Anzeigen 2017 leicht zurückgegangen

510.536 Anzeigen sind im Vorjahr in Österreich eingebracht worden. Das waren um mehr als 27.000 weniger als 2016. Das geht aus der am Donnerstag in Wien präsentierten Anzeigenstatistik hervor.

Die Zahl der Anzeigen war damit so gering wie seit zehn Jahren nicht. Unrühmlicher Höhepunkt war in diesem Zusammenhang das Jahr 2009 mit 589.961 Strafanzeigen, von denen damals 39,8 Prozent geklärt wurden.

Grafik zur Anzeigenstatistik

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Innenministerium

Knapp mehr als die Hälfte (50,1 Prozent) der angezeigten Straftaten wurden geklärt, im Jahr 2016 waren es mit 45,9 Prozent noch deutlich weniger gewesen. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sprach von einer „Rekordaufklärungsquote“. Der positive Trend der vergangenen Jahre setzte sich zwar fort, die Quote war jedoch bereits Ende der 1990er Jahre mehrmals bei über 50 Prozent gelegen.

Größter Rückgang bei Asylwerbern

Die Anzahl der inländischen Beschuldigten an der Gesamtkriminalität stieg gegenüber 2016 um 0,1 Prozent auf 164.818 ausgeforschte Tatverdächtige. Bei den Tatverdächtigen aus dem Ausland gab es einen Rückgang um 0,2 Prozent auf 105.812. Damit waren 60,9 Prozent der ermittelten Personen Österreicher. Unter den ausländischen Tatverdächtigen waren 10.386 Rumänen, gefolgt von 10.017 Deutschen, 9.518 Serben und 7.011 afghanische Staatsbürger.

Bei Betrachtung der absoluten Veränderung der Tatverdächtigen nach Nation, sei die Zahl der tatverdächtigen Afghanen 2017 am stärksten gestiegen - von 5.973 im Jahr 2016 auf 7.011 im Vorjahr, so Kickl. Unterteilt nach Aufenthaltsstatus gab es bei den Asylwerbern den größten Rückgang. Ihre Zahl sank um 9,6 Prozent auf 20.146 tatverdächtige Personen. Kickl sprach davon, dass diese aus seiner Sicht „absolut zu hoch“ sei. Wer Straftaten begehe, müsse seinen Aufenthaltsstatus verlieren.

Bei den begangenen Straftaten von Tatverdächtigen aus dem Ausland handle es sich in erster Linie um Diebstahlsdelikte, Körperverletzungen und um den Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz, so Kickl.

Rückgang auch bei Anzeigen zu Gewaltdelikten

Rückgänge gab es bei Anzeigen zu Wohnraumeinbruch, Kfz-Diebstahl und Gewaltkriminalität. So wurden 11.802 Einbrüche in Wohnungen und Wohnhäuser angezeigt, mehr als 1.000 oder neun Prozent weniger als 2016. Bei Pkws, Lkws und Motorrädern ging die Zahl der Diebstahlsanzeigen gar um 11,2 Prozent zurück (von 2.994 auf 2.658).

Bei der Gewaltkriminalität gab es mit 42.079 Anzeigen um 2,4 Prozent weniger als 2016 (43.098). Hier ist die Aufklärungsquote mit 85,5 Prozent besonders hoch, allerdings bestand bei fast zwei von drei Taten eine Beziehung zwischen Opfern und Tätern.

Grafik zur Anzeigenstatistik

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Innenministerium

Plus bei Cybercrime und Wirtschaftskriminalität

Bei Cybercrime-Delikten wuchs die Zahl der Anzeigen von 13.103 um 28,3 Prozent auf 16.804. Bei der Wirtschaftskriminalität gab es mit 55.308 Anzeigen um 2,6 Prozent mehr als 2016, als 53.905 Delikte angezeigt wurden.
Der Grund für die Zunahme liege vor allem bei der Ransomware, sagte die Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis. Mittlerweile gebe es 150 Varianten von Verschlüsselungstrojanern, mit denen der Zugriff auf Computer blockiert und Geld erpresst wird.

Die angezeigten Fälle von Kinderpornografie stiegen von 681 im Jahr 2016 auf 733 im Vorjahr, die Zahl der Anzeigen wegen Groomings - der Anbahnung von sexuellen Kontakten zu Kindern - kletterte von 80 auf 106. Nach der Neueinführung des Tatbestandes Cybermobbing hatte es im Jahr 2016 erstmals 302 Anzeigen gegeben, im Vorjahr stieg die Zahl auf 359 Fälle. Beim Hacking - dem unbefugten Eindringen in ein Computersystem - ging die Anzeigenzahl um 20,6 Prozent auf 363 zurück.

Bei der Wirtschaftskriminalität war der Anstieg der gemeldeten Taten geringer als beim Cybercrime. 55.308 Fälle von Betrugs-, Fälschungs- und Wirtschaftsdelikten bedeuteten ein Plus von 2,6 Prozent. Dabei gab es insgesamt 1.176 Betrugsdelikte mehr. „Fake-Webshops haben daran einen großen Anteil“, erläuterte der Direktor des Bundeskriminalamts, Franz Lang.

Anzeigen wegen Sexualdelikten gestiegen

Die Zahl der Gewaltdelikte mit Hieb- und Stichwaffen, die sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht hatte, ging erstmals seit 2012 leicht auf 1.060 Taten zurück. Die Zahl der vorsätzlichen Körperverletzungen sank leicht auf 39.125 Anzeigen. Die Zahl der Anzeigen wegen Sexualdelikten stieg gegenüber 2016 leicht um 0,7 Prozent. Die Aufklärungsquote lag bei 86,1 Prozent.

Beim Raub an öffentlichen Orten („Straßenraub“) gab es 1.332 angezeigte Fälle, 2016 waren es noch 1.593. Trafiken wurden 51-mal überfallen, was ein Plus bedeutete. Rückläufig waren die Anzeigen bei Rauben in Geldinstituten (38 Fälle), Juweliergeschäften (sechs) und Tankstellen (40).

Kickl zeigte sich insgesamt über die Kriminalstatistik 2017 erfreut. Er wolle sich aber nicht zurücklehnen, sondern Defizite beseitigen, um „Österreich zu einem der sichersten Länder auf dieser Welt zu machen“, betonte der Innenminister.

Grafik zur Anzeigenstatistik

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Innenministerium

Statistik wiederholt in der Kritik

Experten hatten in der Vergangenheit Kritik an der Erstellungsweise und Präsentation der Anzeigenstatistik geübt. Allein, dass das Innenministerium den Überblick über die polizeilichen Anzeigen des abgelaufenen Jahres als „Entwicklung der Kriminalität“ in Österreich präsentiert, ist aus Sicht von Experten fragwürdig.

Der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl hatte im Vorjahr von einer Argumentation mit nicht haltbaren Zahlen gesprochen. So sei etwa die Rubrik Cybercrime ein „Kraut und Rüben“-Feld, das die verschiedensten Delikte umfasse. Auch das politisch weidlich thematisierte Thema Ausländerkriminalität weise statistisch wackelige Komponenten auf.

Überhaupt kritisierten Experten wiederholt, dass die heimische Anzeigenstatistik nicht als kriminalsoziologische Grundlage tauge. Laien würden Anzeigen und deren Häufung mit der Kriminalität an sich verwechseln, die streng genommen nur rechtskräftige Verurteilungen enthalten dürfte.

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