Nachhilfedruck auf Eltern steigt weiter

Alarmierende Zahlen legt die Arbeiterkammer (AK) in ihrem „Nachhilfemonitor“ vor: Er zeigt, dass der finanzielle und Zeitdruck auf Schüler und Eltern einmal mehr stieg. Und wer die Nachhilfe am meisten braucht, hat den schlechtesten Zugang dazu.

119 Millionen Euro bezahlen Eltern in Österreich 2014/2015 für Nachhilfe, um zehn Millionen mehr als noch im Schuljahr davor. Dazu kommen vor allem all jene Stunden, die Eltern selbst mit dem Nachwuchs lernen. Die AK rechnet die investierte Zeit auf das Arbeitspensum von 47.000 Vollbeschäftigten hoch. Damit steigt nicht zuletzt der Lerndruck in den Familien: Von den drei Vierteln der Eltern, die selbst mit den Kindern lernen, sieht sich ein Drittel stark und ein weiteres Drittel zumindest gelegentlich belastet. Wenn nur ein Elternteil die Erziehungsarbeit leistet, zeigen sich fast alle betroffen.

40.000 hätten Hilfe nötig, bekommen sie aber nicht

Die Befragung von über 3.300 Eltern durch das Meinungsforschungsinstitut IFES zeigt auch, dass die Zahl derer, die Nachhilfe brauchen, noch mehr steigt als der finanzielle Aufwand - in anderen Worten: Es ist zusehends weniger Geld für Nachhilfe da, obwohl der Bedarf daran gestiegen ist. Konkret brauchen heuer 230.000 Kinder private Nachhilfe – um 20.000 mehr als im Vorjahr. Am häufigsten bekommen die Kinder Nachhilfe in Mathematik (67 Prozent), Tendenz steigend. Es folgen Fremdsprachen (44 Prozent) und Deutsch (22 Prozent im Gesamtschnitt, 70 Prozent in der Volksschule).

Die Erhebung zeigt auch, dass gerade am Beginn des Bildungsweges Hilfe vonnöten wäre: Je höher die Schulform, desto weniger Nachhilfe ist nötig. Damit wird Nachhilfe auch zu einem Hebel der sozialen Selektion auf dem Bildungsweg. 100.000 Kinder vor allem in den unteren Schulstufen sind oder wären auf Gratisnachhilfe angewiesen: Etwa 40.000 Kinder brauchten Hilfe in der Schule, bekommen sie aber in Ermangelung von Gratisangeboten angesichts der finanziellen Lage der Eltern nicht.

Niedrigverdiener unter doppeltem Druck

Dabei geht aus der Untersuchung hervor, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen ohnehin so viel für Nachhilfe ausgeben, wie sie nur können: Selbst bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen bis zu 1.300 Euro liegt der Anteil der bezahlten Nachhilfe mit 18 Prozent nur etwas unter dem Schnitt. Bei Haushaltseinkommen mit bis zu 1.600 Euro rangiert er mit 26 Prozent sogar deutlich darüber. Die Nachhilfestunden etwa für die AHS sind zwar im Schnitt die teuersten, belasten Familienbudgets prozentuell aber weit weniger.

Das Problem bekämpfen könnte man laut der AK mit verschränkten Ganztagsschulen mit Unterricht, Üben und Freizeit über den ganzen Tag und Gratisnachhilfe wie in den Wiener Volksschulen. AK-Präsident Rudolf Kaske verlangte in dem Zusammenhang den Ausbau der Ganztagsschulen nicht nur auf dem Papier – die Mittel für den Ausbau müssten von den Ländern komplett in Anspruch genommen werden, beim Ausbau selbst müsse es strenge Qualitätskontrollen geben. Überdies fordert Kaske die soziale Schulfinanzierung, also mehr Mittel für jene Schulen, an denen das Problem am größten ist.

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