie gegenüber der APA zu bedenken. Im Zusammenhang damit hob Tichy-Martin einen Umstand besonders hervor: „Im Vorjahr hat die Anzahl der Suizide mit sechs einen Tiefststand erreicht.“

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