Mindestsicherung wird „Fleckerlteppich“

Die Mindestsicherung steht mit dem Auslaufen der Bund-Länder-Vereinbarung mit Jahresende auf wackeligen Beinen. Da sich die Politik auf keine neue bundesweite Regelung einigen konnte, sind ab 2017 die Länder allein zuständig. Dies dürfte zu einem „Fleckerlteppich“ mit unterschiedlicheren Regeln als bisher führen.

Für große Familien und Flüchtlinge haben bereits die Länder Niederösterreich und Oberösterreich Einschnitte beschlossen. In Oberösterreich sind die Neuregelungen schon seit Sommer in Kraft: Statt 914 Euro gibt es für zeitlich befristete Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte nur mehr 365 Euro monatlich plus einen an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 Euro - in Summe 520 Euro.

ÖVP und FPÖ versprechen sich einen Kostendämpfungseffekt von über 70 Mio. Euro bis 2019, SPÖ und Grüne erwarten bis dahin maximal 17 Mio. Abgefedert wird das Paket durch zusätzliches Geld für Alleinerziehende und eine verlängerte Wohnmöglichkeit im Grundversorgungsquartier inklusive 40 Euro Taschengeld im Monat sowie einen „Jobbonus“, der allen Mindestsicherungsbeziehern zugutekommt.

Mindestaufenthaltsdauer und Deckel in NÖ

In Niederösterreich gelten ab Jahreswechsel neue Regeln. Wer seinen Hauptwohnsitz bzw. rechtmäßigen Aufenthalt nicht zumindest in fünf der letzten sechs Jahre in Österreich hatte, erhält dann maximal 572,50 Euro. Außerdem wird die Mindestsicherung mit 1.500 Euro pro Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft gedeckelt.

Auch im Burgenland dürfte es zu einem solchen Deckel kommen. Beide Regierungsparteien, SPÖ und FPÖ, treten dafür ein. Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat sich außerdem dafür ausgesprochen, bei Asylwerbern einen Teil der Mindestsicherung an das Erlernen der deutschen Sprache zu knüpfen. Die FPÖ will den Bezieherkreis möglichst einschränken.

Sanktionsmodell in der Steiermark

In der Steiermark hoffte man bis zuletzt auf eine bundesweite Vorgabe. Im September wurde aber bereits beschlossen, dass bei Missbrauch rasch Sanktionen verhängt werden können: Wenn etwa eine Arbeit nicht angenommen wird oder ein Bezieher nicht beim AMS erscheint, wird in einem ersten Schritt die Leistung um 25 Prozent gekürzt, weitere Reduzierungen sind möglich.

Der Grundbetrag beträgt 837 Euro. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine „Integrationshilfe“ in der Höhe von 628 Euro, die Differenz zur Mindestsicherung wird in Form von Sachleistungen gewährt. Der Erhalt der Integrationshilfe ist an Bedingungen wie den Besuch von Deutsch- und Wertekursen geknüpft.

Ähnliches plant man in Kärnten: Asylberechtigte sollen nur mehr einen Sockelbetrag von 520 Euro fix bekommen, die gut 300 Euro auf die volle Mindestsicherung sollen als „Integrationsbonus“, etwa ebenso für die Teilnahme an Deutsch- und Wertekursen, ausgezahlt werden.

Wien will „Wartefrist“

In Wien wird - auch angesichts der Verschärfungen in Niederösterreich - über die Einführung einer „Wartefrist“ für Mindestsicherungsbezieher diskutiert. Damit soll verhindert werden, dass Personen aus Bundesländern mit niedrigeren Leistungen in die Hauptstadt abwandern. Diskutiert wird etwa eine Wartefrist für den Bezug der Mindestsicherung.

Zuletzt mussten in der Bundeshauptstadt die Mittel nachdotiert werden. Nötig war eine Aufstockung um 130 Mio. Euro, was unter anderem mit der Wirtschaftslage und der Zunahme an bezugsberechtigten, anerkannten Flüchtlingen begründet wurde. Insgesamt werden heuer rund 198.000 Personen unterstützt werden, hieß es zuletzt aus dem Rathaus. Die Gesamtkosten schlagen mit 664 Mio. Euro zu Buche.

Fragliche „Westachse“

Spekuliert wurde auch, dass sich im Westen des Landes eine „Mindestsicherungsachse“ bilden könnte. Salzburg erteilte dem aber eine Absage. Dort gibt man sich abwartend. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hatte sich in der Vergangenheit für ein Modell ähnlich jener Bundesländer starkgemacht, in denen niedrigere Sockelbeträgen für anerkannte Flüchtlinge und die Möglichkeit, durch Sprachkurse oder einer Integrationsvereinbarung auf die gleiche Höhe wie Österreicher zu kommen, vorgesehen sind. Die Grünen lehnten das ab.

Im schwarz-grün regierten Tirol mehrten sich zuletzt in der ÖVP Stimmen, die der Idee einer Kürzung wie in Nieder- und Oberösterreich etwas abgewinnen konnten. Derzeit sieht das Modell keine Deckelung vor. Sollte jemand aber nicht bereit sein, Deutschkurse zu besuchen oder eine Arbeit anzunehmen, kann ihm die Mindestsicherung um bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Ein Nein gibt es dazu von den Grünen.

Keinen Deckel gibt es derzeit auch in Vorarlberg. Bei Fehlverhalten greifen aber Sanktionen mit Leistungskürzungen. Für Asylberechtigte gibt es eine „Integrationsvereinbarung“, die jeder Betroffene unterschreiben muss. Bei Arbeits- oder Integrationsverweigerung wird die Mindestsicherung gekürzt. Ganz vom Tisch scheint ein Deckel in Höhe von 1.500 Euro aber nicht: Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hatte durchklingen lassen, sich Derartiges vorstellen zu können.

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