Immer mehr geringfügig beschäftigt

Stark zugenommen haben geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Waren im Jänner 1997 noch weniger als 160.000 geringfügig Beschäftigte registriert, so wurden im März 2010 schon 302.000 Einträge gezählt. Der Trend hält an.

Geht es nach einer Studie der L&R Sozialforschung im Auftrag des Sozialministeriums, so sind für die nähere Zukunft Zuwachsraten von drei bis vier Prozent pro Jahr zu erwarten. Die Studie zeigt auch die kontroversielle Debatte um diese Arbeitsverhältnisse auf.

Würden auf der einen Seite etwa die Schaffung von Jobs hervorgehoben, neue Chancen am Arbeitsmarkt oder auch eine mögliche „Brückenfunktion“ zur Aufnahme regulärerer Beschäftigungsverhältnisse, würden andererseits kritische Fragen von „Working Poor“ und Prekaritätsrisiken focussiert. Geringfügige Beschäftigung sei per Definition mit geringen Einkommen gleichgesetzt.

Ausnahmesteigerung 2008 und 2009

Beispiellose Steigerungsraten dieser Form der atypischen Dienstverhältnisse hatte es in Österreich 2008 und 2009 mit Zuwächsen von 9,6 bzw. 5,2 Prozent bei den „Geringfügigen“ gegeben, geht aus der seit Dienstag vorliegenden Studie hervor. Die besondere Dynamik in diesen zwei Jahren dürfte zwar die Ausnahme gewesen sein. Dennoch wird diese Beschäftigungsform auch in Zukunft eine weitere Zunahme erfahren, heißt es in der Untersuchung.

Monatlich 374,02 Euro

Eine geringfügige Beschäftigung ist in Österreich definiert als Arbeitsverhältnis, in dem die sozialversicherungsrechtliche Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wird. Dieser Wert wird Jahr für Jahr angepasst und betrug 2011 monatlich 374,02 Euro oder 28,72 Euro pro Tag.

Der Mikrozensus wiederum definiert die geringfügige Beschäftigung in Österreich mit weniger als 12 Wochenstunden regelmäßiger Arbeit. 2009 waren das demnach 4,4 Prozent der unselbstständig Beschäftigten - konkret 7,1 Prozent der Frauen und zwei Prozent der Männer.

Spitzenreiter Norwegen und Großbritannien

Überdurchschnittlich verbreitet ist „marginale Teilzeit“ in Europa in Norwegen und Großbritannien, wie Österreich zwischen vier und fünf Prozent liegen etwa die Niederländer. In den neuen EU-Staaten, etwa in Rumänien oder Bulgarien, ist diese Arbeitsform bisher gering verbreitet (weniger als 1 Prozent). Einheitliche und vergleichbare Definitionen fehlen in Europa.

Zwei von drei „Geringfügigen“ sind Frauen

Überdurchschnittliche Zuwachsraten in Österreich erwarten die Autoren der in der Sozialpolitischen Studienreihe erschienenen Untersuchung bei Männern, die im Schnitt zwischen einem und drei Prozentpunkten über denen der Frauen liegen dürfte. Anfang 2010 waren immer noch 66 Prozent der geringfügig Beschäftigten Frauen - vornehmlich in Dienstleistungs- und Verkaufsberufen, Büroberufen und Hilfsarbeiten.

Akademische Berufe, die mit einem Anteil von nur acht Prozent an vierter Stelle liegen, wurden wiederum hauptsächlich von Männern ausgeübt. Deutlich gestiegen sind geringfügige Dienstverhältnisse bei Jugendlichen (bis 24 Jahre).

Besonders verbreitet sind geringfügige Arbeitsverhältnisse bzw. Teilzeit im Zusammenhang mit der „typisch weiblichen“ Lebensphase der Kinderbetreuung. Beim Wiedereinstieg spielt die geringfügige Beschäftigung eine noch wichtigere Rolle als aus Zuverdienst-Gründen. Waren vor der Geburt des Kindes 5,2 Prozent der erwerbstätigen Frauen geringfügig beschäftigt, steigt dieser Anteil im ersten Job nach der Geburt auf 28,3 Prozent - mit entsprechenden Einschnitten in Einkommen.

Nur unfallversichert

Sozialversicherungsrechtlich sind geringfügig Beschäftigte, so sie nicht mehrfachversichert sind, ausschließlich unfallversichert. Sie sind aber nicht in die Krankenversicherung inkludiert, erwerben auch keine Pensions-Beitragszeiten. Seit 1998 besteht aber ein „opting in“ für die freiwillige Kranken- und Pensionsversicherung. Eine Möglichkeit des Eintritts in die Arbeitslosenversicherung besteht grundsätzlich nicht.

Werden mehrere geringfügige Beschäftigungen parallel ausgeübt und wird dabei die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, besteht eine Pflichtversicherung zur Kranken- und Pensionsversicherung. Ebenso beitragspflichtig ist das geringfügige Einkommen, wenn es neben einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis verdient wird.

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